Die Elementare Bildung bildet das Fundament für die Entwicklung jedes Menschen und prägt maßgeblich den weiteren Bildungs- und Lebensweg. In einer Zeit rasanter gesellschaftlicher und technologischer Veränderungen steht die frühkindliche Bildung vor der Herausforderung, Kinder optimal auf zukünftige Anforderungen vorzubereiten, ohne dabei ihre individuellen Bedürfnisse und das Wesen des Kindseins aus den Augen zu verlieren. Eine Fachtagung am 15. Juni 2019 an der FH Campus Wien, die sich dem Bachelorstudium Sozialmanagement in der Elementarpädagogik widmete, beleuchtete genau dieses Spannungsfeld und bot tiefgehende Einblicke in aktuelle Forschung und zukünftige Perspektiven der elementaren Bildung. Diese jährliche Veranstaltung dient als entscheidende Plattform, um Studierenden und Fachinteressierten wertvolle Forschungsergebnisse und Expertenwissen näherzubringen.
Das Spannungsfeld der Elementaren Bildung: Was heißt Kindsein heute?
Die Frage “Was heißt Kindsein heute?” steht im Zentrum vieler pädagogischer und gesellschaftlicher Debatten. Oftmals wird das politische und gesellschaftliche Interesse an der elementaren Bildung von dem Wunsch getragen, Kinder zu erfolgreichen Schüler*innen zu formen und Bildungsprozesse entsprechend zu optimieren. Dies führt jedoch häufig zu einem Konflikt mit den altersspezifischen Ansprüchen, Wünschen, Interessen und individuellen Bedürfnissen der Kinder, die eigentlich den Fokus der pädagogischen Arbeit bilden sollten. Dieses grundlegende Spannungsfeld erfordert eine umfassende Betrachtung, die sowohl historische Perspektiven als auch aktuelle Entwicklungen und zukünftige Herausforderungen für das gesamte Feld der Elementarpädagogik berücksichtigt. Die Notwendigkeit, Kinder in ihren persönlichen bildungs und entwicklungsfelder ganzheitlich zu unterstützen, statt sie lediglich auf messbare Erfolge vorzubereiten, ist hierbei entscheidend. Nach der Eröffnung durch Studiengangsleiterin Nina Hover-Reisner führte Bernhard Rauh, Akademischer Rat an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die rund 120 Teilnehmer*innen in diese vielschichtige Thematik ein und regte zu weiterführenden Diskussionen an.
Bernhard Rauh spricht über die Bedeutung von Kindsein in der Elementarpädagogik
Historische Wurzeln und aktuelle Forschung in der Elementarpädagogik
Ein tieferes Verständnis der elementaren Bildung erfordert auch einen Blick in ihre Geschichte. Katharina Rösler, Lehrende im Bachelorstudium Sozialmanagement in der Elementarpädagogik an der FH Campus Wien, präsentierte ihr neu erschienenes Buch „Geschichte der Elementarpädagogik in Österreich“. Dieses Werk bietet eine umfassende historische Darstellung der Entwicklung des Fachbereichs, von den Anfängen der Bewahranstalten bis hin zur aktuellen Forschungs- und Bildungslandschaft in Österreich. Die Kenntnis dieser Entwicklung ist essenziell, um heutige Herausforderungen und Debatten einzuordnen und fundierte Entscheidungen für die Zukunft der frühkindlichen Bildung zu treffen.
Katharina Rösler stellt ihr Buch zur Geschichte der Elementarpädagogik in Österreich vor
Das umfangreiche Tagungsprogramm bot den Besucher*innen zudem die Möglichkeit, aus verschiedenen Vortragspanels zu wählen. Am Vormittag beleuchteten Studierende und Absolvent*innen im Geschichtspanel die Entwicklung des Kindergartens in Österreich. Parallel dazu präsentierten andere Teilnehmer*innen aktuelle Forschungsergebnisse in Feldern wie der Rolle von Männern in der Elementarpädagogik, dem Umgang mit Essstörungen bei Kindern und der Bedeutung von Supervision als Instrument der Qualitätssicherung. Am Nachmittag standen Vorträge zu sensiblen Themen wie verborgener Gewalt, der Herausforderung kultureller Vielfalt in elementarpädagogischen Einrichtungen und den spezifischen Anforderungen bei der Übernahme einer Leitungsposition im Mittelpunkt. Diese Themen unterstreichen die Komplexität und die weitreichenden Aufgaben, denen Fachkräfte in der frühkindlichen Bildung täglich begegnen.
Studierende präsentieren ihre Forschungsergebnisse zu aktuellen Themen der Elementarpädagogik
Interaktiver Austausch: Workshops und Posterpräsentationen zur Qualitätssicherung
Neben den Vorträgen bot die Fachtagung interaktive Formate, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen ermöglichten. In den Workshops waren die Teilnehmer*innen aktiv gefordert, sich mit den Studien der Studierenden und Absolvent*innen auseinanderzusetzen. In Kleingruppen wurden unterschiedliche Aspekte des Tagungsthemas intensiv diskutiert und bearbeitet, was den Wissenstransfer und den Austausch von Praxiserfahrungen förderte.
Teilnehmer diskutieren in Workshops über vertiefende Aspekte der Elementaren Bildung
Parallel dazu stellten zahlreiche Studierende die zentralen Erkenntnisse ihrer Forschungen im Rahmen von Posterpräsentationen vor. Dieser “Poster-Galeriespaziergang” bot einen kompakten Überblick über vielfältige Forschungsthemen, darunter die Herausforderungen elementarpädagogischer Arbeit im Kontext kultureller Vielfalt, Einstellungen zum Thema „Geschlecht“ im Kindergarten sowie die entscheidende Bedeutung des Mitarbeiter*innengesprächs für Prozesse der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung. Die breite Palette der vorgestellten Arbeiten zeigte einmal mehr die Dynamik und die Notwendigkeit kontinuierlicher Forschung in der elementaren Bildung, um den Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht zu werden. Dies trägt dazu bei, dass pädagogische Fachkräfte ihre Kompetenzen in wichtigen bildungs und entwicklungsfelder stets erweitern können.
Posterpräsentationen zu Qualitätsentwicklung und Vielfalt in der frühkindlichen Bildung
Fazit: Die vielschichtige Zukunft der Elementaren Bildung
Die Fachtagung zum Sozialmanagement in der Elementarpädagogik hat eindrucksvoll gezeigt, wie vielschichtig und relevant das Thema elementare Bildung ist. Sie bildet die Schnittstelle zwischen gesellschaftlichen Erwartungen an frühkindliche Förderungen und den fundamentalen Bedürfnissen der Kinder, ihre eigene Kindheit frei und selbstbestimmt zu erleben. Die präsentierten Forschungsergebnisse, die historische Aufarbeitung und die interaktiven Diskussionen unterstreichen die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, der sowohl wissenschaftliche Erkenntnisse als auch praktische Erfahrungen integriert. Für die Zukunft der frühkindlichen Bildung bedeutet dies, weiterhin das Spannungsfeld zwischen Optimierung und Subjektivierung konstruktiv zu gestalten und dabei stets das Wohl und die individuelle Entwicklung jedes Kindes in den Mittelpunkt zu stellen.
