Kennen Sie das? Sie sehnen sich nach Urlaub, planen alles bis ins kleinste Detail – und kommen gestresster zurück als Sie gefahren sind? Warum moderner Urlaub oft keine echte Erholung bringt und was wir stattdessen brauchen, um wirklich abzuschalten, darüber möchte ich heute nachdenken. Es geht um die Tücken des Reisens, die Sehnsucht nach Authentizität und die Kunst, auch zu Hause zur Ruhe zu kommen. Im Urlaub Keine Erholung – ein Gedanke, der immer mehr Menschen beschäftigt.
Silhouette des Hamburger Hafens bei Sonneuntergang
Der stille Zwang zur Urlaubsreise
Urlaub ist heilig. Das denken wir zumindest. Er ist das Licht am Ende des Tunnels, die Belohnung für harte Arbeit. Aber was, wenn der Urlaub selbst zum Stressfaktor wird? Was, wenn er sich anfühlt wie eine Pflichtübung, ein sozialer Zwang?
Der Historiker Valentin Groebner hat ein interessantes Buch geschrieben: “Ferienmüde”. Er stellt darin die provokante Frage, was wäre, wenn wir einfach mal… nicht verreisen? Ist es wirklich unsere freie Entscheidung, oder reisen wir, weil es “alle tun”? Weil es erwartet wird?
Die Erschöpfung der Erholung
Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Urlaube, nach denen ich müder war als vorher. Nicht körperlich, aber mental. Erschöpft vom “Müssen”: schöne Ausflüge machen, gutes Essen genießen, die perfekte Balance zwischen Aktivität und Entspannung finden.
Das Resultat? Oft das Gefühl, nicht wirklich angekommen zu sein. Statt Erholung bleibt der Gedanke: “Nächstes Jahr machen wir es anders.” Vielleicht wäre ein kloster zur erholung eine passende alternative für Sie?
Abendstimmung an der dänischen Westküste
Der mobile Käfig: Gleiche Routine, andere Kulisse
Das Perfide am Reisen ist: Es verspricht Erneuerung, liefert aber oft nur Routine mit Meeresrauschen. Wir fliehen aus dem Alltag und landen in einer leicht veränderten Version davon, mit anderen Möbeln und schlechterem WLAN. Groebner nennt das den “mobilen Käfig”.
Wir suchen nach Orten, die uns an frühere, intensivere Zeiten erinnern: den ersten Urlaub zu zweit, die Sommer mit den Kindern. Aber die Realität holt uns ein: Zeckenwarnung statt unbeschwerter Leichtigkeit, Regenwetter statt strahlendem Sonnenschein. Erinnerungen verklären oft die Realität.
Die Illusion der Authentizität
Die Reiseindustrie verkauft uns ein Gefühl: Authentizität. Ursprünglichkeit. Das “echte Leben”. Die “verborgenen Juwelen” in der Toskana, die “Geheimtipps” auf Mallorca. Aber ist das nicht alles nur eine Inszenierung? Ein Theaterstück, in dem wir mitspielen?
Der authentische Eindruck ist oft nur Fassade und selten die Realität.
Dame im Liegestuhl auf der Costa Venezia
Entschleunigung auf zwei Rädern
Wie entkommt man diesem Wahnsinn? Groebner empfiehlt: Radfahren! Mit dem Tandem quer durch Frankreich. Zwei Menschen, ein Sattel, viele Wadenkrämpfe – aber auch der Wind im Gesicht und das Gefühl, wirklich unterwegs zu sein, ohne Ziel, aber mit Sinn.
Das leise Surren der Reifen, das beruhigende Gefühl, wirklich unterwegs zu sein.
Ich selbst liebe Radtouren, besonders in Dänemark und Schweden. Diese stillen Wege durch Heide und Dünen, die salzige Luft, das Rauschen des Meeres: Das ist für mich ein Stück Freiheit auf zwei Rädern. Ein ferien erholung abseits des Massentourismus.
Urlaub als mobiler Käfig: Wasserrutsche hinter Netz auf einem Kreuzfahrtschiff
Balkonien mit Tiefgang
Trotzdem bin ich auch ein großer Fan des Verreisens ohne Verreisen. Ich nenne es “Balkonien mit Tiefgang”. Ein bequemer Stuhl, ein gutes Buch, vielleicht eine Katze, und der feste Wille, nichts zu planen.
Keine Liste mit Sehenswürdigkeiten, keine Timeslots fürs Abendessen. Einfach sein. Einmal habe ich den ganzen August zu Hause verbracht. Keine Termine, keine To-dos. Nur Balkon, Bücher und baden im See. Es war herrlich.
Vielleicht ist das die neue Freiheit: sich vom Drehbuch zu lösen. Keine Postkartenmotive zu sammeln, sondern echte Erinnerungen. Und die müssen nicht mal weit weg entstehen.
Wenn Erholung erschöpft
Das Verschlampen des Sommers
Groebner nennt das “das Verschlampen des Sommers”. Wer nichts plant, bekommt mehr geschenkt.
Ich lasse mich überraschen. Vom Nichtstun. Vom Jetzt. Vom Geräusch der Amsel um sechs Uhr morgens. Und von dem Gefühl, das sich einstellt, wenn man merkt: Ich brauche gerade keinen Urlaub. Ich bin schon da.
Und falls ich doch mal wieder wegfahre – dann nur mit leichtem Gepäck, ohne Erwartungen und mit einem offenen Herzen.
Urlaubsmüde? Dagegen hilft Radfahren in Dänemark
Fazit: Echte Erholung finden
Vielleicht ist es an der Zeit, unsere Vorstellung von Urlaub zu überdenken. Nicht als Pflichtübung, sondern als Chance zur echten Erholung. Ob auf dem Rad, zu Hause oder an einem unbekannten Ort – wichtig ist, dass wir uns vom Zwang befreien, den “perfekten” Urlaub erleben zu müssen. Denn die beste Erholung beginnt im Kopf – und oft ist sie näher, als wir denken. Lassen Sie sich überraschen und genießen Sie den Moment!
Buchtipp: „Ferienmüde“ von Valentin Groebner
Historiker Valentin Groebner zieht in „Ferienmüde. Als das Reisen nicht mehr geholfen hat“ ein schonungsloses Resümee von Reiselust und -frust.