Hirtenhunde verstehen: Von Arbeitstieren zu Familienmitgliedern im modernen Deutschland

Ein imposanter Herdenschutzhund bewacht aufmerksam eine Schafherde in einer ländlichen Umgebung, um sie vor potenziellen Gefahren zu schützen.

Die Faszination für Hunde der FCI Gruppe 1, also Hüte-, Treib- und Hirtenhunde wie Australian Shepherds, Border Collies oder Belgische Schäferhunde, nimmt in Deutschland stetig zu. Sie sind sowohl im Hundesport als auch als treue Familienbegleiter äußerst beliebt. Parallel dazu steigt jedoch auch die Zahl der Hunde dieser Rassen in Hundeschulen, bei Verhaltensberatern und in Tierheimen, oft als “Problemfälle” eingestuft. Dies wirft die Frage auf: Sind diese Tiere ideale Gefährten für unsere moderne Gesellschaft, oder sind sie ein lebendiger Anachronismus, dessen ursprüngliche Bestimmung mit den heutigen Lebensrealitäten kollidiert? Um diese komplexen Zusammenhänge zu beleuchten, ist es unerlässlich, die ursprüngliche Zuchtintention und Arbeitsweise dieser Hunde zu verstehen, sowie ihren Alltag als Arbeitshunde im Vergleich zu ihrer heutigen Rolle als Familienhunde zu betrachten. Dies hilft, die oft auftretenden Probleme zu erklären und Lösungsansätze zu finden. Viele zukünftige Hundeeltern suchen nach hundewelpen von privat und sollten sich der spezifischen Bedürfnisse dieser Rassen bewusst sein.

Ursprüngliche Verwendung: Hirten-, Treib- und Schäferhunde

Obwohl die Begriffe “Hirtenhunde” und “Hütehunde” im allgemeinen Sprachgebrauch oft synonym verwendet werden, bezeichnen sie nicht dasselbe. Eine präzise Unterscheidung ist wichtig, um ihre spezifischen Eigenschaften und Anforderungen zu verstehen.

Hirtenhunde vs. Hütehunde: Eine Klarstellung

Der Begriff “Hirtenhunde” ist streng genommen besser mit “Herdenschutzhunde” zu bezeichnen. Dies sind in der Regel große, kräftige Hunde wie der Sarplaninac, der Kuvasz oder der Cane de Pastore Maremmano-Abruzzese. Ihre ursprüngliche und auch heutige Aufgabe ist es, Tierherden – meist Schafe, seltener Ziegen – vor Beutegreifern wie Wölfen oder anderen Eindringlingen zu schützen. Diese Hunde wachsen als Welpen direkt mit der Herde auf, die sie später beschützen sollen. Sie werden im Schafstall geboren und entwickeln eine tiefe Bindung zu den Nutztieren. Tag für Tag begleiten sie die Herde, Sommer wie Winter, bei jedem Wetter. Mit der Rückkehr des Wolfes in Deutschland findet man diese alten Rassen wieder vermehrt in ihrer ursprünglichen Funktion.

Ein imposanter Herdenschutzhund bewacht aufmerksam eine Schafherde in einer ländlichen Umgebung, um sie vor potenziellen Gefahren zu schützen.Ein imposanter Herdenschutzhund bewacht aufmerksam eine Schafherde in einer ländlichen Umgebung, um sie vor potenziellen Gefahren zu schützen.

Treibhunde: Die Hüter der Nutztiere

Treibhunde hatten historisch die Aufgabe, Nutztiere, oft Rinder oder Schafböcke, von einem Ort zum anderen zu bewegen. Häufig war das Ziel ein Schlachthaus, und die zu treibenden Tiere waren keine friedlichen Milchkühe, sondern wehrhafte Ochsen, Hammel oder Stiere. Für diese anspruchsvolle Arbeit wurden kräftige, körperlich robuste und wehrhafte Hunde benötigt, die sich durchsetzen konnten. Sie wichen den Tritten und Stößen der Tiere aus und trieben sie mit Bellen oder gezielten Griffen – oft ein Biss in die Fessel – vorwärts, ohne die Tiere unnötig zu stressen, da dies einen Gewichtsverlust bedeuten würde. Auch heute noch ist bei vielen Treibhunden, wie dem Australian Shepherd oder dem Australian Cattle Dog, der sogenannte „heel“ oder Fersenbiss genetisch verankert.

Ein aufmerksamer Australian Shepherd mit einem Blick, der seine Intelligenz und Arbeitsbereitschaft unterstreicht.Ein aufmerksamer Australian Shepherd mit einem Blick, der seine Intelligenz und Arbeitsbereitschaft unterstreicht.

Schäferhunde: Helfer des Schäfers

Ein Schäferhund hingegen ist ein direkter Helfer des Schäfers bei der Arbeit mit Schaf- oder Ziegenherden. Bei den Schäferhunden muss zwischen Herdengebrauchshunden und Koppelgebrauchshunden unterschieden werden, da sich ihre Arbeitsweisen und die dafür spezialisierten Rassen im Laufe der Jahrhunderte deutlich entwickelt haben.

Herdengebrauchshunde: Die Wanderbegleiter

Herdengebrauchshunde begleiten die Schafherde auf ihren Wanderungen. Sie pendeln („geigen“ oder „wehren“) entlang der Herde, um sicherzustellen, dass diese auf den vorgeschriebenen Wegen bleibt und sich nicht zu weit ausbreitet, beispielsweise in angrenzende Getreidefelder. Wenn sich die Herde im Gehüt befindet, patrouilliert der Herdengebrauchshund entlang der Grenzen und treibt abweichende Tiere zurück. Dafür darf er gezielte Griffe (Nacken-, Keulen- oder Rippengriff) anwenden, die die Tiere nicht verletzen. Nur in unübersichtlichem Gelände ist Bellen erlaubt, da es die Schafe sonst erschreckt. Typische Rassen sind die Altdeutschen Hütehunde, Holländischen Schäferhunde und Deutschen Schäferhunde.

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Ein majestätischer Altdeutscher Hütehund in seinem Element, der eine große Herde Schafe souverän zusammenhält und führt.Ein majestätischer Altdeutscher Hütehund in seinem Element, der eine große Herde Schafe souverän zusammenhält und führt.

Koppelgebrauchshunde: Meister der Präzision

Koppelgebrauchshunde hatten und haben eine andere Aufgabe. Ihre Arbeit umfasst das Treiben oder Fernhalten von Tieren im Stall, auf der Koppel oder am Pferch, etwa beim Entwurmen oder Scheren. Zudem müssen sie Schafe oder Ziegen, die oft in weitem, unübersichtlichem Gelände verstreut grasen, finden, zusammentreiben und an einen anderen Ort bringen. Dafür sind nicht zu große, aber wendige und feinnervige Hunde gefragt. Sie müssen sehr selbstständig denken und arbeiten können, gleichzeitig aber auch auf kleinste Pfiffe des Schäfers über weite Distanzen reagieren. Der Border Collie ist die bekannteste Rasse der Koppelgebrauchshunde.

Zwei aufmerksame Border Collies, bereit für ihre Arbeit, die Konzentration und Intelligenz widerspiegelt.Zwei aufmerksame Border Collies, bereit für ihre Arbeit, die Konzentration und Intelligenz widerspiegelt.

Eigenschaften und die Herausforderungen im modernen Alltag

Die Anforderungen von einst prägen noch heute die Genetik und das Verhalten dieser Hunde. Dies führt im modernen Alltag oft zu Problemen, wenn der Hund nicht seinen ursprünglichen Anlagen entsprechend gehalten wird.

Herdenschutzhunde: Wächter mit hoher Reizschwelle

Neben ihrer stattlichen Größe war und ist es für einen Herdenschutzhund entscheidend, eine hohe Reizschwelle zu besitzen. Gleichzeitig zeichnen sie sich durch ein gewisses Misstrauen gegenüber allem Fremden und die Bereitschaft aus, ihre “Familie” – die Herde – kompromisslos zu verteidigen, notfalls mit dem eigenen Leben. Ein Herdenschutzhund bewacht und überwacht seine Herde. Nähert sich ein Eindringling, wird er diesen zunächst massiv verbellen und drohen. Werden diese Warnungen ignoriert, setzt der Herdenschützer deutlicher seine Zähne als letztes Mittel ein. Fälschlicherweise werden Herdenschutzhunde oft als stur bezeichnet. Doch ihre Eigenständigkeit ist das Ergebnis jahrhundertelanger Selektion, da sie oft ohne menschliche Anweisung handeln mussten, um die Herde zu schützen. Ein Hund, der nicht selbstständig agieren konnte, war für diese Aufgabe nutzlos.

Hütehunde – Herdengebrauchshunde: Ausdauer und Jagdtrieb

Auch Herdengebrauchshunde hatten neben ihrer Funktion als “lebende Grenze” die Aufgabe, die Herde vor Dieben zu schützen. Daraus resultiert neben einer immensen Ausdauer und Leistungsfähigkeit eine gewisse Verteidigungsbereitschaft, die diesen Rassen eigen ist. Viele Herdengebrauchshunderassen haben einen hohen Bewegungsdrang, eine ausgeprägte Beutemotivation und eine gewisse Jagdleidenschaft. Das “Hüten von Schafen” und das “Jagen von Beute” teilen mehr Gemeinsamkeiten, als mancher Halter ahnt: Orten, Anschleichen, Fixieren, Treiben, Einkreisen… nur das Töten wurde wegselektiert. Dennoch gibt es auch heute Hunde, die für die Hütearbeit ungeeignet sind, weil sie zum Beispiel Lämmer verletzen statt nur anzustupsen oder die Schafe jagen. Selbst nach Jahrhunderten der Selektion ist es nicht immer einfach, gute Arbeitshunde für Wanderherden zu finden.

Koppelgebrauchshunde: Sensibilität und Reizüberflutung

Bei den Koppelgebrauchshunden, deren Ursprung in Großbritannien liegt, war eine gewisse Schärfe unnötig, da Wölfe dort schon lange ausgerottet waren. Dennoch gibt es auch hier Hunde, die eher jagen als schonend hüten würden. Die Behauptung, Border Collies hätten keinen Jagdtrieb, ist ein Märchen. Koppelgebrauchshunde wurden darauf selektiert, auf kleinste Pfiffe und Gesten des Schäfers zu reagieren. Dies ging jedoch mit einer großen Sensibilität und Reizempfänglichkeit einher, die dazu führt, dass diese Rassen eine ruhige Umgebung benötigen. Sie neigen zum Überdrehen und werden von zu vielen Reizen regelrecht überflutet und überfordert. Geräuschängste und eine generelle Überforderung sind häufige Probleme. Ein britische katze oder ein britisch katze mag weniger empfindlich sein, doch diese Hunde sind hochsensibel. Das Gehirn hochsensibler Hunde kann unwichtige Reize oft nicht ausblenden, was zu permanentem Stress führt und sehr anstrengend ist. Bei zu starkem Stress kann es zu einem “Overload” im Gehirn kommen. Selbst normale Umweltgeräusche wie Verkehrslärm können für solche Hunde unerträglich sein. Dies äußert sich in Überaktivität, Unruhe, übermäßigem Bellen oder Rückzug. Solche Hunde sind oft schon mit einem normalen, turbulenten Familienalltag überfordert und benötigen Ruhe, Geduld und viel Verständnis.

Ein wunderschöner Langhaarcollie blickt aufmerksam in die Ferne, seine elegante Erscheinung und sanfte Art betonen.Ein wunderschöner Langhaarcollie blickt aufmerksam in die Ferne, seine elegante Erscheinung und sanfte Art betonen.

Treibhunde: Kommunikativ und bewegungsfreudig

Treibhunde mussten für ihre Arbeit mehrere Eigenschaften vereinen: eine kräftige, laute Stimme, die Bereitschaft, diese einzusetzen, und die Fähigkeit, von ihren Zähnen Gebrauch zu machen. Gleichzeitig mussten sie auf leiseste Fingerzeige des Treibers/Hirten reagieren, aber auch eigenständige Entscheidungen treffen und ausführen können. Dies, zusammen mit einem großen Bewegungsbedürfnis, prägt die meisten Treibhunderassen bis heute. Sie sind oft äußerst kommunikativ und ihre Reizempfindlichkeit in Kombination mit ihrem Bewegungsdrang ist eine direkte Folge der Selektion auf ihr früheres Betätigungsfeld.

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Haltung früher und heute: Ein Blick auf den Arbeitsalltag

Obwohl sich die Nutztierzucht gewandelt hat, gibt es noch immer Hunde, die ihrem ursprünglichen Job nachgehen. Deren Alltag unterscheidet sich kaum von dem ihrer Vorfahren. Zwar sind die großen Rinder- und Schweineherden, die von Treibern und Hunden zum Schlachthof geführt wurden, in Deutschland verschwunden, und auch in Großbritannien übernehmen heute oft Lastwagen den Transport. Für Treibhunde ist das ursprüngliche Betätigungsfeld somit weitestgehend entfallen.

Es gibt aber noch Wanderschafherden – wenn auch selten geworden – und Koppelherden, und damit auch Herdengebrauchshunde und Koppelgebrauchshunde.

Der Herdengebrauchshund: Eine jahrelange Ausbildung

Die Lehrzeit eines Herdengebrauchshundes beginnt je nach Schäfer und Tradition zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Anfangs wird der junge Hund zwar ab und zu zur Herde mitgenommen, aber noch nicht aktiv eingesetzt. Er begleitet den Schäfer an der Leine, lernt die tägliche Routine kennen und übt vor allem Ruhe und Frustrationstoleranz. Abends kehrt er in sein Nachtlager zurück, um das Gesehene zu verarbeiten und sich zu erholen. Erst nach Wochen oder Monaten darf der vierbeinige Lehrling bei kurzen Einsätzen sein genetisches Potenzial zeigen. Die Ausbildung zum vollwertigen Arbeitshund dauert bis zu fünf Jahre. Die Arbeitsbelastung steigt mit Alter und Reife, besonders während des Herdenzuges. Frühmorgens beim Kontrollgang, dann beim Austrieb und Herdenzug sind volle Konzentration und Einsatz gefragt. Ein guter hundemantel schützt den Hund dabei vor Wind und Wetter. Läuft die Herde 15 Kilometer, legen die Hunde diese Strecke vielfach zurück. Ein Schäfer hält in der Regel mehrere Hunde, um die Arbeitslast zu verteilen und den einzelnen Tieren Erholung zu ermöglichen. Der Arbeitstag kann bis spät abends dauern. Die harte Realität hat mit “Schäferromantik” wenig zu tun. Wenn man einem Herdengebrauchshund oder Herdenschutzhund in seinem ursprünglichen Umfeld begegnet, sollte man seinen eigenen Hund an die Leine nehmen und mit großem Abstand und langsam an der Herde vorbeigehen. Dies zeigt Respekt und minimiert die Beunruhigung der Tiere und des arbeitenden Hundes. Trächtige Schafe können bei Schrecken oder Hetze ihre ungeborenen Lämmer verlieren.

Der Koppelgebrauchshund: Präzision und psychische Belastung

Auch beim Koppelgebrauchshund beginnt die Ausbildung oft zwischen einem halben und einem Jahr. Der vierbeinige Lehrling wird meist gezielt an einer kleinen Gruppe Schafe trainiert, auch wenn der spätere Einsatz Rinder betreffen sollte. Die Ausbildung an Schafen ist feiner und präziser, und Rinder sind sehr wehrhaft, was für einen jungen Hund gefährlich sein könnte. Der junge Hund lernt zuerst die wichtigsten Kommandos wie das Laufen gegen/im Uhrzeigersinn, Nachtreiben, Stoppen, Einholen der Herde, den Outrun und das Halten der Herde. Später folgen das Separieren, das Arbeiten mit Teilen der Herde und das Sammeln einzelner Tiere. Auch hier gilt: Die Ausbildung dauert viele Jahre, ein Sprichwort besagt: “Junger Hund: 1-4 Jahre, guter Hund: 4-8 Jahre, alter Hund: ab acht Jahre.” Die Arbeit in einer Koppelschäferei ist physisch und psychisch anspruchsvoll. Je kleiner die Herde, desto schwieriger die Kontrolle, da der Hund seinen Druck viel feiner dosieren muss. Diese Anstrengung erfordert feinnervige Hunde und bedeutet Stress. Daher werden Koppelgebrauchshunde zwischen den Arbeitseinsätzen in reizarmen, ruhigen Bereichen untergebracht, damit sie abschalten und sich entspannen können.

Der Hütehund in der „Moderne“ – Familienhunde im urbanen Umfeld

Wenn man die bisherigen Ausführungen betrachtet, wird schnell klar, dass hirtenhunde und andere Hütehunde sehr anspruchsvolle Tiere sind, die entgegen oft verbreiteter Meinungen nicht unbedingt die idealen “familienfreundlichen Anfängerhunde” sind. Ihre Gene und ihr Verhalten wurden über Generationen für spezifische Aufgaben geformt. Ein bellfreudiger Australian Shepherd in einer Mietwohnung in der Stadt bei einem berufstätigen Paar lebt gegen seine Natur. Genauso wie ein Harzer Fuchs oder ein feinnerviger Border Collie, der im Hundesport bis zur Überforderung gepusht wird. Die meisten Hunde dieser Rassen sind so feinnervig und sensibel, dass es ihnen nicht gut tut, wenn sie körperlich zwar ausgelastet werden, ihnen aber zu wenig Möglichkeiten zur Entspannung geboten werden. Ein golden retriever kurzhaar mag andere Bedürfnisse haben, aber bei Hütehunden ist die mentale Auslastung und Ruhe entscheidend.

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Im Laufe der Zeit kommt es bei einigen Hunden zu stressbedingten körperlichen Krankheiten oder einem “Melt-down”, bei dem ihnen buchstäblich die “Sicherungen durchbrennen” und sie sich oder andere schädigen, sei es durch das Jagen von Autos oder Beißen. Leider wird dann oft versucht, diese Verhaltensweisen durch falsche und zu harte Erziehungsmaßnahmen abzugewöhnen, was zum Scheitern verurteilt ist, da hier grundlegend falsch angesetzt wird. Hütehunde sind keine einfachen Hunde. Obwohl sie häufig auf Hundeplätzen anzutreffen sind, ist weniger oft mehr, denn sie werden nicht umsonst als “Autisten unter den Hunden” bezeichnet. Aufgrund ihrer Geschichte und ursprünglichen Verwendung sind sie sehr reizempfindlich und empfindsam. Sie brauchen Besitzer, die bereit sind, sich mit ihren spezifischen Bedürfnissen auseinanderzusetzen und sich nicht von ihrem attraktiven Äußeren oder ihrer schnellen Auffassungsgabe blenden lassen. Es ist wichtig, die einzigartigen Anforderungen dieser wunderbaren Rassen zu erkennen und zu respektieren, um ihnen ein erfülltes Leben als Familienmitglieder zu ermöglichen.

Ein wunderschöner Groenendael, ein Belgischer Schäferhund, präsentiert sich mit seinem dichten, schwarzen Fell und aufmerksamem Ausdruck.Ein wunderschöner Groenendael, ein Belgischer Schäferhund, präsentiert sich mit seinem dichten, schwarzen Fell und aufmerksamem Ausdruck.

Die Autorin: Eine Leidenschaft für Hütehunde

Mein Interesse an Hunden war schon immer da. Mit einem Hund aufgewachsen, hatte ich meinen ersten eigenen Hund mit 18 Jahren, der mich durch mein Studium begleitete. Semesterferien verbrachte ich in verschiedenen Schäfereien, um zu arbeiten und zu lernen. Nach meinem zweiten Staatsexamen, als eine Anstellung ausblieb, wechselte ich ganz in die Landwirtschaft und arbeitete als Schäferin. In dieser Zeit lernte ich viele Hunde kennen und war fasziniert davon, wie aus den drei Teilen – Herde, Hund und Schäfer – ein harmonisches Ganzes entstehen konnte. Kollegen baten mich immer wieder, ihre Hunde als Schafsarbeitshunde anzulernen, da sie die Freude und Begeisterung meiner eigenen Hunde bei der Arbeit sahen.

Nach einigen Jahren wechselte ich in eine lehrende Tätigkeit, behielt jedoch meine eigene Schafzucht bei. In meiner Freizeit vertiefte ich mein Wissen über Hunde, wobei mein Hauptinteresse weiterhin den Hütehunden galt. Ich war Mitglied in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften und Gesellschaften, wie der Arbeitsgemeinschaft Altdeutscher Hütehunde, der International Sheepdog Society und dem Club für Britische Hütehunde, sowie der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haus- und Nutztierrassen. Ich gab Workshops für neue Schafhalter und angehende Hütehundbesitzer und half, unerwünschten Arbeitshunden ein neues Zuhause zu suchen, wenn ihre Besitzer verstarben, Schäfereien aufgegeben wurden oder die Hunde altersbedingt nicht mehr arbeiten konnten.

Heute bin ich in keinem Verein oder Verband mehr aktiv. Ein Blick hinter die Kulissen erschütterte mich und veränderte alles. Ich begegnete Praktiken im Zuchtgeschehen, im Sport und bei Wettkämpfen, die nicht nur unglaublich, sondern tierschutzrelevant waren. Ich erfuhr von Züchtern, die eigentlich Vermehrer waren, und von denen, die resigniert aufgaben, weil die Neubesitzer ihren Welpen nicht gerecht wurden. All dies setzte einen Prozess des Infragestellens in Gang. Ich kündigte alle Mitgliedschaften und konzentrierte mich auf meine eigenen Tiere, las viel und lernte.

Die Bekanntschaft mit einer hervorragenden Hundetrainerin, die anders trainierte als die meisten, entzündete den Funken, noch tiefer in das Verhalten der Hunde einzutauchen. Aus der Lehrerin wurde wieder eine Schülerin. Ich lernte, was ich früher falsch gemacht hatte und viele Dinge neu zu bewerten. Noch heute lerne ich ständig dazu. Lernen macht demütig, denn man kann nie alles wissen. Doch es ist wichtig, um Dinge zu ändern. Heute gebe ich mein Wissen und meine Erfahrung weiter – an diejenigen, die interessiert, aufgeschlossen und lernwillig sind. Zwar lernen sie bei mir nicht mehr, wie sie ihren Hütehund an den Schafen ausbilden können. Aber gerade junge Menschen – Kinder – lernen in meinem Hauptberuf, dass Hunde und Tiere im Allgemeinen Lebewesen mit einer eigenen, schützenswerten Würde sind, die es zu achten und zu respektieren gilt. Ältere Menschen – Erwachsene – versuche ich, durch das geschriebene Wort zu erreichen. Damit sie meine eigenen Fehler nicht wiederholen und manche vielleicht gar nicht erst machen. Für sie und für ihre Hunde.