Immunsystem aufbauen: So stärken Sie Ihre Abwehrkräfte auf natürliche Weise

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Einleitung: Das Immunsystem – Ihr körpereigener Schutzschild

In einer Welt, die von ständigen Herausforderungen für unsere Gesundheit geprägt ist, gewinnt das Thema Immunsystem Aufbauen immer mehr an Bedeutung. Unser Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus Zellen, Geweben und Organen, das uns vor Krankheitserregern wie Bakterien, Viren und Parasiten schützt. Ein starkes Immunsystem ist die beste Verteidigung gegen Infektionen und spielt eine entscheidende Rolle für unser allgemeines Wohlbefinden. Doch was passiert, wenn dieses System geschwächt ist? Oft unterschätzen wir die Bedeutung einer guten Immunabwehr, bis sie uns im Stich lässt. Die gute Nachricht ist: Wir können aktiv dazu beitragen, unser Immunsystem zu stärken und widerstandsfähiger zu machen. Dieser Artikel beleuchtet, wie Sie durch gezielte Maßnahmen Ihr Immunsystem aufbauen und somit Ihre Gesundheit nachhaltig fördern können.

Die Wissenschaft zeigt immer deutlicher, dass eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen nicht nur das Immunsystem stabilisieren, sondern auch das Wohlbefinden fördern kann. Viele Menschen denken bei der Stärkung ihrer Abwehrkräfte oft nur an die Vermeidung von Krankheiten, doch ein starkes Immunsystem hat weitreichende positive Auswirkungen auf unseren gesamten Körper.

Die Grundlagen eines starken Immunsystems: Was Erreger und Wirt benötigen

Damit eine Infektion entstehen kann, braucht es immer zwei Partner: einen Erreger, der über eine ausreichende Infektiosität verfügt, und einen Wirt, dessen Immunsystem nicht stark genug ist, um diesen Erreger effektiv zu bekämpfen. Interessanterweise wurde in der öffentlichen Debatte, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, das Immunsystem und dessen Stärkung oft vernachlässigt. Dabei ist die wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen von Nährstoffen für unser Immunsystem erdrückend. Es ist an der Zeit, diesen wichtigen Aspekt in den Fokus zu rücken und zu verstehen, wie wir unser körpereigenes Abwehrsystem am besten unterstützen können.

Vitamin D – das “Sonnenhormon” zur Stärkung Ihrer Abwehrkräfte

Cholecalciferol, besser bekannt als Vitamin D, kann entweder über die Nahrung aufgenommen, als Supplement eingenommen oder in der Haut durch UV-Strahlung gebildet werden. Es ist das am besten erforschte und für das Immunsystem wohl wichtigste Vitamin. Studien zeigen, dass Vitamin-D-Rezeptoren auf nahezu allen Leukozyten, also den weißen Blutkörperchen, vorhanden sind. Dies bedeutet, dass Vitamin D sowohl das humorale als auch das zelluläre Immunsystem beeinflusst. Die Grundlagenforschung bestätigt dem Vitamin D eine immunmodulierende Wirkung: Es stärkt ein geschwächtes Immunsystem, kann aber gleichzeitig überschießende Immunreaktionen wie Allergien oder Autoimmunerkrankungen regulieren.

Die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland: Eine besorgniserregende Datenlage

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat bereits 2016 auf alarmierende Zahlen hingewiesen: Damals wiesen 30,2 % aller Bundesbürger einen schweren Vitamin-D-Mangel (< 30 nmol/l) auf. Ein moderater Vitamin-D-Mangel (< 50 nmol/l) wurde sogar bei 61,5 % der Studienteilnehmer festgestellt. Viele Labore setzen heute einen unteren Grenzwert von 75 nmol/l an, und immer mehr Experten fordern einen Optimalwert von über 100 nmol/l. Unter den heutigen Lebens- und Ernährungsbedingungen wird dieser Optimalwert praktisch von niemandem ohne zusätzliche Supplementierung erreicht. Der RKI-Bericht differenziert auch nach Jahreszeiten: Im Winter, gerade dann, wenn eine gute Vitamin-D-Versorgung aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr besonders wichtig wäre, leiden über 80 % der Bundesbürger an einem moderaten und über 50 % an einem schweren Vitamin-D-Mangel. Diese Mangelzustände sind katastrophal. Angesichts der eigenen Erhebungen des RKI und einer global bedrohlichen Pandemie ist es unverständlich, warum das Institut nicht vehementer für eine bessere Vitamin-D-Versorgung eintritt.

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Die Folgen eines Vitamin-D-Mangels auf Ihre Infektanfälligkeit

Eine aktuelle Metaanalyse unterstreicht die gravierenden Auswirkungen eines niedrigen Vitamin-D-Spiegels. Menschen mit Werten von 10-20 nmol/l erkranken rund 86 % häufiger an Infekten als Personen mit einer guten Vitamin-D-Versorgung (60-90 nmol/l). Während solche epidemiologischen Studien einen statistischen Zusammenhang aufzeigen, wird ein kausaler Zusammenhang erst durch interventionelle Studien bewiesen. Eine Metaanalyse zu Vitamin-D-Gaben ergab, dass in den Gruppen, die Vitamin D erhielten, durchschnittlich 12 % weniger Infekte auftraten. Die Studien waren jedoch sehr unterschiedlich gestaltet: Einige verwendeten tägliche Dosen von 400-2.000 IE, andere gaben wöchentliche oder monatliche Bolusgaben. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass bei täglicher Applikation 19 % weniger Infekte auftraten, während selten verabreichte hohe Dosen praktisch keine Wirksamkeit zeigten. Dies belegt, dass tägliche Gaben für das Immunsystem effizienter sind als die gleiche Dosis, die selten als Bolus verabreicht wird – eine Praxis, die leider immer noch häufig falsch angewendet wird. Ein weiterer bemerkenswerter Effekt: Bei niedrigen Ausgangswerten (< 25 nmol/l) konnten 42 % der Infekte vermieden werden. Wenn man bedenkt, dass im Winter die Hälfte der Bevölkerung auf diesem Niveau liegt, wird das immense Potenzial präventiver Gaben ersichtlich, das derzeit nicht ausgeschöpft wird.

Urologische Indikationen: Vitamin D als Unterstützung bei Harnwegsinfekten

Die Datenlage zu Nährstoffen und urologischen Indikationen ist begrenzt, doch die verfügbaren Studien sind vielversprechend. In einer Studie erhielten 389 Männer mit benigner Prostatahyperplasie und rezidivierenden Harnwegsinfekten (HWI) entweder nur Tamsulosin oder Tamsulosin plus Vitamin D. Die Inzidenzrate von HWI war in der Vitamin-D-Gruppe (600 IE täglich) signifikant geringer (4,6 % vs. 13,5 %, Odds-Ratio [OR]: 2,7, p = 0,003). Als positive “Nebenwirkung” zeigten sich unter Vitamin D deutlich niedrigere PSA-Werte (0,16 ng/ml vs. 0,27 ng/ml, p < 0,05). Die Autoren schlussfolgern, dass Patienten mit Prostatahyperplasie, die Tamsulosin einnehmen, durch zusätzliche Vitamin-D-Gaben die Häufigkeit von HWI reduzieren können.

In einer weiteren Fall-Kontroll-Studie wurden 97 schwangere Frauen mit HWI und 90 gesunde Schwangere als Kontrolle verglichen. Von den Frauen mit HWI wiesen 85,7 % einen Vitamin-D-Mangel (definiert als < 50 nmol/l) auf, während dies nur bei 52,2 % der Frauen ohne HWI der Fall war. Die durchschnittlichen Vitamin-D-Werte unterschieden sich ebenfalls deutlich (Fälle: 31,8 nmol/l vs. Kontrollen: 65,1 nmol/l, p < 0,001). Die Studienautoren folgern, dass ein Vitamin-D-Mangel das Risiko für HWI während der Schwangerschaft erhöht.

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Vitamin D und COVID-19: Ein möglicher Zusammenhang?

Eine interessante Studie untersuchte die Vitamin-D-Spiegel von COVID-19-Patienten bei stationärer Aufnahme. Bei einem Vitamin-D-Spiegel < 30 nmol/l wurden signifikant mehr schwere Verläufe und eine erhöhte Mortalität festgestellt. Nach Anpassung für Risikofaktoren erhöhte ein Vitamin-D-Spiegel < 30 nmol/l das Risiko für einen schweren Verlauf auf das 1,76-fache und für Tod sogar auf das 2,56-fache. In einer spanischen Klinik erhielten stationär aufgenommene COVID-19-Patienten zusätzlich Vitamin D, während die Kontrollgruppe die Standardtherapie erhielt. In der Gruppe mit Vitamin D wurden nur 2 % der Patienten intensivpflichtig (im Vergleich zu 50 % in der Kontrollgruppe), und 0 % starben (im Vergleich zu 15 %). Dies deutet auf ein erhebliches Potenzial von Vitamin D bei der Behandlung und Prävention schwerer COVID-19-Verläufe hin.

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Vitamin C – das “Antioxidationsvitamin” für Ihre Zellen

Vitamin C ist unser wichtigstes wasserlösliches Antioxidans und wird im Volksmund oft als “Wundermittel” gegen Erkältungen gehandelt, insbesondere in Form einer heißen Zitrone. Diese Vorstellung ist jedoch leider nicht ganz korrekt. Eine große Zitrone enthält nur etwa 100 mg Vitamin C, und bei der Zubereitung in fast kochendem Wasser wird ein Großteil des wertvollen Vitamins zerstört. Die Studienlage zur Wirkung von Vitamin C bei Infekten ist inkonsistent. Wenn überhaupt Effekte erzielt werden, sind Mengen im Grammbereich erforderlich. Eine doppelblinde, randomisierte Studie mit 168 Teilnehmern zeigte, dass bei Einnahme von 1 g Vitamin C pro Tag über zwei Wintermonate die Anzahl der Erkältungen um 26 % und die Krankheitstage um 44 % reduziert wurden, was auf eine präventive Schutzwirkung hindeutet.

Auch im Hinblick auf Harnwegsinfekte gibt es Hinweise auf die positive Wirkung von Vitamin C. In einer einfach verblindeten Untersuchung erhielten schwangere Frauen für drei Monate Eisen, Folsäure und 100 mg Vitamin C oder nur Eisen und Folsäure. In der Gruppe ohne Vitamin C traten bei 29,1 % HWI auf, während es in der Gruppe mit Vitamin C nur bei 12,7 % war (p < 0,05). Die Studienautoren schlussfolgern, dass Vitamin C die Inzidenz von HWI senken kann, insbesondere bei Populationen mit einem hohen Risiko für Bakteriurien.

Vitamin A – das “Schleimhautbarriere-Vitamin” für Ihren Schutz

Retinol, der andere Name für Vitamin A, ist essentiell für die Aufrechterhaltung der Barrierefunktion von Haut und Schleimhäuten. Da diese unsere erste Verteidigungslinie gegen eindringende Krankheitserreger darstellen, kann Vitamin A eine sinnvolle Ergänzung zur Prävention von Infektionen sein. Umfangreiche Grundlagenarbeiten beleuchten die physiologischen Zusammenhänge zwischen Vitamin A und der Regulation der Schleimhautimmunität.

Auch zu Vitamin A gibt es klinische Studien mit urologischen Indikationen. In einer kleinen Studie erhielten 74 Mädchen im Durchschnittsalter von 5,25 Jahren mit akuter Pyelonephritis Vitamin A oder ein Placebo, zusätzlich zu einer Antibiotikatherapie. Die Gruppe, die 1.500 IE Vitamin A pro Kilogramm Körpergewicht täglich erhielt (maximal 50.000 IE), wies eine deutlich kürzere Fieberdauer auf (1,3 Tage vs. 2,8 Tage) und eine geringere Nahrungsverweigerung (2,3 Tage vs. 4,2 Tage). Kontrollscans zeigten zudem, dass sich unter Vitamin A nur 22 % der Läsionen verschlechterten, im Vergleich zu 45 % unter Placebo.

In einer weiteren Studie erhielten 24 Patienten mit rezidivierenden, unkomplizierten HWI zusätzlich zu Antibiotika einmalig 200.000 IE Vitamin A oder ein Placebo. Nach der Behandlung reduzierten sich die Infektraten pro Halbjahr von 3,58 auf 0,75 und 1,75 in der Vitamin-A-Gruppe, während sie in der Placebo-Gruppe mit 2,75, 2,83 und 2,66 nahezu unverändert blieben.

Zink – das “Immun-Mineral” für schnelle Erholung

Die alte Weisheit, dass eine Erkältung ohne Behandlung sieben Tage dauert und mit Behandlung eine Woche, wurde durch neuere Studien widerlegt. Eine Studie mit 100 Klinik-Angestellten, die bei beginnenden Erkältungssymptomen alle zwei Stunden 13,3 mg Zink oder ein Placebo erhielten, zeigte signifikante Unterschiede. Die Dauer bis zur vollständigen Symptomfreiheit betrug unter Placebo 7,6 Tage, unter Zink jedoch nur 4,4 Tage (p < 0,001). Auch einzelne Symptome wie Husten, Kopfschmerzen, Heiserkeit oder nasale Verstopfung klangen in der Zink-Gruppe signifikant schneller ab. Ein schneller Therapiebeginn, eine hohe Einnahmefrequenz und eine relativ hohe Dosis über mehrere Tage scheinen entscheidend für die überlegene Wirkung von Zink zu sein.

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Im Hinblick auf die Behandlung von Harnwegsinfekten erhielten 200 Kinder mit akutem HWI randomisiert entweder 1 mg Zink pro Kilogramm Körpergewicht oder ein Placebo. Die Kinder mit Zink zeigten signifikant weniger Beschwerden wie häufiges Wasserlassen, Dysurie und Harndrang.

Selen – das “Antioxidanzien-Mineral” für die Zellgesundheit

In einem Review in der renommierten Zeitschrift Nutrients stellen die Autoren fest, dass es 25 Selenoproteine gibt, die unter anderem die Funktion von Immunzellen regulieren. Ein Selenmangel kann sowohl zu vermehrten Infektionen als auch zu vermehrter Autoimmunität führen. Ein optimaler Selenstatus verbessert die T-Zell-Proliferation, verstärkt die Immunantwort bei Impfungen und führt bei Infekten zu milderen Entzündungsreaktionen. Virale Infektionen erhöhen zudem den Nährstoffbedarf und den oxidativen Stress, wobei Selen eine wichtige Rolle in der antioxidativen Abwehr spielt und die Pathogenität von Viren beeinflussen kann.

Omega-3 – die “Anti-Entzündungs-Fettsäuren” für ein balanciertes Immunsystem

Eine umfassende Übersicht über die Wirkungen von Omega-3-Fettsäuren auf das Immunsystem beschreibt vielfältige, regulierende Effekte. Aus den Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) aus maritimen Quellen entstehen zahlreiche hormonähnliche Derivate, im Gegensatz zu Alpha-Linolensäure (ALA) aus pflanzlichen Quellen wie Lein-, Hanf- oder Rapsöl. Diese Derivate, darunter Prostaglandine der Klasse 3, Protektine, Maresine, Leukotriene und Resolvine, spielen alle eine wichtige Rolle bei der Regulation des Immunsystems.

Konsequenzen – wie Sie Ihr Immunsystem aufbauen und schützen können

Basierend auf der aktuellen Studienlage und klinischer Erfahrung lassen sich folgende Empfehlungen ableiten. Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um Durchschnittswerte für einen normalgewichtigen Erwachsenen handelt und diese Komplexität der Empfehlungen nicht immer streng evidenzbasiert ist.

Für die Prävention (regelmäßige Einnahme zur Stärkung des Immunsystems):

  • Vitamin D: 5.000 IE pro Tag
  • Vitamin A: 3.000 IE pro Tag
  • Vitamin C: 1,5 g pro Tag
  • Zink: 15 mg pro Tag
  • Selen: 100 µg pro Tag
  • Omega-3 (EPA/DHA): 2 g pro Tag

Für die Akuttherapie während eines Infektes (zur schnellen Unterstützung der Abwehrkräfte):

  • Zink: 15 mg alle 2 Stunden am ersten Tag, danach 3-mal täglich
  • Vitamin C: 500 mg alle 2 Stunden am ersten Tag, danach 3-mal täglich
  • Echinacea: alle 2 Stunden am ersten Tag, danach 3-mal täglich
  • Vitamin D: 10 Tage lang 20.000 IE pro Tag, danach 10 Tage lang 10.000 IE pro Tag, anschließend mit 5.000 IE pro Tag fortfahren.

Mit einem solchen Programm ist es wahrscheinlich, dass manch ein Infekt vermieden oder zumindest deutlich abgekürzt werden kann.

Dr. med. Volker Schmiedel

Homöopathie Paramed AG
Haldenstr. 1
6340 Baar, Schweiz
E-Mail: v.schmiedel@paramed.ch

Wichtiger Hinweis zur Angabe von Vitamin-D-Spiegeln

Bitte beachten Sie: Der Vitamin-D-Spiegel kann entweder in nmol/l oder in ng/ml angegeben werden. Der Umrechnungsfaktor liegt bei 2,5 bzw. 0,4.

Beispiele:

  • 50 ng/ml = 125 nmol/l
  • 100 nmol/l = 40 ng/ml