BVB Gladbach: Taktikanalyse des Rückrunden-Auftakts und Dortmunder Sieg

Aufstellung von Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach im Rückrunden-Auftaktspiel

Nachdem die Bundesliga am Freitagabend ihr Comeback feierte, gab es am gestrigen Samstag eine Reihe von spannenden Begegnungen. Das Top-Spiel des Spieltags war eine Neuauflage des Saisonauftakts, bei dem Borussia Dortmund zu Gast im Borussia-Park von Mönchengladbach war. Der BVB setzte sich dabei mit 3:1 durch, ein Ergebnis, das an den deutlichen 4:0-Sieg aus der Hinrunde erinnerte und den Startschuss für Thomas Tuchels Ära in Dortmund markierte. Seither hat sich bei den Fohlen vieles geändert: Lucien Favre trat nach einem überraschend schwachen Saisonstart zurück und wurde durch André Schubert ersetzt. Der ehemalige St. Pauli-Trainer hatte einen prägenden Einfluss auf Gladbachs Defensivstrategie, die sich ohne Ballbesitz zunehmend mannorientiert präsentierte.

Aufstellung von Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach im Rückrunden-AuftaktspielAufstellung von Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach im Rückrunden-Auftaktspiel

Gladbachs mannorientiertes Defensivkonzept

Unter Lucien Favre zeichnete sich Mönchengladbach durch eine exzellente Defensivorganisation aus, die die Grundlage für ihre beeindruckende Bilanz gegen Guardiolas Bayern München bildete. Favre verfolgte eine positionsorientierte Defensivstrategie, bei der sich die Verteidiger auf Basis ihrer Mitspieler und ihrer eigenen Positionen in einem kompakten Defensivblock organisierten. Ziel war es nicht, hohen Druck auf den Ball auszuüben, sondern den Raum innerhalb des Blocks zu kontrollieren, gepaart mit hoher Kompaktheit und Stabilität. Verlagerte der Gegner den Ball auf eine offene Flanke, verschob Gladbach effizient, um den freien Raum zu schließen und den Gegner zu zwingen, den Ball in der (oft erfolglosen) Suche nach freien Räumen zirkulieren zu lassen.

Schuberts Neuausrichtung: Das mannorientierte Pressing

Unter André Schubert hingegen strebte Gladbach an, früher im Spielaufbau mehr Druck auszuüben. Eine bloße Änderung der Defensivstrategie war jedoch aufgrund der Natur der positionsorientierten Raumdeckung – die eher auf die Aufrechterhaltung und Kontrolle von Räumen abzielt – nicht möglich. Aus diesem Grund konzentrierte sich Schuberts Team nun stärker auf Mannorientierungen im Pressing, was ihnen einen verbesserten Zugriff auf den Gegner ermöglichte. Diese Mannorientierungen waren im Spiel gegen Tuchels Dortmunder deutlich zu erkennen und spielten eine wichtige Rolle in der Begegnung, da sie Gladbach nicht nur Vorteile verschafften, sondern situativ auch eine ihrer Schwächen darstellten.

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Gladbachs mannorientierte Verteidigungsstrategie gegen den BVB im DetailGladbachs mannorientierte Verteidigungsstrategie gegen den BVB im Detail

Während des Pressings der Hausherren versuchten sie, eine klare Manndeckung über das gesamte Feld aufrechtzuerhalten. In einigen Fällen schien die Mannschaft ohne definitive Struktur organisiert zu sein, da jeder einzelne Spieler einen Dortmunder Akteur deckte. Das Schema wurde am deutlichsten, als Dortmund den Ball in der eigenen Hälfte aufbaute. Julian Weigl wurde sehr eng verfolgt, wobei Nordtveit und Dahoud den jungen Strategen beziehungsweise Gonzalo Castro manndeckten. Die Deckung von Gündogan wurde im Allgemeinen zwischen Elvedi und, zu einem gewissen Grad, Johnson aufgeteilt. Durch die Manndeckung konnten die Gladbacher Schlüsselspieler des BVB ausschalten und deren Einfluss auf das Spiel einschränken. Dies zeigte sich insbesondere in der Aufbauphase der Gäste, da Akteure wie Gündogan ihr übliches Unterstützungslevel nicht erreichen konnten.

Trotz dieser ausgeprägten Mannorientierung gelang es Gladbach, eine recht stabile Struktur aufrechtzuerhalten. Obwohl sie nicht das gleiche Maß an Raumkontrolle ausüben konnten, verhinderten sie, dass Dortmund über längere Spielabschnitte zentrale Lücken ausnutzen konnte.

Schwächen der Manndeckung führen zum Gegentor

Obwohl ihr mannorientiertes Pressing über weite Strecken des Spiels stark war, wurde es ihnen letztlich zum Verhängnis, als ein schlecht koordinierter Pressingversuch zu Reus’ Führungstreffer nach einem exzellenten Steilpass von Gündogan führte. Beim Pressing auf den Torhüter versuchte Gladbach im Allgemeinen eine Manndeckung über das gesamte Feld, mit Ausnahme von Gündogan. Die Verantwortung für die Deckung des Mittelfeldspielers wurde auf die umliegenden Akteure verteilt, und in diesem Fall koordinierten sie das Pressing schlecht und ließen ihn ungedeckt. Bürki hatte diesen langen Ball schon einige Male zuvor versucht, und beim ersten Mal, als er ihn fand, verlagerte Gündogan den Ball nach vorne und spielte Reus hinter Elvedi frei, der einen großartigen Abschluss erzielte.

Schema des Spielaufbaus vor dem ersten Dortmunder Tor, das Gladbachs Manndeckungsfehler aufzeigtSchema des Spielaufbaus vor dem ersten Dortmunder Tor, das Gladbachs Manndeckungsfehler aufzeigt

Mit dem Ball konzentrierte sich Gladbach klar auf zentrale Angriffe und versuchte, schnelle Kombinationen innerhalb der drei mittleren Spielfeldachsen zu kreieren. Sowohl Traoré als auch Johnson hatten die Tendenz, nach innen zu ziehen, während Stindl und Raffael sowohl bei der Unterstützung als auch bei der Führung der engen Angriffe effektiv waren. Der zentrale Fokus zeigte sich auch bei ihrem einzigen Tor des Spiels, als ein enger Angriff Gladbach den Ball in einen gefährlichen Bereich am Rande des Strafraums brachte. Obwohl der Ball verloren ging, eroberte Gladbach ihn durch ein Gegenpressing, das durch ihre zentral ausgerichtete Formation erleichtert wurde, schnell zurück und konnte dann kombinieren, um Raffael für einen klaren Schuss freizuspielen.

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Dortmunds Ballbesitzspiel gegen Gladbachs Pressing

Gegen Gladbachs Pressing tat sich der BVB im Spielverlauf immer wieder schwer, da ihr Ballbesitzspiel darunter litt. Der Aufbau wurde erheblich eingeschränkt, und Bürki spielte zahlreiche lange Bälle auf die Flügel, während Schlüsselspieler nicht ausreichend in das Spiel integriert werden konnten.

Eine überraschende Besonderheit von Tuchels Mannschaft im Ballbesitz war eine gewisse Flügelorientierung, insbesondere in den ersten 30 Minuten. Mit dem Ball versuchten sie oft, über die Flügel zu spielen, wo sie kleine Strukturen aus drei bis vier Spielern bildeten, die sich kombinierten, um auf einer der Flanken durchzubrechen. Sowohl Castro als auch Gündogan zeigten laterale Bewegungen, indem sie ihre jeweiligen Flanken unterstützten, was in der ersten Halbzeit zu viel Ballbesitz in diesen Bereichen führte.

Dies führte zu unterschiedlichem Erfolg. Während die strategische Intelligenz von Spielern wie Mkhitaryan und Gündogan diese Taktik zeitweise unterstützte, boten die Flügel nur begrenzten Erfolg. Doch insbesondere auf der rechten Seite gelang es dem BVB einige Male, mit starken Bewegungen von Piszczek, unterstützt durch die Präsenz von Reus und Gündogan in Kombinationen, durchzubrechen. Sie spielten einige gefährliche Rückgaben aus dem Strafraum, nachdem sie auf der rechten Flanke Raum gefunden hatten, um in eine gefährliche Position zu gelangen.

In einigen Fällen öffnete die Flügelorientierung Raum im Zentrum, da Gladbach den weiten Bewegungen von Castro und Gündogan folgte und das Mittelfeld entblößte. Trotzdem hatte Dortmund weiterhin Probleme, den Ball in diese Bereiche zu bringen, da die Strukturen um die Flügel herum oft nicht zuließen, dass der Ball nach der ersten Kombination wieder nach innen gespielt wurde. Zwischen den Spielern um den Ball war in mehreren Fällen keiner von ihnen im Halbraum positioniert, wo sie die Ballzirkulation zurück in das weniger stabile Zentrum leiten konnten.

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Im weiteren Verlauf des Spiels verbesserte sich der BVB jedoch und schaffte es, den Ball in gefährlichere Positionen im Zentrum zu bringen. Tatsächlich war einer der ersten Momente, in denen sie zentralen Zugriff schufen, der, als Gündogan nach einem spektakulären Vertikalpass von Hummels aus der Distanz die Latte traf. Sie schafften es zunehmend, Gladbachs mannorientierte Organisation durch gute Bewegungen aus dem Mittelfeld zu durchbrechen, während sie auch mehr individuelle Duelle gewannen.

Die zweite Halbzeit: Kampf und Entscheidungen

Nachdem Raffael zum 2:1 verkürzt hatte, schien Dortmund zu kämpfen, da Gladbach mit erhöhtem Druck auf das Tor der Gäste wieder ins Spiel kam. Gladbach drohte insbesondere im Umschaltspiel durch gefährliche Kombinationen durch die Mitte, wobei Raffael und Stindl im Vordergrund standen. Das Spiel wurde offener, da beide Seiten Torchancen im Angriff kreierten und ein Dortmunder Sieg alles andere als sicher war.

Als Reaktion auf diesen Momentum-Shift zeigte auch Tuchels Mannschaft ihr Potenzial als starkes Konterteam, da sie in Transition eine größere Bedrohung darstellten. Sie kreierten eine Reihe gefährlicher Situationen im Umschaltspiel, wobei eine davon letztlich zu einem Tor von Gündogan führte, nachdem Sokratis den Ball durch den rechten Halbraum getragen hatte.

Beim Stand von 2:1 wechselte Tuchel Durm und Ginter für Reus und Castro ein, eine ausgesprochen defensive Veränderung. Mit fortschreitender zweiter Hälfte erlangte Dortmund die Kontrolle schrittweise zurück und schaffte es, Gladbach durch eine erhöhte Stabilität im eigenen Ballbesitzspiel zu zähmen, während Gündogans Tor den Sieg im Borussia-Park besiegelte.

Fazit

Obwohl die Leistung weit vom Niveau des ersten Saisonspiels entfernt war, spielte Borussia Dortmund gut genug, um die Rückrunde mit einem Sieg gegen einen der stärksten Gegner der Liga zu beginnen. Trotz ihrer Probleme im Ballbesitz agierten sie insgesamt gut genug und schafften es letztendlich, Gladbachs mannorientierte Defensive zu überwinden – ein wichtiger Sieg für Tuchels Elf.

Artikel von TP am 24.01.2016