Das deutsche Bildungssystem ist vielerorts davon geprägt, dass Lehrer und Erzieher einen Großteil der Wissensvermittlung übernehmen. Die ästhetische Bildung versucht hierbei einen anderen Ansatz. Im Rahmen der ästhetischen Erziehung geht es weniger um klassische Lernziele, sondern vielmehr um die Wahrnehmung und die ganzheitliche Entwicklung des Kindes. Die ästhetische Bildung im Kindergarten ziele darauf ab, Fantasie, Kreativität und die sinnliche Wahrnehmung der Welt zu fördern, um Kinder gezielt in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihnen vielfältige Erfahrungen zu ermöglichen. In diesem Artikel beleuchten wir die Kernziele der ästhetischen Bildung und zeigen praxisnahe Angebote, die sich im Kindergarten bewährt haben.
1. Ästhetische Bildung: Mehr als nur Kunst und Kreativitätsförderung
Die ästhetische Erziehung zielt darauf ab, dass Kinder vielfältige Erfahrungen machen können, aus denen sie lernen und ihre Umwelt begreifen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Aktivierung und Verknüpfung der verschiedenen Sinne. Bei der ästhetischen Bildung im Kindergarten steht schlichte Wissensvermittlung in Form von Auswendiglernen nicht im Vordergrund. Stattdessen geht es primär um die Förderung der Kreativität, die Entwicklung der eigenen Ausdrucksfähigkeit und das Entdecken der Welt mit allen Sinnen.
Obwohl Musik und Kunst einen hohen Stellenwert im Rahmen der ästhetischen Bildung einnehmen, werden auch der Spracherwerb sowie die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten nicht vernachlässigt. Je nach Projekt stehen dabei unterschiedliche Sinne im Fokus der Aufmerksamkeit. Besonders wichtig sind stets die Interaktion sowie die Kommunikation untereinander, da Kinder durch den Austausch mit Gleichaltrigen und Erwachsenen neue Perspektiven gewinnen und ihr Erlebtes reflektieren können. Der Ausgangspunkt der ästhetischen Bildung ist die Annahme, dass sinnliche Erfahrungen Bildung erst ermöglichen und eine tiefere Verbindung zur Umwelt schaffen.
Kind liegt im Wald auf dem Boden und beobachtet einen Schmetterling*In der Natur gibt es für Kinder unendlich viel zu entdecken und mit allen Sinnen zu erfahren.*
Die ästhetische Bildung ist somit ein umfassendes Konzept, das weit über das reine Malen oder Musizieren hinausgeht. Sie integriert Elemente aus allen Lebensbereichen und ermutigt Kinder dazu, aktiv und eigenständig ihre Umgebung zu erforschen und zu gestalten. Durch das Experimentieren mit Materialien, Formen, Klängen und Bewegungen entwickeln Kinder ein tiefes Verständnis für die Welt um sich herum und für ihre eigene Rolle darin.
2. Die Hauptziele der ästhetischen Bildung im Kindergarten
Die ziele ästhetische bildung sind vielfältig und darauf ausgerichtet, die Weltwahrnehmung der Kinder ganzheitlich zu verbessern. Kinder sollen bereits in jungen Jahren lernen, ihrer eigenen Wahrnehmung zu vertrauen und diese kritisch zu hinterfragen. Dementsprechend fördern Erzieher bei Anwendung des Konzepts der ästhetischen Bildung die Fähigkeit, die Welt zu begreifen und aktiv mit ihr in Beziehung zu treten.
Kinder sind dabei keineswegs allein, haben jedoch die Möglichkeit, vieles selbst auszuprobieren. Experimente sowie das Herausfinden von Zusammenhängen machen dabei einen wichtigen Teil der ästhetischen Bildung aus. Jedes Kind soll stets die Gelegenheit bekommen, seine Entwicklung aktiv zu gestalten. Es darf eigenen Ideen nachgehen, um individuelle Sinneseindrücke zu sammeln. Im Anschluss erfolgt jedoch stets eine gemeinsame Analyse des Erlebten. Dabei bekommen Kinder die Möglichkeit, sich mit anderen Kindern auszutauschen und ihre Sinne auf eine andere Art zu schärfen, was die soziale Kompetenz und die Empathiefähigkeit stärkt.
Kinderhand auf einem Baumstamm*Jeder Sinn ist wichtig, um die Welt zu verstehen und eigene Erfahrungen zu sammeln.*
Die ästhetische Bildung im Kindergarten ziele darauf ab, Selbstvertrauen und Unabhängigkeit zu fördern. Kinder lernen, eigene Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen ihres Handelns zu erfahren. Dies geschieht in einem geschützten Rahmen, der Fehler erlaubt und als Teil des Lernprozesses betrachtet. Durch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien und Ausdrucksformen entwickeln Kinder Problemlösungskompetenzen und Flexibilität im Denken. Die Förderung der feinziele ästhetische bildung umfasst somit nicht nur kreative Aspekte, sondern auch die Stärkung der Persönlichkeit und der sozialen Interaktion.
3. Praktische Beispiele der ästhetischen Bildung in der Kita
Die ästhetische Bildung lässt sich auf vielfältige Weise im Kindergartenalltag integrieren. Sie bietet unzählige Möglichkeiten, Kinder spielerisch zu fördern und ihre Sinne zu schärfen.
3.1. Musik und Rhythmus – so lernen die Kleinsten Musik zu fühlen
Beim gemeinsamen Singen lernen Kinder, zuzuhören, ihre Stimme einzusetzen und die Tonhöhe anzupassen. Auch die Regulation der Lautstärke sowie das Taktgefühl verbessern sich. Musik trägt zudem zu einer tieferen Verbindung untereinander bei und fördert das Gemeinschaftsgefühl. Kinder sollen jedoch nicht nur gemeinsam entdecken, sondern auch Dinge für sich selbst herausfinden. Dementsprechend können sich Kinder regelmäßig kindgerechte Instrumente aussuchen und versuchen, ihnen Töne zu entlocken, was die musikalische Entfaltung und das Experimentieren anregt.
Klappt dies nicht auf Anhieb, kann die Arbeit in der Gruppe helfen, um Kindern neue Erfahrungen zu ermöglichen. So findet ein Austausch statt, von dem alle Kinder profitieren. Ein intensiver Bass, der den Boden vibrieren lässt, oder das Hören von Schwingungen an Gläserrändern können Kindern auch den Einfluss von Schall näherbringen und ihre Neugier wecken. Solche Erfahrungen fördern nicht nur das Hörvermögen, sondern auch das Verständnis für physikalische Phänomene und die eigene Körperwahrnehmung.
Kinder musizieren*Gemeinsames Musizieren und Experimentieren mit Instrumenten fördert das Taktgefühl und die soziale Interaktion.*
3.2. Kunst und Koordination verbinden
Künstlerische Gestaltung und feinmotorische Fähigkeiten hängen untrennbar miteinander zusammen. Der Begriff Kunst ist dabei sehr weit gefasst und soll Kindern kreative Freiheiten ermöglichen. So können Kinder beispielsweise mit den Händen malen, um den direkten Kontakt zu Farben zu spüren. Beim Kneten wird es etwas weniger chaotisch, dennoch besteht viel Gestaltungsspielraum.
Sobald sich Kinder nicht mehr im Elementarbereich befinden und die Grundschule besuchen, können im Rahmen der ästhetischen Bildung des Menschen auch Arbeiten mit Ton oder Modelliermasse zum Einsatz kommen. Je nach Geschick zaubern Kinder hier bereits wahre Kunstwerke und entwickeln ihre handwerklichen Fähigkeiten weiter. Einfache Spuren können Kinder jedoch auch im Schnee hinterlassen. Sie können mit Moos oder Erde auf ein Blatt Papier malen sowie im Wald gefundene Blätter erfühlen. All dies fällt in den künstlerischen Bereich, stärkt jedoch zahlreiche weitere Fähigkeiten im Hinblick auf die Selbstentdeckung und die Verbindung zur Natur.
Kind macht eine Tasse*Kreatives Gestalten mit verschiedenen Materialien fördert die Feinmotorik und die Vorstellungskraft der Kinder.*
3.3. Grobmotorik – die Wahrnehmung des Körpers verbessern
Ästhetische Bildung bedeutet wesentlich mehr als künstlerisches Gestalten. Kinder sollen die Möglichkeit bekommen, Erfahrungen mit all ihren Sinnen zu machen. Dazu gehören auch die koordinativen Fähigkeiten. Auf einer Balancierscheibe gilt es beispielsweise, das Gleichgewicht zu halten. Ähnlich ist es mit einem Baumstamm, den Kinder beim Waldspaziergang nutzen können, um ihre Balance und Körperbeherrschung zu trainieren.
An dieser Stelle können Kinder gleich mehrere Sinneseindrücke miteinander verbinden. Sie können am Holz riechen, den Baumstamm ertasten und darüber balancieren. So lassen sich Vergleiche mit der Umgebung anstellen: Wo gelingt das Balancieren besser? Welches Holz fühlt sich glatt oder rau an und welche unterschiedlichen Gerüche kann ich erkennen? Solche Fragestellungen regen die Neugier an und fördern das kritische Denken.
Mädchen balanciert mit nackten Füßen über einen dünnen Baumstamm*Viele Erfahrungen im Freien ermöglichen die Verbindung mehrerer Sinne und fördern die Grobmotorik.*
Gleiches gilt mit Steinen oder anderen Gegenständen. Hier stellt sich beispielsweise die Frage, warum manche Steine besser fliegen. Gibt es ein gutes Gewicht zum Werfen? Wobei ist die Präzision besonders hoch? Und welche Steine eignen sich besonders gut, um sie über Wasser titschen zu lassen? Bei all diesen Naturerfahrungen können Kinder sich sehr viel bewegen und zahlreiche Sinneseindrücke sammeln. So verbessern sich auf spielerische Art und ganz nebenbei die motorischen Fähigkeiten sowie das Verständnis für physikalische Gesetzmäßigkeiten.
Fazit: Ästhetische Bildung für eine umfassende Entwicklung
Die ästhetische Bildung im Kindergarten ziele darauf ab, Kinder in ihrer ganzheitlichen Entwicklung zu unterstützen und ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, die Welt mit allen Sinnen zu erfahren und zu gestalten. Sie ist weit mehr als nur Kunstunterricht; sie ist ein fundamentaler Ansatz, der Kreativität, Wahrnehmung, soziale Kompetenzen und motorische Fähigkeiten miteinander verknüpft. Durch vielfältige Angebote in Musik, Kunst und Bewegung lernen Kinder, sich auszudrücken, Zusammenhänge zu erkennen und Selbstvertrauen zu entwickeln.
Für Erzieher und Eltern bietet die ästhetische Bildung eine wunderbare Möglichkeit, die Neugier der Kinder zu wecken und ihre individuelle Entfaltung zu fördern. Indem wir Kindern den Raum und die Materialien zur Verfügung stellen, ihre eigenen Ideen umzusetzen und ihre Sinneseindrücke zu sammeln, legen wir den Grundstein für eine lebenslange Freude am Lernen und Entdecken.
Weiterführende Literatur zum Thema
- Ästhetische Bildung zur Einführung von Iris Laner
- Malen, bauen und erfinden: Ästhetische Bildung in Kindertageseinrichtungen von Christine Leutkart
- Ästhetische Forschung: Wege durch Alltag, Kunst und Wissenschaft. Zu einem innovativen Konzept ästhetischer Bildung von Helga Kämpf-Jansen
