Die Mayas, eine faszinierende Zivilisation, die vor über 4000 Jahren in Mesoamerika aufblühte, gelten als eine der bedeutendsten Hochkulturen der Menschheitsgeschichte. Mit einer eigenen Sprache, ausgefeilten Gesetzen, hochentwickelter Landwirtschaft und beeindruckender Kunst schufen die Mayas ein komplexes Gesellschaftssystem, das bis heute Rätsel aufgibt.
Eine Maya-SchamaninEine Maya-Schamanin
Ihre Blütezeit erlebten die Mayas etwa zur gleichen Zeit, als auch im alten Ägypten eine Hochkultur entstand. Im dichten Dschungel des heutigen Guatemala und Mexiko errichteten sie zahlreiche beeindruckende Städte. Doch um das Jahr 800 n. Chr. begann der langsame, aber unaufhaltsame Niedergang dieser einst so mächtigen Zivilisation. Klimaveränderungen, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und verheerende Kriege werden von Forschern als die Hauptursachen für diesen Zusammenbruch angesehen.
Heute leben noch etwa sechs Millionen Mayas in Mittelamerika, die meisten von ihnen als Bauern. Viele sprechen noch ihre traditionellen Mayasprachen und haben einen Großteil ihrer einzigartigen Kultur bewahrt. Die Mayas sind die älteste der drei großen Hochkulturen auf dem amerikanischen Kontinent, zu denen auch die Inka und Azteken gehören. Wie die Indianer Nordamerikas zählen sie zu den indigenen Völkern Amerikas.
Das Reich der Maya: Eine geografische Übersicht
Das Zentrum der Maya-Kultur befand sich auf der Halbinsel Yucatán im Golf von Mexiko. Das Gebiet der Mayas erstreckt sich heute über fünf verschiedene Länder: Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador. Das Reich der Maya, das einst aus etwa 50 unabhängigen Kleinstaaten bestand, hatte eine ähnliche Größe wie das heutige Deutschland.
Bis heute ranken sich mehr Theorien als gesichertes Wissen um das Leben der Mayas. Warum sie sich ausgerechnet im tropischen Klima Yucatáns ansiedelten, ist ebenso ein Rätsel wie ihr späteres Verschwinden. Um das Jahr 600 n. Chr. begannen sie, auf Yucatán beeindruckende Städte zu erbauen, die sie jedoch nur wenige Jahrhunderte später wieder aufgaben. Diese Städte versanken im Dschungel und wurden erst Jahrhunderte später von Forschern wiederentdeckt. Bis heute werden immer wieder neue Städte und heilige Orte gefunden, die mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland freigelegt und vor dem weiteren Verfall geschützt werden.
Die Ik-Kil Cenote ist ein Kalksteinloch, mehrere Meter unter der Erde, gefüllt mit SüßwasserDie Höhle Ik-Kil war den Maya heilig und wurde als Opferstätte genutzt
Die Entdeckung einer vergessenen Welt
Die Erforschung der Maya-Kultur begann erst relativ spät. Im 18. und 19. Jahrhundert wagten sich erstmals Forscher in den mexikanischen Dschungel, um der Legende von überwucherten Tempeln nachzugehen. Anfangs konzentrierten sie sich vor allem auf die großen Bauwerke und Städte, die nach und nach freigelegt wurden. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rückten auch die Menschen in den Fokus des Interesses, die diese beeindruckenden Bauwerke erschaffen hatten.
Obwohl es viele unterschiedliche Meinungen und Interpretationen zur Maya-Kultur gibt, herrscht inzwischen weitgehende Einigkeit über die Einteilung der Maya-Geschichte in drei Hauptphasen: die vorklassische, die klassische und die nachklassische Zeit.
Pyramide des Kukulcan in MexikoPyramide des Kukulcan in Mexiko
Die Vorklassische Zeit der Maya
Die ältesten Funde, die den Mayas zugerechnet werden, stammen aus der Zeit um etwa 2000 v. Chr. Zu diesem Zeitpunkt hatten Menschen auf dem Gebiet des heutigen Belize bereits seit mehreren Jahrhunderten den Ackerbau etabliert. Woher diese Kultur stammte, ist bis heute unklar. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass alle indigenen Völker Amerikas asiatischen Ursprungs sind und einst über die Beringstraße zwischen Alaska und Sibirien einwanderten.
Erste Tempelbauten der Mayas sollen um etwa 500 v. Chr. entstanden sein. Diese frühe Phase der Maya-Kultur wird meist als “vorklassische Zeit” bezeichnet. Über diese Zeit ist nur wenig bekannt, da nur wenige Funde existieren und auch keine Schriften entdeckt wurden.
Die Klassische Zeit: Die Blütezeit der Maya
Die Blütezeit der Mayas, auch “klassische Zeit” genannt, lag zwischen 400 und 900 n. Chr. Aus dieser Zeit stammen bedeutende Maya-Orte und -Siedlungen wie Chichén Itzá, Yaxchilán und Palenque. Diese Städte hatten für damalige Verhältnisse eine enorme Größe. In jeder dieser Städte sollen mehrere zehntausend Menschen gelebt haben. Zum Vergleich: Städte wie Paris und London waren zur gleichen Zeit noch kleine Dörfer.
Die klassische Zeit ist die herausragende Phase in der Maya-Kultur, da in dieser Zeit all jene Gebäude entstanden, die noch heute auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán Forscher und Touristen in ihren Bann ziehen.
Die Nachklassische Zeit: Ein Neuanfang?
Die “nachklassische Zeit” umfasst den Zeitraum von etwa 900 bis 1500 n. Chr. Niemand weiß heute genau, was das Ende der “klassischen Zeit” verursachte. Irgendwann um das Jahr 900 verschwand ein Großteil der Bevölkerung und die großen Städte wurden verlassen.
Die verbliebenen Mayas veränderten ihre Architektur, große Tempel oder vergleichbare Anlagen wurden nicht mehr gebaut. Deshalb sprechen Forscher vom Verschwinden einer Hochkultur. Es gibt aber auch Stimmen, die dahinter einen großen Entwicklungsschritt in der Gesellschaft sehen und sogar eine Demokratisierung erkennen wollen. Anstatt ihre Arbeitskraft in den Dienst von Herrschern zu stellen und monumentale Tempel zu bauen, widmeten sich die Mayas nun ihrem eigenen Wohlstand. Doch dies ist nur eine von vielen Theorien.
Ein pyramidenförmiger Tempel mit vielen steilen Stufen, auf dessen Spitze ein Haus mit fünf Toren steht.Der Tempel von Palenque
Kultur, Kriege und Menschenopfer: Das komplexe Bild der Maya
Was die Mayas auszeichnet, sind ihre kulturellen Errungenschaften. Ihre Siedlungsgebiete waren sehr dicht bevölkert. Um die große Bevölkerungszahl mit ausreichend Nahrungsmitteln versorgen zu können, mussten die Mayas einen straff organisierten Anbau von Getreide und Gemüse entwickeln. Hierfür wurden aufwendige Bewässerungssysteme gebaut, darunter kleine Stauseen, in denen Wasser für Trockenzeiten gesammelt wurde.
Die Mayas waren auch wahre Meister der Mathematik. Berühmt ist vor allem der Maya-Kalender “Haab”, mit dem ein Jahr in 365 Tage unterteilt wurde, verteilt auf 18 Monate à 20 Tagen plus fünf Resttage. Die Mayas beobachteten die Sterne, sie bauten vermutlich sogar Observatorien.
Beeindruckend ist auch die zum Teil mehrfarbige Kunst, die auf vielen Keramikfunden und auf den Gebäuden erhalten ist. Eine weitere Besonderheit ist die Maya-Schrift. Bislang wurden etwa 800 Zeichen gefunden, von denen bis heute nicht alle entschlüsselt sind.
Eine kleine helle Jadetafel, die im Original neun Zentimeter hoch und drei Zentimeter breit ist. Darauf zu sehen sind 19 typische Maya-Schriftzeichen.Maya-Schriftzeichen
Aufgrund der vielen künstlerischen Funde wurde die Kultur der Mayas lange Zeit romantisiert. Eine friedliche Zivilisation, die für die Kunst lebt und die Sterne beobachtet – so hatte es den Anschein. Erst mit der Entschlüsselung der Maya-Schrift wurde dieses Bild korrigiert. Die Mayas entpuppten sich nun als nicht sehr friedliebend. Sie führten offenbar untereinander ständig Kriege, Menschenopfer waren an der Tagesordnung. Besiegten Feinden wurden die Köpfe abgeschlagen und als Trophäen gesammelt. Teilweise wurden die Kriege nur aus einem einzigen Grund geführt: Gefangene zu nehmen, die man anschließend foltern und opfern konnte.
Maya-Tempel von Tikal im SonnenaufgangTikal im Norden Guatemalas war die größte Stadt der Maya
Das Rätsel des Verschwindens: Warum ging die Hochkultur unter?
Plötzlich verschwand die Hochkultur der Mayas. Dieses Rätsel ist bis heute nicht vollständig gelöst – trotz der Entschlüsselung vieler Schriftzeichen. Die meisten Forscher tendieren im Wesentlichen zu einer Kombination aus drei Faktoren: Krieg, Raubbau und Dürre.