Selbstgemachtes Sauerteigbrot ist mehr als nur ein Nahrungsmittel – es ist ein Ausdruck von Handwerkskunst, Geduld und einer tiefen Verbindung zur kulinarischen Tradition. Während viele von uns vielleicht nicht mit einem über Generationen vererbten Sauerteigansatz beginnen, liegt die Freude am eigenen Brotbacken, gerade mit dieser traditionellen Methode, für immer mehr Menschen auf der Hand. Die Herstellung von Brot ohne Hefe eröffnet eine Welt voller Aromen und Texturen, die weit über das hinausgeht, was schnelle Backmischungen bieten können. Es ist ein Prozess, der Kreativität und ein gewisses Maß an Sorgfalt erfordert, aber die Belohnung – ein authentisches, köstliches Ergebnis – ist unvergleichlich.
Die Magie des Sauerteigs: Mehr als nur ein Triebmittel
Was genau ist Sauerteig eigentlich? Im Kern ist er ein natürliches Backtriebmittel, ähnlich wie Hefe oder Backpulver, das dazu dient, den Teig locker und luftig zu machen. Hinter diesem Prozess verbirgt sich jedoch eine faszinierende Symbiose: In Ihrem Sauerteig leben wilde Hefepilze und Milchsäurebakterien, eine Art „WG des Geschmacks“. Diese Mikroorganismen sind nicht nur für das Aufgehen des Brotes verantwortlich, sondern auch für die Entwicklung einer bemerkenswerten Aromenvielfalt. Während der Fermentation entstehen über 300 verschiedene Aromastoffe, die Ihrem Brot eine einzigartige Tiefe verleihen.
Doch die Vorteile des Sauerteigs enden hier nicht. Er spielt auch eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit. Durch den Fermentationsprozess werden Phytinsäuren im Getreide abgebaut, welche die Aufnahme von Mineralstoffen im Körper hemmen können. Das bedeutet, Ihr Sauerteigbrot ist nicht nur schmackhafter, sondern auch nährstoffreicher. Darüber hinaus sorgt der Sauerteig für ein besseres Volumen, eine feinere Krume und eine längere Haltbarkeit, da die Milchsäurebakterien die Bildung von Schimmelkulturen unterbinden. Kurz gesagt: Sauerteig macht Ihr Brot besser – in jeder Hinsicht.
Brot backen mit Sauerteig
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft: Ihren eigenen Sauerteig ansetzen
Bevor Sie die erste Scheibe Ihres selbstgebackenen Brotes genießen können, steht die Geburt Ihres eigenen Sauerteigansatzes an. Dies ist der Beginn einer Beziehung, die Ihr Backerlebnis für immer verändern wird. Um Ihren Sauerteig zu züchten, benötigen Sie lediglich ein paar einfache Zutaten und etwas Geduld.
Was Sie brauchen:
- Ein sauberes Glas (nicht zu klein)
- 3 EL biologisches Vollkornmehl (Weizen oder Roggen sind gut für den Anfang)
- ca. 3 EL warmes Wasser (ca. 27 °C)
Die Vorgehensweise:
- Mischen: Verrühren Sie das Vollkornmehl mit dem warmen Wasser in Ihrem Glas. Die Konsistenz sollte cremig sein und leicht vom Löffel rinnen. Ist der Teig zu fest, geben Sie etwas mehr Wasser hinzu; ist er zu flüssig, etwas mehr Mehl. Präzision ist hier nicht entscheidend. Bio-Vollkornmehl ist ideal, da es eine höhere Konzentration an natürlich vorkommenden Hefen und Bakterien aufweist, die für die Sauerteigkultur notwendig sind.
- Ruhen lassen: Decken Sie das Glas locker ab, sodass Luft zirkulieren kann, und stellen Sie es an einen warmen, möglichst dunklen Ort in Ihrer Küche. Hier beginnen die Mikroorganismen zu arbeiten – und ja, sie produzieren dabei auch Gase, die für einen leichten Geruch sorgen können, aber in der Regel nicht unangenehm sind.
- Füttern: Lassen Sie den Ansatz für ein bis drei Tage ruhen, bis Sie die ersten kleinen Bläschen aufsteigen sehen und ein angenehm säuerlicher Geruch wahrnehmbar ist. Dann ist es Zeit, den Sauerteig zu füttern. Geben Sie erneut 3 EL Mehl und 3 EL warmes Wasser hinzu und verrühren Sie alles gut. Stellen Sie das Glas wieder an seinen Platz.
- Wachstum beobachten: Wiederholen Sie diesen Fütterungsprozess, diesmal mit größeren Mengen: 100 g Mehl und 100 ml warmes Wasser. Nach weiteren 24 Stunden sollten Sie deutlich sehen, wie der Teig aufgeht und sich viele Blasen bilden. Der Geruch sollte nun intensiviert, aber immer noch angenehm sein – leicht hefig, süßlich, vielleicht erinnernd an einen dezenten Essig oder Apfelsaft. Wenn der Geruch zu stark sauer oder vergoren ist, müssen Sie leider von vorne beginnen.
Wenn Sie bis hierhin gekommen sind, haben Sie Ihren ersten Sauerteig-Starter erfolgreich gezüchtet! Jetzt können Sie ihm einen Namen geben – ein liebevoller Touch für Ihr neues Küchenmitglied. Wir nennen unseren “Roswitha”.
Das Herzstück: Brot backen mit Ihrem Sauerteig-Starter
Roggenbrot wird traditionell oft mit Sauerteig gebacken, da Roggen von Natur aus Säure benötigt, um gut aufzugehen. Ein reines Roggenbrot nur mit Hefe zu backen, ist praktisch unmöglich. Für Einsteiger empfehlen wir daher ein einfaches, reines Roggenbrot.
Rezept: Einfaches Roggenbrot mit Sauerteig
Dieses Rezept wurde von der Kulinarik der österreichischen Kalchkendlalm inspiriert und ist perfekt für den Anfang.
Zutaten:
- 200 g Sauerteig-Starter (Roggen)
- 600 ml Wasser (ca. 27 °C)
- 1 kg Roggenmehl (Type 1150)
- 20 g Salz
Zubereitung:
- Teig vorbereiten: Rühren Sie den Sauerteig-Starter vorsichtig in das warme Wasser ein. Anschließend geben Sie das Roggenmehl und das Salz hinzu und vermischen alles gut. Bei reinen Roggenteigen ist intensives Kneten nicht notwendig.
- Erste Gare: Decken Sie den Teig ab und lassen Sie ihn an einem warmen Ort für etwa 4 Stunden ruhen, bis sich sein Volumen sichtbar vergrößert hat.
Roggenbrot mit Sauerteig im Gusseisentopf
Backen im Gusseisentopf oder auf dem Pizzastein
- Formen: Teilen Sie den Teig, bemehlen Sie Ihre Arbeitsfläche großzügig und formen Sie zwei Laibe. Geben Sie die Laibe in gut bemehlte Gärkörbe. Decken Sie sie ab und lassen Sie sie weitere 20 Minuten ruhen.
- Ofen vorheizen: Heizen Sie Ihren Backofen auf 240 °C Ober-/Unterhitze vor, entweder mit einem Gusseisentopf oder einem Pizzastein. Wenn Sie auf einem Stein backen, stellen Sie zusätzlich eine feuerfeste Schüssel mit Wasser auf den Ofenboden, um Dampf zu erzeugen.
- Backen: Stürzen Sie die Brote aus den Gärkörben in den heißen Gusseisentopf (mit Deckel) oder auf den Pizzastein. Backen Sie die Brote für 30 Minuten. Reduzieren Sie dann die Hitze auf 150 °C und backen Sie sie weitere 30 Minuten fertig.
- Fertigstellung: Das Brot ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl klingt. Falls nicht, lassen Sie es noch 10 Minuten länger im Ofen.
- Abkühlen: Lassen Sie das Brot unbedingt gut auskühlen, bevor Sie es anschneiden.
Backen in der Kastenform
- Formen: Formen Sie den Teig wie oben beschrieben zu Laiben und legen Sie diese in mit Backpapier ausgekleidete Kastenformen. Decken Sie sie ab und lassen Sie sie weitere 20 Minuten ruhen.
- Backen: Backen Sie die Brote für 30 Minuten bei 240 °C. Reduzieren Sie dann die Hitze auf 150 °C und backen Sie sie weitere 30 Minuten fertig.
- Fertigstellung und Abkühlen: Prüfen Sie auf den hohlen Klang und lassen Sie die Brote gut auskühlen.
Tipp: Die Zubereitung im Gusseisentopf liefert oft die besten Ergebnisse, da der Topf ähnliche Klimabedingungen wie ein traditioneller Brotofen schafft. Selbstgebackenes Sauerteigbrot ist in einem Leinentuch oder Brotkorb verpackt bis zu zwei Wochen haltbar und schmeckt am besten 1-2 Tage nach dem Backen. Wichtig: Wenn Ihr Brot nicht richtig aufgeht, überprüfen Sie, ob Sie das richtige Mehl verwendet haben. Für reine Roggenteige ist Type 1150 oft eine gute Wahl. Experimentieren Sie mit verschiedenen Mehlsorten, wenn Ihr Sauerteig-Starter gut etabliert ist.
Den Sauerteig am Leben halten: Pflege und Lagerung
Ein aktiver Sauerteig-Starter erfordert regelmäßige Pflege, aber mit der Zeit wird diese zur Routine.
Tägliche Pflege (Anfangsphase)
Nach dem Backen bleiben etwa 2 EL Ihres Sauerteig-Starters übrig. Füttern Sie diesen täglich mit 2-3 EL Mehl und Wasser. Dies sorgt dafür, dass Ihr Starter stark und stabil bleibt. Mit der Zeit, wenn Ihr Starter robust genug ist, reicht es, ihn etwa einmal pro Woche zu füttern.
Verwerten von überschüssigem Sauerteig
Da man nicht ständig Brot backen kann, sammelt sich mit der Zeit überschüssiger Sauerteig an. Hier sind einige Ideen, was Sie damit machen können:
- Teilen: Verschenken Sie Ihren Starter an Freunde und Familie.
- Wegwerfen: Dies ist die einfachste, aber auch die traurigste Option.
- Sauerteig-Pancakes: Verarbeiten Sie den überschüssigen Starter zu herzhaften Pancakes.
Roggenbrot mit Sauerteig
Lagerung des Sauerteigs
Für Zeiten, in denen Sie kein Brot backen möchten oder können, gibt es verschiedene Lagerungsmöglichkeiten:
Kurzfristige Lagerung im Kühlschrank
Wenn Sie planen, alle 7-14 Tage zu backen, bewahren Sie den gut verschlossenen Sauerteig-Starter im Kühlschrank auf. Die Fermentation wird stark verlangsamt. Füttern Sie ihn einmal pro Woche und stellen Sie ihn am Tag vor dem Backen aus dem Kühlschrank, füttern Sie ihn und lassen Sie ihn 24 Stunden ruhen, bis er wieder einsatzbereit ist.
Mittelfristige Lagerung im Gefrierfach
Wenn Sie sich nicht auf einen regelmäßigen Backtag festlegen möchten, ist das Gefrierfach die Lösung. Füttern Sie den Starter ein letztes Mal, lassen Sie ihn aufgehen und packen Sie ihn dann gut verschlossen ins Gefrierfach. Hier kann er monatelang überleben. Zum „Aufwecken“ lassen Sie ihn schonend im Kühlschrank auftauen und verfahren dann wie bei der kurzfristigen Lagerung.
Langfristige Lagerung: Getrocknet
Um Ihren Sauerteig-Stammbaum für die Ewigkeit zu konservieren, können Sie ihn trocknen. Streichen Sie dünne Schichten Ihres aktiven Starters auf Backpapier und lassen Sie sie an einem warmen, trockenen Ort trocknen. Der getrocknete Teig kann dann leicht zermahlen und luftdicht verpackt werden. Zum „Reanimieren“ wird der getrocknete Starter gemahlen, mit etwas Mehl und warmem Wasser verrührt und gefüttert, bis er wieder aktiv ist.
Das Backen mit Sauerteig ist eine bereichernde Erfahrung, die Geduld, Sorgfalt und die Bereitschaft zum Experimentieren belohnt. Mit jedem Laib, den Sie backen, vertiefen Sie Ihr Verständnis und Ihre Wertschätzung für dieses traditionelle Handwerk.
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Referenzen
- Vegan frühstücken kann jeder (Buch, http://amzn.to/2jrN3lp)
- Besuch auf der Kalchkendlalm in Österreich (Blogbeitrag, https://www.eat-this.org/mountain-kitchen-meetup-berge-brot-und-gutes-essen/)
- Herzhafte Sauerteig-Pancakes mit Pilzen (Rezept, https://www.eat-this.org/herzhafte-sauerteigpancakes-mit-pilzen/)
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