Die Frage, ob und wie viel Alkohol nach einer Impfung verträglich ist, beschäftigt viele Menschen. Insbesondere seit der Corona-Pandemie sind Impfungen ein präsentes Thema, und mit ihnen tauchen immer wieder Mythen und Unsicherheiten auf. Wie verhält es sich, wenn das Immunsystem nach einer Impfung mit dem Abbau von Alkohol konfrontiert wird? Kann dies die Wirkung des Impfstoffs beeinträchtigen oder das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen? Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse und gibt klare Empfehlungen für den Umgang mit Alkohol rund um den Impftermin.
Die Wirkung von Alkohol auf das Immunsystem
Unser Immunsystem ist täglich einer Vielzahl von Krankheitserregern ausgesetzt und ist darauf ausgelegt, diese effektiv zu bekämpfen. Selbst in der Konfrontation mit Impfstoffen, die abgeschwächte oder inaktivierte Erreger enthalten, zeigt die körpereigene Abwehr bemerkenswerte Fähigkeiten. Die Frage ist nun, wie diese Abwehr mit zusätzlichen Belastungen, wie dem Konsum von Alkohol, umgeht.
Bekanntermaßen ist Alkohol ein Zellgift. Während geringe Mengen Alkohol von einem gesunden Immunsystem in der Regel gut verarbeitet werden können, ohne die Impfwirkung signifikant zu beeinträchtigen, sollte man sich bewusst sein, dass “unbedenklicher” Alkoholkonsum eine relative Größe ist. Wie der berühmte Arzt Paracelsus schon vor Jahrhunderten sagte: „Allein die Dosis macht’s, dass ein Ding kein Gift sei.“ Das bedeutet, dass die Menge des konsumierten Alkohols entscheidend ist.
Risikofreie Alkoholmengen und ihre Auswirkungen
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt für gesunde Erwachsene, die Grenzwerte für einen risikoarmen Konsum einzuhalten. Diese liegen für Frauen bei maximal einem Standardglas Alkohol pro Tag und für Männer bei maximal zwei Standardgläsern. Ein Standardglas beinhaltet etwa 10 bis 12 Gramm reinen Alkohol. Dies entspricht beispielsweise:
- 0,3 Liter Bier
- 0,125 Liter Wein
- 0,1 Liter Sekt
- 0,04 Liter Schnaps
Bei Überschreitung dieser Mengen beginnt Alkohol, das Immunsystem zu schwächen. Studien, wie die des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), haben gezeigt, dass regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum negative Auswirkungen auf das Körpergewicht und die Fettverteilung haben kann. Dies kann indirekt auch die Wirksamkeit von Impfungen beeinflussen, da Übergewicht selbst die Immunantwort beeinträchtigen kann.
Personen stoßen mit Weingläsern anEin gelegentliches Glas Wein ist für das Immunsystem meist unproblematisch, doch übermäßiger Konsum kann die Impfwirkung beeinträchtigen.
Alkohol nach der Impfung: Was sagt die Wissenschaft?
Die entscheidende Frage ist, ob der Konsum von Alkohol nach einer Impfung die Immunantwort negativ beeinflusst und somit den Impfschutz schmälert.
Einfluss auf die Immunantwort
Während geringe Mengen Alkohol nach der Impfung nach heutigem Wissensstand keinen nachweisbaren negativen Einfluss auf die Wirksamkeit der Impfung haben, ist es dennoch ratsam, auf Alkohol zu verzichten. Der Körper benötigt nach einer Impfung Energie, um Antikörper zu bilden und eine robuste Immunantwort zu etablieren. Wenn der Körper gleichzeitig mit dem Abbau von Alkohol beschäftigt ist, kann diese Kapazität beeinträchtigt werden. Insbesondere bei höherem Alkoholkonsum ist eine Schwächung des Immunsystems möglich.
Einige Studien deuten darauf hin, dass die Effekte von Alkohol auf die Impfwirksamkeit von Impfstoff zu Impfstoff variieren können. So scheinen Impfungen gegen Hepatitis A und B auch bei höherem Alkoholkonsum ähnlich gut zu wirken. Bei der Pneumokokkenimpfung hingegen konnte beobachtet werden, dass das Immunsystem von starken Alkoholkonsumenten weniger Antikörper produzierte. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung weist darauf hin, dass starker Alkoholkonsum die Immunantwort bei Infektionen einschränken und auch die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Impfungen beeinflussen kann.
Daher lautet die allgemeine Empfehlung: Es ist ratsam, in den ersten Tagen nach einer Impfung möglichst auf Alkohol zu verzichten. Wenn ein vollständiger Verzicht nicht möglich ist, sollte der Konsum auf ein Standardglas beschränkt bleiben.
Alkohol und die Corona-Impfung
Für die neu entwickelten Corona-Impfstoffe, wie die von BioNTech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca, Johnson & Johnson und Novavax, gibt es bislang keine spezifischen Langzeitstudien, die die Auswirkungen von Alkohol auf die Impfwirkung detailliert untersuchen. Die Impfstoffe sind noch zu jung für solche Analysen.
Dennoch gelten die allgemeinen Prinzipien: Der Körper sollte nach der Impfung bestmöglich unterstützt werden, um eine optimale Immunantwort zu erzielen. Daher wird empfohlen, sowohl vor als auch nach der COVID-19-Impfung auf übermäßigen Alkoholkonsum zu verzichten. Dies gilt insbesondere, wenn Sie sich nach der Impfung schlapp fühlen, Fieber entwickeln oder zu Impfreaktionen neigen. Ein paar alkoholfreie Tage können sicherstellen, dass die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Corona-Impfung nicht beeinträchtigt wird und sich eventuelle Nebeneffekte nicht durch eine geschwächte Immunantwort verstärken.
Im Allgemeinen sollte man vor der Impfung darauf achten, den Körper nicht unnötig zu belasten. Bei Fragen zur individuellen Situation ist es immer ratsam, das Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin zu suchen.
Übergewicht und Impfschutz
Ein weiterer Faktor, der die Wirksamkeit von Impfungen beeinflussen kann, ist Übergewicht. Ein langjährig hoher Alkoholkonsum kann zu Übergewicht führen und somit indirekt die Immunantwort beeinträchtigen. Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland ist übergewichtig, und fast ein Viertel gilt als stark übergewichtig (adipös), mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 30 kg/m².
Das Immunsystem von übergewichtigen Personen reagiert oft träger. Dies kann bedeuten, dass der Schutz nach einer Impfung weniger effektiv ist. Dieses Problem kann durch übermäßigen Alkoholkonsum zusätzlich verschärft werden, was das allgemeine Krankheitsrisiko erhöht.
Geringerer Impfschutz bei Übergewicht
Studien haben gezeigt, dass ein erhöhter BMI bei verschiedenen Impfungen zu einer verringerten Immunantwort führen kann:
- Hepatitis-Impfungen: Bei Impfungen gegen Hepatitis A und B wurde eine eingeschränkte Immunantwort bei Personen mit erhöhtem BMI beobachtet.
- Grippe-Impfung: Stark übergewichtige Personen zeigen ein erhöhtes Risiko für grippeähnliche Infektionen und Komplikationen, was auf eine möglicherweise geringere Wirksamkeit der Impfung hindeuten könnte.
- Impfungen gegen Tetanus und Tollwut: Bei übergewichtigen Kindern und jungen Erwachsenen wurde eine verminderte Antikörperbildung nach Impfungen gegen Tetanus und Tollwut festgestellt.
Obwohl der Zusammenhang zwischen Übergewicht und der Wirksamkeit der Corona-Impfung noch erforscht wird, legen diese Erkenntnisse nahe, dass eine ausgewogene Ernährung und ein gesundes Körpergewicht die Immunantwort und somit den Impfschutz verbessern können.
Wer seinen BMI berechnen möchte, kann dies tun, indem er das Körpergewicht (in Kilogramm) durch die Körpergröße (in Meter zum Quadrat) teilt. Der BMI-Rechner kann hierbei behilflich sein.
Für Barmer-Mitglieder sind alle von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen kostenlos, und auch Reiseschutzimpfungen werden vollständig erstattet.