Die Welt des Computer-Aided Design (CAD) entwickelt sich ständig weiter, und mit ihr die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Software. Insbesondere bei komplexen Projekten ist eine reibungslose Navigation und Darstellung entscheidend für die Produktivität. Mit den Versionen 2023 und 2024 hat AutoCAD ein neues 3D-Grafiksystem eingeführt, das genau hier ansetzt: Es verbessert die Navigation in großen Zeichnungsdateien signifikant und erweitert die Grafikleistung sowohl auf den Modell- als auch auf den Papierbereich. Diese Fortschritte sind eng an die Nutzung moderner Hardware-Ressourcen gebunden, insbesondere an die Leistungsfähigkeit Ihrer Grafikkarte in Verbindung mit DirectX 12.
Das Herzstück dieser Neuerung ist eine überarbeitete Grafik-Engine, die darauf ausgelegt ist, die 2D-/3D-Grafikleistung in umfangreichen Zeichnungen zu steigern. Sie nutzt die volle Kraft Ihrer GPU (Graphics Processing Unit) und der Multi-Core-CPUs, um eine flüssigere und reaktionsschnellere Arbeitsumgebung zu gewährleisten. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Verbesserungen eine DirectX 12-fähige Grafikkarte erfordern, um ihr volles Potenzial zu entfalten.
Das neue Grafiksystem in AutoCAD 2023 und 2024: Ein Überblick
Die Einführung des neuen Grafiksystems war ein schrittweiser Prozess, der bereits in früheren Versionen begann und mit den aktuellen Versionen seine volle Wirkung entfaltet.
Ursprung und Entwicklung: AutoCAD 2022 Technical Preview
Bereits in AutoCAD 2022 gab es einen Vorgeschmack auf diese Technologie. Hier wurde das Feature als “technische Vorschau” in schattierten Modell-Ansichtsfenstern angeboten. Aktiviert wurde es über die Systemvariable 3DTECHPREVIEW. War die Grafikvorschau eingeschaltet, wurden schattierte Ansichtsfenster in den Viewport-Steuerelementen als “Shaded (GSF)” angezeigt. Dies war der erste Schritt zur Nutzung moderner Grafik-APIs zur Verbesserung der Nutzererfahrung.
AutoCAD 2022 Ansichtsfenster mit Shaded GSF Option
AutoCAD 2023: Die offizielle Einführung und 3D-Verbesserungen
Mit AutoCAD 2023 wurde das neue Grafiksystem offiziell eingeführt. Es brachte wesentliche Verbesserungen für die 3D-Grafik mit sich, die darauf abzielten, die Darstellung und Navigation in komplexen Modellen zu optimieren.
Eine zentrale Neuerung war die Systemvariable FASTSHADEDMODE, die das neue 3D-Grafiksystem aktiviert. Diese Variable ist standardmäßig auf ON eingestellt, kann aber auch über die Einstellungen zur Grafikleistung (Graphics Performance) ein- oder ausgeschaltet werden, was dem Nutzer Flexibilität bei der Anpassung an seine spezifische Hardware und Arbeitsweise bietet.
AutoCAD Grafikleistungsdialog mit FASTSHADEDMODE Option
Die 3D-Verbesserungen konzentrierten sich in dieser Version auf die visuellen Stile “Schattiert” (Shaded) und “Schattiert mit Kanten” (Shaded with Edges), und das ausschließlich in Ansichtsfenstern des Modellbereichs. Dabei gab es jedoch noch einige Einschränkungen: Angepasste visuelle Stile, Materialien, Texturen, Punktwolken oder große Koordinatenwerte wurden in dieser Phase noch nicht unterstützt. Trotzdem war dies ein großer Schritt in Richtung verbesserter 3D-Interaktion.
Neben den 3D-Optimierungen gab es auch signifikante 2D-Verbesserungen. Im 2D-Drahtmodell-Modus wurden Schwenken und Zoomen in Zeichnungen mit vielen TTF-Texten, langen Polylinien und massiven Schraffuren erheblich beschleunigt. Dies wurde durch eine optimierte Nutzung des GPU-Speichers erreicht, was die Leistung auch in komplexen 2D-Szenarien spürbar verbesserte.
AutoCAD 2024: Erweiterte Unterstützung und 2D-Optimierungen
AutoCAD 2024 führte weitere umfassende Verbesserungen der 3D- und 2D-Grafik ein, die auf den Fundamenten der Vorversionen aufbauten und diese erweiterten:
- 3D-Grafik: Die Unterstützung wurde auf den Papierbereich, Punktwolken, Linienbreiten und große Koordinatenwerte ausgedehnt. Zudem gab es erweiterte Unterstützung für die Dimmung von XRefs (externen Referenzen) und gesperrten Layern. Bemerkenswert ist auch die Integration der Unterstützung für Civil 3D und Map 3D, was die Anwendung des neuen Grafiksystems in spezialisierten AutoCAD-Produkten ermöglicht.
- 2D-Grafik: Die Leistung beim Schwenken mit Rasterbildern und Ausblendobjekten wurde verbessert. Weitere Optimierungen betrafen die Layout-Umschaltung, den ViewCube, den Trace-Hintergrund sowie den Markup-Import und -Assistenten, wodurch die allgemeine Reaktionsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit im 2D-Bereich weiter gesteigert wurde.
Warum DirectX 12 entscheidend ist
Die Integration von DirectX 12 ist der Schlüssel zu diesen Leistungssteigerungen. DirectX ist eine Sammlung von APIs (Application Programming Interfaces) von Microsoft, die es Software, insbesondere Spielen und CAD-Anwendungen, ermöglicht, direkt mit der Hardware des Computers zu kommunizieren.
DirectX 12 bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber seinen Vorgängern, die sich direkt auf die AutoCAD-Leistung auswirken:
- Effizientere Hardware-Nutzung: DirectX 12 ermöglicht es Entwicklern, die Hardware, insbesondere die GPU, auf einem “niedrigeren” Niveau anzusprechen. Das bedeutet, dass die Software direkter und effizienter auf die Ressourcen zugreifen kann, was zu einer besseren Auslastung der GPU führt.
- Bessere Multi-Core-CPU-Unterstützung: Moderne CPUs verfügen über mehrere Kerne. DirectX 12 ist besser darin, Aufgaben auf diese Kerne zu verteilen, wodurch Engpässe vermieden und die Gesamtleistung verbessert werden.
- Geringerer Treiber-Overhead: Die API ist so konzipiert, dass der Aufwand für den CPU-Treiber reduziert wird, was mehr Rechenzeit für die eigentliche Anwendung freigibt.
- Flüssigere Navigation: In AutoCAD äußert sich dies in einem deutlich flüssigeren Schwenken, Zoomen und Orbitieren, selbst bei sehr großen und komplexen Modellen, die zuvor zu Verzögerungen führen konnten.
- Verbesserte visuelle Qualität: Durch die effizientere Nutzung der Hardware können auch komplexere visuelle Effekte und genauere Darstellungen in Echtzeit berechnet werden, ohne die Leistung zu beeinträchtigen.
Diese technologischen Fortschritte bedeuten, dass Anwender mit einer DirectX 12-kompatiblen Grafikkarte eine wesentlich bessere und reaktionsschnellere Erfahrung in AutoCAD genießen können, was die Produktivität in hohem Maße steigert.
So überprüfen Sie die DirectX 12-Kompatibilität Ihrer Grafikkarte
Um von den neuen Grafikverbesserungen in AutoCAD zu profitieren, ist es unerlässlich, dass Ihre Grafikkarte DirectX 12 unterstützt. Es gibt zwei einfache Methoden, dies zu überprüfen:
Methode 1: Über den 3DCONFIG-Befehl in AutoCAD
Der schnellste Weg, die DirectX-Version zu überprüfen, die AutoCAD verwendet, ist direkt in der Anwendung:
- Geben Sie in der AutoCAD-Befehlszeile den Befehl
3DCONFIGein und bestätigen Sie mit Enter. - Im Dialogfeld “Grafikleistung” (Graphics Performance) finden Sie oben rechts unter “Virtuelles Gerät” (Virtual Device) die Angabe, welche DirectX-Version aktiv ist. Wenn dort “DirectX 12” steht, ist Ihre Grafikkarte kompatibel und wird von AutoCAD entsprechend genutzt.
AutoCAD 3DCONFIG Dialogfeld mit DirectX 12 Status
Methode 2: Mit dem DirectX-Diagnoseprogramm (dxdiag)
Eine weitere Möglichkeit ist das DirectX-Diagnoseprogramm von Windows, das detaillierte Informationen über Ihre Hardware liefert:
- Geben Sie in der Windows-Suchleiste (oder über “Ausführen” nach Drücken von
Win + R) den Befehldxdiagein und drücken Sie Enter, um das DirectX-Diagnoseprogramm zu öffnen. - Navigieren Sie zu einem der “Anzeige”-Registerkarten (Display).
- Im Feld “Direct3D-DDI:” wird die höchste von Ihrer Grafikkarte unterstützte DirectX-Version angezeigt. Wenn dieser Wert “12” ist, ist Ihre Grafikkarte vollständig DirectX 12-fähig.
DirectX Diagnoseprogramm mit Direct3D DDI Version
Weitere Tipps zur Optimierung der AutoCAD-Grafikleistung
Neben der DirectX 12-Kompatibilität gibt es weitere Maßnahmen, um die Leistung von AutoCAD zu verbessern, insbesondere im Zusammenhang mit der Grafik:
- Aktuelle Grafikkartentreiber: Stellen Sie sicher, dass Sie immer die neuesten Treiber für Ihre Grafikkarte direkt von der Website des Herstellers (NVIDIA, AMD, Intel) installiert haben. Veraltete Treiber sind eine häufige Ursache für Leistungsprobleme.
- Hardware-Beschleunigung: Überprüfen Sie in den AutoCAD-Optionen unter “System” und dann “Grafikleistung”, ob die Hardware-Beschleunigung aktiviert ist. Dies sollte für optimale Leistung eingeschaltet sein.
- Einstellungen für ältere oder schwächere Grafikkarten: Wenn Ihre Hardware nicht auf dem neuesten Stand ist, können Sie bestimmte Grafikeinstellungen in AutoCAD reduzieren, um die Leistung zu steigern. Dazu gehören die Deaktivierung von Kantenglättung, Schatten oder komplexen visuellen Stilen. Autodesk bietet spezifische Anleitungen zur Optimierung bei älteren Grafikkarten.
- Dateibereinigung: Große und komplexe Zeichnungen profitieren oft von einer regelmäßigen Bereinigung (Befehle wie
BEREINIGoderPRÜFUNG), um unnötige Daten zu entfernen, die die Leistung beeinträchtigen könnten. - Wechsel zu einer früheren DirectX-Version: In seltenen Fällen, oder bei Kompatibilitätsproblemen mit bestimmten Treibern, kann es notwendig sein, AutoCAD anzuweisen, eine frühere DirectX-Version zu verwenden. Dies ist jedoch in der Regel eine Notlösung und sollte nur erfolgen, wenn Probleme auftreten.
Fazit
Das neue 3D-Grafiksystem in AutoCAD 2023 und 2024, das auf DirectX 12 basiert, stellt einen bedeutenden Schritt nach vorne in der Leistung und Benutzerfreundlichkeit für CAD-Profis dar. Durch die effizientere Nutzung moderner GPU- und CPU-Ressourcen ermöglicht es eine flüssigere Navigation und Darstellung selbst in den komplexesten Zeichnungsdateien. Um diese Vorteile voll ausschöpfen zu können, ist eine DirectX 12-fähige Grafikkarte unerlässlich.
Überprüfen Sie regelmäßig die Kompatibilität Ihrer Hardware und halten Sie Ihre Treiber auf dem neuesten Stand, um die bestmögliche Erfahrung mit AutoCAD zu gewährleisten. Die Investition in die richtige Hardware und die Pflege Ihrer Software-Umgebung zahlt sich in einer erheblich gesteigerten Produktivität und einem angenehmeren Arbeitsfluss aus. Machen Sie den Test und erleben Sie selbst, wie AutoCAD mit DirectX 12 Ihre Projekte revolutioniert!
Referenzen
- AutoCAD 2022 Technical Preview: New 3D Graphics System
- AutoCAD 2022 System Variable: 3DTECHPREVIEW
- AutoCAD 2023: New Graphics System Enhancements
- AutoCAD 2023 System Variable: FASTSHADEDMODE
- AutoCAD 2024: Graphics Performance Dialog
- AutoCAD 2024: Improvements in 3D and 2D graphics
- AutoCAD 2024: 3DCONFIG Command
- Tips to improve performance in AutoCAD and AutoCAD based products
- Settings to improve performance with older or low end graphics cards
- How to make AutoCAD run with DirectX 9
