Die Berber Kultur, auch bekannt als Amazigh Kultur, ist ein faszinierender und vielfältiger Teil Nordafrikas. Wenn du in Marokko unterwegs bist, wirst du unweigerlich mit den Berbern in Kontakt kommen, den ursprünglichen Bewohnern des Landes. Aber die Berber leben nicht nur in Marokko, sondern auch in Algerien, Tunesien, Libyen, Mauretanien und sogar weiter südlich in Afrika. Ihre Geschichte ist reich und ihre Traditionen lebendig, auch wenn ihre Ursprünge im Dunkeln liegen, da es keine einheitliche Berber-Schriftsprache und somit wenig historische Belege gibt.
Die Berber sind stolz auf ihre Abstammung und ihre Kultur. Sie sind eine indigene Ethnie, die vorwiegend in Nordafrika anzutreffen ist. Der Name “Berber” stammt von den Römern, die alle Völker, die nicht Latein sprachen, als “Barbaren” bezeichneten. Die Berber selbst nennen sich Imazighen, was übersetzt “freie Menschen” oder “edle Menschen” bedeutet – eine viel treffendere und respektvollere Bezeichnung.
Im Gegensatz zu homogenen Völkern wie den Germanen, bestehen die Berber aus verschiedenen sozialen Gebilden, die stark familiär geprägt sind. Klans oder Großfamilien bilden das Zentrum des sozialen Lebens. Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung sind innerhalb dieser traditionellen Strukturen von großer Bedeutung, denn Einzelkämpfer haben es in der Berber Kultur schwer.
Berber in Marokko
Eine Gemeinsamkeit aller Berber ist ihre Sprache, das Tamazight. Der Begriff “Berber” selbst ist die Grundlage für das Wort “Barbaren”, eine abwertende Bezeichnung für Menschen, die kein Latein sprachen.
Heute distanzieren sich viele Berber von dieser Benennung und bevorzugen die Bezeichnung “Imazighen”. Sie identifizieren sich mit diesem Begriff und betonen ihre Unabhängigkeit und ihren Stolz. Viele Berber verwenden auch den Namen einer kleineren Einheit ihres Volkes, wie z.B. Ait Atta oder Tuareg.
Nachfolgend findest du weitere Informationen über die Sprache, den Unterschied zu Arabern und die Kultur.
Die Berbersprache in Marokko
Die Berbersprache, auch Tamazight genannt, ist eine Art verbindender Dialekt oder Umgangssprache. Das zugrunde liegende Alphabet wird Tifinagh genannt – eine wunderschöne Zeichenschrift.
Tamazight ist mittlerweile die dritte offizielle Landessprache in Marokko, neben Arabisch und Französisch. Die Berbersprache hat auch eigene Schriftzeichen, so schreibt man zum Beispiel das Wort “Berber” = ⵉⵎⴰⵣⵉⵖⵏ. Seit 2011 ist das marokkanische Tamazight in der Verfassung als Standard- und Amtssprache anerkannt. Dies ist ein wichtiges Zeichen für die Sichtbarmachung und Identitätsfindung der Berber in Marokko. Grundsätzlich gibt es drei Berberdialekte, die sich geografisch unterscheiden:
- Im Norden und Nordosten des Rifgebirges spricht man Tarifit/Rifisch.
- Im Mittleren Atlas wird Tamazight/Mazirisch gesprochen.
- Das Gebiet des Hohen und Anti-Atlas ist dem Taschelhit/Schlöh zugeordnet.
Berber in Marokko
Berber und Araber: Was ist der Unterschied?
Der Unterschied zwischen Berbern und Arabern liegt in ihren unterschiedlichen Kulturen. Ob Sprache oder Bräuche – die einzige Verbindung zwischen beiden Völkern ist der Islam, ihre gemeinsame Religion. Vor der Eroberung Nordafrikas durch fremde Völker verehrten die Berber Sonne und Bäume und lebten im Einklang mit der Natur. Die Araber vertrieben die Berber aus den fruchtbaren Ebenen, woraufhin sie sich in die Berge zurückzogen und ihre Traditionen bewahrten, bis sie schließlich zum Islam konvertierten.
Ein Großteil der Bevölkerung wurde während der islamisch-arabischen Eroberung des Maghreb im 7. und 8. Jahrhundert arabisiert. Viele Menschen in Marokko wurden jedoch nur islamisiert, was bedeutet, dass sie neben dem Islam als Religion ihre eigenen Berber-Traditionen bewahrt haben und die Berbersprache Tamazight als ihre Muttersprache betrachten und sprechen. Heute ist die Berbersprache in Marokko auch als Amtssprache anerkannt. Marokko ist historisch betrachtet kein arabisches Land.
Die Berber sind das ursprüngliche Volk Nordafrikas und somit auch die Urbevölkerung Marokkos. Heute leben Berber und Araber in friedlicher Koexistenz miteinander. Das war jedoch nicht immer der Fall, denn marokkanische Herrscher wie König Hassan II verwehrten den Berbern in ihren Rückzugsorten in den Bergen lange Zeit die Errungenschaften der modernen Zivilisation, wie etwa Elektrizität. Auch heute noch fällt das einfache Leben auf, wenn man den Atlas überquert. Die Wäsche wird noch auf den Steinen und Sträuchern vor dem Haus zum Trocknen aufgehängt. Der aktuelle König Mohammed VI hat sich dem Berbervolk wieder geöffnet, im Bewusstsein, dass 80% der Marokkaner Berberabstammung sind – eine weise Entscheidung für sein Volk.
Kulturspuren der Berber
Es ist bemerkenswert, dass in der Berber Kultur die Rolle der Frauen besser ist als generell in der arabischen Kultur. So können sich z.B. bei den Tuareg die Frauen von sich aus scheiden lassen. Durch die Arabisierung der Berber sind aber dennoch viele Freiheiten der Frauen wieder verschwunden. Während die Tuareg noch immer ein Nomadenvolk sind, sind die anderen Berberstämme mit der Zeit sesshaft geworden. Ursprünglich ist der Glauben der Berber an der Natur ausgerichtet, viele Mythen und Märchen zeugen noch heute davon. Durch die Eroberungsfeldzüge von Frankreich, Spanien aber auch dem arabischen und osmanischen Reich gab es immer wieder große Religionsschwärme, die den Berbern quasi aufgezwungen wurden.
Wie ticken die Berber?
Die Berber sind dem westlichen Leben sehr zugetan und weltoffen in ihrer Geisteshaltung. Auffällig ist auch, dass sich die Berberfrauen nicht das Gesicht bedecken. Auch ihre Gewänder sind kunterbunt und strahlen etwas Positives ab. In Gorge de Toudra tragen viele Frauen eine Art weißes Spitzentuch umgehängt, was eine regionale Tracht ist. In anderen Regionen, wie dem Dades Valley, werden diese Spitzentücher in Schwarz getragen.
Berber-Tätowierungen
Berberfrauen trugen früher auffällige Tätowierungen, sogar im Gesicht. Heute sieht man das vorwiegend nur noch bei älteren Frauen. Schriftzeichen, Ornamente und Symbole mit spirituellem Charakter waren und sind Teil der Berber Kultur. Diese Symbole sind sehr ansprechend, auch wenn ihre Bedeutung oft unklar ist. Die Tätowierungen der Berber sind in blau-grün gehalten. Die blaue Farbe wird aus der Indigo-Pflanze gewonnen, und nach dem Tätowieren wurde die Stelle des Tattoos mit einer Pflanze eingerieben, die die grüne Farbe hinterlassen hat.
Nicht nur auf den Berber-Tattoos, sondern auch auf vielen Häusern, am Schmuck oder auf Geschirr findet man Muster und Ornamente. Viele davon sollen den Träger vor Unheil schützen oder Fruchtbarkeit symbolisieren – aber im Allgemeinen sind sie Ausdruck der Verbindung zum Kosmos und der Natur, der der Berber Kultur zugrunde liegt.
Die Berbermusik oder Berber Blues
Die Musik der Berber ist ein fester Bestandteil von Marokkoreisen. Der sogenannte Berber Blues ist eine angenehme, tranceartige Musik, die einen auf eine ganz eigene Reise mitnimmt. Der Ursprung des Berber Blues liegt in der traditionellen Musik der Berber des Maghrebs. Sie wird nur mit wenigen Instrumenten gespielt und ist von starken Rhythmen gekennzeichnet.
Bei Hochzeiten oder wichtigen Festen sorgt die Berbermusik für die Untermalung der Feierlichkeiten. Es gibt kaum noch echte Berbermusik, aber einige Gruppen fühlen sich dem “Berber Blues” zugehörig und spielen schöne Volksmusik-Klänge der Berber. Ein Beispiel dafür ist die Gruppe Tinariwen.
Berberteppiche: Das Erbe der Berber
Für viele ist der Berberteppich der erste Gedanke, der ihnen bei dem Wort Berber in den Sinn kommt. Die Berberteppiche mit den traditionellen Motiven der Berber Kultur sind auch heute noch ein beliebtes Souvenir aus Marokko. Die Teppiche dienen den Berbern als Unterlage zum Schlafen, werden an die Wand gehängt als Dekorationsobjekt und ab und zu sogar als Bekleidung verwendet.
In einem Bergdorf im Atlas sorgen die Frauen durch die Produktion der Berberteppiche für ihre Familien. Frisch vom Schaf muss die Wolle erstmal mühevoll in Handarbeit aufbereitet werden. Sauber und geschmeidig muss sie sein, bevor sie gesponnen werden kann. Dann wird die Schafwolle noch gefärbt und dann erst kann mit der Teppichproduktion begonnen werden. Die Muster der Berberteppiche bestehen meist aus Dreiecken und geometrischen Formen. Sie sind Symbole der Fruchtbarkeit und Zeitzeugnisse der jeweiligen Berber-Stämme.
Eine Frau benötigt alleine ein bis zwei Monate für einen zwei bis drei Quadratmeter großen Teppich. Mit Hilfe schaffen sie es gemeinsam in circa 2 Wochen. Das sollte man sich wirklich im Hinterkopf behalten, wenn man zu hart handelt beim Einkauf von Berberteppichen.
Die Berber Kultur ist ein wichtiger und faszinierender Bestandteil Marokkos und Nordafrikas. Ihre Geschichte, Traditionen, Sprache und Kunst machen sie zu einem einzigartigen und wertvollen Erbe. Wenn du die Möglichkeit hast, die Berber kennenzulernen und ihre Kultur zu erleben, solltest du diese Chance unbedingt nutzen. Du wirst mit unvergesslichen Eindrücken und einem tieferen Verständnis für diese faszinierende Welt belohnt.