Hitlers Hund Blondi: Das tragische Ende eines treuen Begleiters und sein letzter Pfleger Fritz Tornow

Paulinenhof in Hervest-Dorsten, ehemalige Wirkungsstätte von Fritz Tornow, Hitlers Hundeführer, nach 1945 als Hundefutterfabrikant.

Die Geschichte von Adolf Hitlers Schäferhündin Blondi und ihrem Hundeführer Fritz Tornow ist ein faszinierendes, wenn auch düsteres Kapitel der deutschen Historie. Sie beleuchtet nicht nur die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs aus einer ungewöhnlichen Perspektive, sondern wirft auch ein Licht auf die menschliche Natur inmitten des Grauens. Thomas Bernhard beschrieb in seinem Werk „Beton“ die Perversion sogenannter Tierliebe, die, wenn von Diktatoren praktiziert, Millionen ins Unglück stürzen kann. Die folgende Abhandlung über Hitlers Hund Blondi und das Schicksal ihres Pflegers Fritz Tornow, dem Wehrmacht-Feldwebel, der sie bis zum bitteren Ende begleitete, taucht tief in diese Thematik ein und korrigiert gängige Mythen.

Fritz Tornow: Vom Wehrmacht-Feldwebel zum Hundefutter-Fabrikanten

Fritz Tornow war während des Zweiten Weltkriegs als Feldwebel der Wehrmacht Hitlers persönlicher Hundebetreuer. Seine primäre Aufgabe war die Pflege und Führung von Blondi, der Schäferhündin, die Hitler besonders zugeneigt war. Tornows Dienst umfasste sowohl den Berghof am Obersalzberg in Berchtesgaden als auch die verschiedenen Führerhauptquartiere und zuletzt den berüchtigten Führerbunker unter der Reichskanzlei in Berlin. Wenige Stunden vor dem Suizid Hitlers am 30. April 1945 stand Tornow vor der herzzerreißenden Aufgabe, Blondi, die Hunde Eva Brauns und sogar seinen eigenen Dackel zu töten.

Nach dem Krieg änderte Paul-Fritz Tornow, der sich fortan Paul nannte, seinen Lebensmittelpunkt und seine Karriere. Zunächst lebte er in Gelsenkirchen, wo er eine Hundepension betrieb und mit der Produktion von Hundefutter begann. In den 1960er-Jahren bis Mitte der 1970er-Jahre bewohnte Fritz Tornow den Paulinenhof in Hervest-Dorsten, der zuvor dem Kulturjournalisten Albert Schulze Vellinghausen gehörte, und führte dort seine Hundefutterproduktion fort.

Paulinenhof in Hervest-Dorsten, ehemalige Wirkungsstätte von Fritz Tornow, Hitlers Hundeführer, nach 1945 als Hundefutterfabrikant.Paulinenhof in Hervest-Dorsten, ehemalige Wirkungsstätte von Fritz Tornow, Hitlers Hundeführer, nach 1945 als Hundefutterfabrikant.

Im Jahr 1976 verkaufte er seine Anteile an der Hundefutterproduktion im Paulinenhof an Mitgesellschafter. Das Unternehmen Paul Tornow existierte in Gelsenkirchen bis 2018. Fritz Tornow verbrachte noch einige Jahre mit seiner Lebensgefährtin und ihrer gemeinsamen Tochter Katja in Dorsten-Wulfen, bevor er Anfang der 1980er-Jahre in die Nähe von Ibbenbüren zog. In den 1990er-Jahren siedelte er in ein Altenheim in Gelsenkirchen über, wo er Ende der 90er-Jahre verstarb. Über seine außergewöhnliche Tätigkeit als Hundeführer Adolf Hitlers sprach er Zeit seines Lebens offen mit Kunden und Mitarbeitern.

Die letzten Stunden im Führerbunker: Hitlers Befehl und Blondis tragisches Schicksal

Fritz Tornow erlangte erst nach dem Krieg internationale Bekanntheit, als andere Überlebende der letzten Bunkertage, wie Hitlers Sekretärin Traudl Junge oder sein Telefonist Rochus Misch, ihre Memoiren veröffentlichten. Im Spielfilm „Der Untergang“ (2004), der auf Junges Erinnerungen basiert, wird die dramatische Szene festgehalten, in der Hitler Tornow befiehlt, den Hund zu vergiften: „Tornow, kommen Sie!“.

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Hitler hatte sich von dem SS-Arzt Ludwig Stumpfegger Giftkapseln für seinen und Eva Brauns geplanten Freitod besorgt. Er wollte die Wirksamkeit dieser Kapseln an seiner geliebten Hündin Blondi testen. Hitler war Zeuge, wie seine Schäferhündin qualvoll verendete. Anschließend befahl er Tornow, auch die fünf Welpen von Blondi und Eva Brauns Hunde zu erschießen oder mit Giftspritzen zu töten. Joachim Fest beschreibt in seinem Werk „Der Untergang“ die erschütternde Situation: Hitler befürchtete, das Tier könnte den Russen in die Hände fallen, was ihn krank machte. Zudem war ihm die Erprobung des Blausäure-Gifts wichtig, da er nach Himmlers Verrat an der Zuverlässigkeit der SS-Beschaffung zweifelte. Tornow zerdrückte die Ampulle im Maul des Hundes, und Blondi fiel „wie vom Blitz getroffen“ zur Seite. Hitler kam kurz darauf zum Bunkerausgang, um „von dem Hund Abschied“ zu nehmen. Zeugen berichteten, er habe danach „wie seine eigene Totenmaske“ ausgesehen und sich „wortlos in sein Zimmer eingeschlossen“. Oben, nahe dem Gartenausgang, erschoss Tornow unterdessen auch die fünf Welpen von Blondi.

Augenzeugenberichte und die emotionale Last der letzten Tage

Die Welpen von Blondi mussten Tornow den Kindern des Ehepaars Goebbels abnehmen, die mit ihnen spielten. Ein Wachsoldat soll sich sogar einen der Welpen genommen und ihm im angetrunkenen Zustand den Namen „Cognac“ gegeben haben. Tornow musste auch Eva Brauns zwei Hunde töten, bevor er seinem eigenen Dackel die Giftspritze verabreichte.

Rochus Misch, Hitlers SS-Leibwächter und Telefonist, war ebenfalls Augenzeuge der letzten Tage im Führerbunker. In seinen 2007 erschienenen Erinnerungen „Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter“ schildert er die Szene der Vergiftung Blondis detailliert: Professor Werner Haase, Hitlers Begleitarzt, und SS-Arzt Prof. Dr. Stumpfegger sprachen leise mit Hitler. Dann verschwanden Haase und Tornow mit Blondi im Waschraum. Misch schielte durch die offene Tür und sah, wie Tornow Blondi die Schnauze aufhielt und Haase eine Zange ins Maul schob, um einen kleinen, darin festgeklemmten Gegenstand zu zerdrücken. Es gab ein knackendes Geräusch, und Blondi sackte augenblicklich zusammen. Hitler trat kurz vor, verharrte einige Sekunden, wandte sich schweigend ab und verschwand in seinem Zimmer. Der Geruch von Bittermandeln erfüllte den Raum. Die erst Anfang April geborenen fünf Welpen erschoss Tornow oben im Garten, nachdem das tote Muttertier entfernt worden war. Misch war sich sicher: Nachdem Hitler seinen Liebling umgebracht hatte, würde er nicht lange zögern, selbst in den Tod zu folgen.

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Hitlers Krankenschwester Erna Flegel gab nach ihrer Festnahme zu Protokoll, der Tod der Hündin Blondi habe die Menschen im Bunker „mehr erschüttert als der Tod Eva Brauns“. Am 2. Mai 1945 besetzten Rotarmisten die Reichskanzlei und den Führerbunker. Fritz Tornow ergab sich den russischen Soldaten zusammen mit Erna Flegel, dem Elektrotechniker Johannes Henschel und dem SS-Arzt Prof. Werner Haase. Die Sowjets brachten Tornow in die Sowjetunion, wo er im Moskauer Gefängnis Lubjanka verhört und gefoltert wurde. Mitte der 1950er-Jahre wurde er in den Westen entlassen.

Blondi, Hitlers geliebter Schäferhund, fotografiert im Jahr 1944, ein Jahr vor ihrem tragischen Tod im Führerbunker.Blondi, Hitlers geliebter Schäferhund, fotografiert im Jahr 1944, ein Jahr vor ihrem tragischen Tod im Führerbunker.

Mythen und Fakten um Hitlers Hund Blondi und ihren Pfleger

Wer heute auf US-amerikanischen Websites nach „Fritz Tornow“ sucht, wird erstaunt sein über die Fülle an Diskussionsbeiträgen, die sich um Hitlers Hund Blondi und ihren „Hundeführer“ ranken. Es gibt tausende von Seiten mit Spekulationen, die von der Beinlänge Blondis bis zum korrekten Wuchs ihrer Ohren reichen. Über Tornow selbst werden jedoch kaum Fakten, sondern vor allem irrwitzige Mutmaßungen verbreitet: Er sei Hitlers Tierarzt oder Apotheker gewesen, habe einen Heldentod gestorben, sei von den Russen in Moskau ermordet worden oder hätte sich nach Südamerika abgesetzt.

Tatsächlich geben die sowjetischen Obduktionsbefunde, die der sowjetische Autor L. A. Besymenki 1968 in der ZEIT (Nr. 31/1968) schilderte, Aufschluss über das Ende von Hitlers Hunden. Besymenki, der dem Stab des Sowjetmarschalls G. K. Shukow angehörte, berichtete über die Untersuchung zweier Hundeleichen aus einem Trichter im Garten der Reichskanzlei. Ein großer deutscher Schäferhundkadaver wies „zwei Splitter einer dünnwandigen Glasampulle“ auf der Zungenschleimhaut auf, und die Analyse ergab Zyanverbindungen. Bei einem kleineren, schwarzen Hund wurde ein Kopfdurchschuss festgestellt, und auch hier ergab die chemische Untersuchung das „Vorhandensein von Zyanverbindungen“. Professor Dr. Wladimir Michajlowitsch Smoljaninow, ein bekannter sowjetischer Gerichtsmediziner, interpretierte dies als eine „Toxikologische Probe“: Einem Hund wurde eine Ampulle im Maul zerdrückt, der andere musste die Ampulle schlucken und wurde dann erschossen.

Professor Smoljaninows Deutung wird durch die Erinnerungen Otto Günsches, Hitlers SS-Adjutant, bestätigt: Haase hielt eine Zyankali-Ampulle und eine Zange. Er hatte von Hitler den Befehl, Blondi zu vergiften, um die Wirkung des Giftes zu erproben. Um Mitternacht wurde Blondi auf der Toilette vergiftet. Tornow riss dem Hund das Maul auf, Haase zerdrückte die Giftampulle. Das Gift wirkte sofort; Hitler kam kurz darauf, um sich zu überzeugen, dass Blondi tatsächlich vergiftet war. Er sagte kein Wort, sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Günsche berichtet weiter, dass der zuerst erwähnte Schäferhund Hitlers Lieblingshund Blondi war. Der kleinere Hund war allem Anschein nach „Wolf“, ein Sohn von Blondi. Günsche schildert auch, wie Tornow, völlig betrunken, im Bunker der Neuen Reichskanzlei herumlief und schrie: „Der Führer ist gestorben, rette sich, wer kann!“ Dies löste Panik unter den Bunkermitgliedern aus. Es stellte sich heraus, dass Tornow zuvor die Welpen von Blondi, darunter auch „Wolf“, sowie die Hunde von Eva Braun, von Hitlers Sekretärin Frau Christian und seinen eigenen Hund eigenhändig erschossen hatte.

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Der Führerbunker: Ort der letzten Entscheidungen

Der Führerbunker unter der Neuen Reichskanzlei, 16 Meter unter der Erde gelegen und durch Treppen vom Gebäude und Garten aus zugänglich, diente in den letzten Kriegswochen als letzte Zuflucht und Befehlszentrale Hitlers und der Familie Goebbels. Mit einer 2,80 Meter dicken Betondecke und doppelten Panzertüren geschützt, verfügte er über medizinische Einrichtungen. Hier heiratete Hitler am 29. April Eva Braun und nahm mit ihr gemeinsam das Leben.

Fazit: Das Ende einer Ära und die Spuren eines Hundes

Die Geschichte von Fritz Tornow und Hitlers Hund Blondi ist mehr als nur eine Anekdote am Rande des Zweiten Weltkriegs. Sie ist ein Zeugnis der letzten, surrealen Tage im Führerbunker, geprägt von Verzweiflung und der Perversion von Macht. Tornow, der in seinem späteren Leben ein unauffälliger Bürger und Hundefutterproduzent wurde, trug eine einzigartige und schwere Bürde als letzter Pfleger von Hitlers Schäferhündin. Ihr tragisches Ende durch Hitlers eigenen Befehl ist ein erschütterndes Detail, das die Brutalität des Regimes und die psychologische Verfassung seines Anführers widerspiegelt. Die detaillierten Augenzeugenberichte und Obduktionsbefunde leisten einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufklärung und entlarven gleichzeitig die vielen Mythen, die sich bis heute um dieses dunkle Kapitel ranken.

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Quellen/Literatur:
  • Bulloch, Alan. „A. Hitler. Study in Tyranny“, Penguin Books 1962.
  • Besymenki, L. A. „So starb Hitler“, Die Zeit Nr. 31/1968.
  • Lehmann, Armin D. „In Hitler’s Bunker: A Boy Soldier’s. Augenzeugenbericht. Last Days des Führers“.
  • Fest, Joachim. „Der Untergang“, Fest 2001.
  • Junge, Traudl. „Bis zur letzten Stunde. Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben“, Clasen, 2002.
  • Verfilmung „Der Untergang“ von Bernd Eichinger und Oliver Hirschbiegel, 2004.
  • „Hitlers nurse breaks 60 years of silence“ in „The Guardian“, London, vom 2. Mai 2005.
  • Misch, Rochus. „Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter“, 2007.
  • Tillmann, Peter. Gelsenkirchen (Sohn des Teilhabers der Paul Tornow-Futtermittelfabrik), Gelsenkirchen 2019.