Abführmittel zum Abnehmen: Ein gefährlicher Mythos mit ernsten Folgen

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Abführmittel, auch Laxanzien genannt, sind Medikamente, die primär zur kurzfristigen Behandlung von Verstopfung (Obstipation) eingesetzt werden. Ihr Ziel ist es, den Verdauungstrakt und damit den Stuhl wieder in Bewegung zu bringen [1]. Laxanzien sind in vielfältigen Darreichungsformen erhältlich, darunter Tabletten, Zäpfchen, Kapseln, Flüssigkeiten, Pulver und Kaugummis. Auch bestimmte Lebensmittel können eine abführende Wirkung entfalten. Der Glaube, dass Abführmittel beim Abnehmen helfen könnten, ist jedoch ein gefährlicher Irrtum, der weitreichende gesundheitliche Risiken birgt.

Wann sollte man Abführmittel einnehmen – und wann nicht?

Abführmittel werden typischerweise bei Verstopfung verschrieben, zur Darmreinigung vor diagnostischen Untersuchungen, bei schmerzhaften Analleiden, vor oder nach operativen Eingriffen sowie zur Ausscheidung oral aufgenommener Gifte [1]. Wenn keines dieser Anwendungsgebiete auf Sie zutrifft, benötigen Sie in der Regel keine Abführmittel. Bei gelegentlich erschwertem Stuhlgang können vermehrte Bewegung, eine ballaststoffreiche Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützend wirken.

Der Missbrauch von Abführmitteln – ein weitverbreitetes Problem

Trotz der klaren medizinischen Indikationen missbrauchen viele Menschen Abführmittel, indem sie diese absichtlich und über einen längeren Zeitraum ohne medizinische Notwendigkeit einnehmen. Die größte Gruppe der Betroffenen sind Personen mit Adipositas oder Essstörungen wie Anorexie (Magersucht) oder Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Sie nutzen Abführmittel in der irrigen Annahme, schnell überschüssig gegessenes Essen wieder loszuwerden.

Eine weitere Gruppe umfasst Personen, die ursprünglich Abführmittel wegen Verstopfung eingenommen haben und diese dann weiterhin regelmäßig verwenden, da sie glauben, ohne diese keinen normalen Stuhlgang mehr haben zu können – ein Phänomen, das mit Gewöhnung und Abhängigkeit einhergeht. Auch Sportler:innen in Sportarten mit Gewichtsbeschränkungen neigen dazu, Abführmittel zu missbrauchen. [2]

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Wie wirken Abführmittel genau?

Abführmittel beschleunigen die Darmentleerung durch unterschiedliche Mechanismen. Sie werden nach ihrem Wirkprinzip klassifiziert: [1]

Die meisten Abführmittel erhöhen das Stuhlvolumen, indem sie Wasser aus dem Körper in den Darm ziehen. Dies erhöht den Druck im Darm und fördert die Darmbewegungen. Klassische volumenbildende Abführmittel sind ballaststoffreiche Lebensmittel oder Quellstoffe wie Leinsamen, Weizenkleie oder Flohsamenschalen.

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Ähnliche Effekte haben osmotische und stuhlweichmachende Abführmittel. Sie ziehen Wasser in den Darm, erweichen den Stuhl und erleichtern so die Ausscheidung. Beispiele hierfür sind Lactulose, Magnesiumhydroxid, Polyethylenglykol (z. B. Macrogol), Docusat-Natrium und Docusat-Kalium.

Gleitende Abführmittel machen den Stuhl gleitfähiger und befeuchten die Darmwand, wodurch der Stuhl leichter passieren kann. Mineralische Öle sind ein Beispiel dafür.

Die problematischsten Abführmittel in Bezug auf Missbrauch sind stimulierende oder darmreizende Abführmittel. Sie regen die Darmmuskulatur direkt an und fördern die Darmbewegung. Beispiele sind Senna, Bisacodyl (z. B. Dulcolax) oder Rizinusöl. Bei diesen Mitteln besteht ein höheres Risiko für Abhängigkeit, da der Darm mit der Zeit träger wird und immer höhere Dosierungen benötigt, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. [2]

Risiken und gravierende Nebenwirkungen von Abführmitteln

Während die regelmäßige Einnahme von Quell- oder Füllmitteln wie Leinsamen oder Flohsamenschalen bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr als relativ unbedenklich gilt, führt die Einnahme anderer Abführmittel stets zu einer Beschleunigung der Darmpassage. Dies kann dazu führen, dass der Körper Verdauungssäfte und wichtige Mineralstoffe nicht ausreichend aufnehmen bzw. ausgleichen kann. Ein längerfristiger Gebrauch birgt daher ernste Nebenwirkungen: [3]

  • Elektrolyt-Ungleichgewichte: Elektrolyte wie Kalium, Magnesium, Natrium, Kalzium und Chlorid sind entscheidend für die Regulierung wichtiger Körperfunktionen. Ein Ungleichgewicht kann zu Schwächeanfällen, Krämpfen, Muskelschäden, Verwirrung, Herzrhythmusstörungen, Darmträgheit und in extremen Fällen sogar zu lebensbedrohlichem Herzrasen führen.
  • Chronische Verstopfung: Der regelmäßige Konsum von Abführmitteln kann paradoxerweise zu chronischer Verstopfung führen, da der Körper eine Toleranz gegenüber den Laxanzien entwickeln und der Darm seine natürliche Funktion einstellen kann.
  • Abhängigkeit von Abführmitteln: Der Körper kann sich daran gewöhnen, Abführmittel zu benötigen, um den Darm zu entleeren, was zu einer psychischen und physischen Abhängigkeit führt.
  • Dehydrierung: Da Abführmittel Wasser aus verschiedenen Körperbereichen entziehen, kann dies zu Dehydrierung, starkem Durst, Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel und trockener Haut führen.
  • Beeinträchtigte Darmfunktion: Der Darm kann seine Nerven- und Muskelfunktion verlieren, was den Stuhlgang erschwert und dazu führt, dass Abfallstoffe länger im Darm verbleiben.
  • Nierenversagen: Studien belegen, dass bei Personen mit Essstörungen, die in der Vergangenheit exzessiv Abführmittel eingenommen haben, Nierenversagen häufiger auftrat. [4]
  • Leberschäden: Abführmittelmissbrauch kann Leberschäden verursachen, die sich durch Bauchschmerzen, dunkel gefärbten Urin und hellen Stuhl äußern können.
  • Erhöhtes Krebsrisiko (Nieren, Harnwege, Darm): Es besteht der Verdacht, dass der regelmäßige Gebrauch von Abführmitteln das Risiko von Krebserkrankungen der Harnwege und des Darms erhöhen kann.
  • Höheres Demenz-Risiko: Aktuelle Forschungen aus dem Jahr 2023 weisen zudem darauf hin, dass der regelmäßige Gebrauch von Abführmitteln mit einem signifikant höheren Demenzrisiko verbunden sein könnte.
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Die regelmäßige Einnahme von Abführmitteln birgt erhebliche gesundheitliche Risiken. Sie sollten Abführmittel daher nur gezielt, kurzfristig und bei medizinischer Indikation wie beispielsweise Verstopfung einsetzen – niemals aber zum Abnehmen.

Der Irrglaube: Warum Abführmittel zum Abnehmen vermeintlich helfen sollen

Es hält sich hartnäckig der weit verbreitete Irrglaube, dass Abführmittel beim Abnehmen helfen, indem sie den Stuhlgang anregen und so die Aufnahme von Kalorien verhindern. Besonders gefährdet für diese Fehleinschätzung sind Menschen mit Übergewicht und Essstörungen. Vor allem Personen mit Essstörungen greifen oft nach einem Essanfall zu Abführmitteln, in der Hoffnung, die aufgenommenen Kalorien schnell wieder loszuwerden. Diese Denkweise ist jedoch wissenschaftlich nicht haltbar und gefährlich.

Kann man mit Abführmitteln wirklich abnehmen? Die wissenschaftliche Antwort

Nein, man kann mit Abführmitteln nicht nachhaltig und gesund abnehmen. Abführmittel wirken primär im Dickdarm, die Nährstoffe und damit die meisten Kalorien werden jedoch bereits im Magen und Dünndarm aufgenommen. Daher reduzieren Abführmittel nicht die tatsächliche Kalorienaufnahme des Körpers, sondern beeinflussen lediglich den Wassergehalt in Ihrem Körper. Das Gewicht, das Sie kurzfristig verlieren, ist ausschließlich auf Wasserverlust und ausgeschiedenen Stuhl zurückzuführen. Sobald Sie wieder Flüssigkeit zu sich nehmen, kehrt dieses „verlorene“ Gewicht umgehend zurück.

Abführmittel sind kein nachhaltiges und gesundes Mittel, um Gewicht zu verlieren. Stattdessen können sie ernsthafte gesundheitliche Komplikationen mit sich bringen, da sie dem Körper Wasser und lebenswichtige Mineralien, Elektrolyte und Nährstoffe entziehen. Als Methode zur Gewichtskontrolle wird daher von der Einnahme von Abführmitteln dringend abgeraten.

Der Weg aus der Abhängigkeit: Abführmittel richtig absetzen

Wenn Sie Abführmittel über einen längeren Zeitraum eingenommen haben, sollten Sie diese nicht abrupt absetzen, da hierbei die Gefahr eines Darmverschlusses besteht. Insbesondere wenn Sie bereits eine höhere Dosierung eingenommen haben, sollten Sie das Abführmittel in kleinen Schritten, langsam und unter ärztlicher Begleitung absetzen. Wichtig ist es, die Darmbewegung genau zu beobachten, ausreichend zu trinken und die Darmentleerung mit unterstützenden Maßnahmen wie einer ballaststoffreichen Ernährung oder zusätzlichen Füllstoffen wie Flohsamenschalen zu fördern. [5]

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Gesunde Alternativen zur Gewichtsabnahme und Darmregulierung

Für eine gesunde und nachhaltige Gewichtsabnahme sind eine ausgewogene Ernährung, ausreichend und regelmäßige Bewegung sowie langfristige Verhaltensänderungen entscheidend. Diese ganzheitliche Herangehensweise ist nicht nur effektiv, sondern auch nachhaltig und fördert die allgemeine Gesundheit.

Leiden Sie unter Verstopfung oder möchten Sie Ihr Darmmikrobiom unterstützen, können natürliche Abführmittel wie Leinsamen oder Flohsamenschalen, immer in Verbindung mit ausreichend Flüssigkeit, sowie Probiotika helfen. Diese sanften Methoden unterstützen die Darmfunktion, ohne die gravierenden Risiken chemischer Abführmittel.

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Fazit: Abführmittel zum Abnehmen – Finger weg!

Es mag verlockend erscheinen, jedes Mittel auszuprobieren, um schnell abzunehmen oder eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Doch der Griff zu Abführmitteln schadet Ihrer Gesundheit mehr, als er nützt. Angesichts der vielen schwerwiegenden Nebenwirkungen und Risiken sollten Abführmittel nur kurzfristig und bei einer medizinischen Indikation wie Verstopfung eingesetzt werden. Die beste Alternative, um nachhaltig Gewicht zu verlieren und zu halten, ist eine ganzheitliche Herangehensweise, die eine ausgewogene Ernährung, ausreichende körperliche Aktivität und langfristige Verhaltensänderungen umfasst. Investieren Sie in Ihre Gesundheit und wählen Sie den sicheren, effektiven Weg.

Quellen

[1] Bashir A, Sizar O. Laxatives. 2024 Jan 30. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 Jan–. PMID: 30725931. [2] Roerig et al. (2010): Laxative abuse: epidemiology, diagnosis and management. Drugs. 2010 Aug 20;70(12):1487-503. doi: 10.2165/11898640-000000000-00000 (letzter Aufruf am 19.03.24) [3] AWMF (2023): Leitlinienreport zu der aktualisierten S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM). (letzter Aufruf am 19.03.24)

AOK Gesundheitsmagazin: Wie gefährlich sind Abführmittel und was ist Laxanzienabusus?, In: https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/verdauungssystem/abfuehrmittel-nebenwirkungen-und-gefahr-eines-laxanzienabusus (letzter Aufruf am 19.03.24)

[5] Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (ohne Jahreszahl): Medikamente und Sucht: Laxanzien. In: https://www.medikamente-und-sucht.de/behandler-und-berater/pharmakologie-und-behandlung/laxanzien (letzter Aufruf am 19.03.24)

Health Match (2022): The Truth About Laxatives For Weight Loss. In: https://healthmatch.io/weight-management/laxatives-for-weight-loss (letzter Aufruf am 22.03.24)

[4] Copeland PM. (1994): Renal failure associated with laxative abuse. Psychother Psychosom. 1994;62(3-4):200-2. doi: 10.1159/000288923. PMID: 7531354.