Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 dazu verpflichtet, ein umfassend inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu etablieren. Doch was bedeutet Inklusive Bildung wirklich, und wie wird dieses ambitionierte Ziel im Alltag unserer Bildungslandschaft umgesetzt? Im Kern geht es um die gemeinsame Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen für Menschen mit unterschiedlichsten Lern- und Leistungsvoraussetzungen. Dies ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine fundamentale Grundlage für individuelle Entwicklung, soziale Teilhabe und einen gleichberechtigten Zugang zum Berufsleben.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) steht an vorderster Front dieser Transformation und fördert seit 2017 intensiv Forschungsprojekte, die sich der Herausforderung der inklusiven Bildung widmen. Diese Initiativen zielen darauf ab, praxiserprobte und wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu generieren, die nachhaltig in das deutsche Bildungswesen integriert werden können. Hierbei liegt der Fokus darauf, wie wir alle Bildungsbereiche – von der frühkindlichen Erziehung über die schulische und berufliche Bildung bis hin zur Hochschule und Weiterbildung – so gestalten können, dass sie für jeden zugänglich und qualitativ hochwertig sind. Ein zentrales Element ist dabei die integration durch bildung auf allen Ebenen, um eine kohärente Bildungslandschaft zu schaffen.
Warum ist Inklusive Bildung in Deutschland so wichtig?
Die Notwendigkeit und der Wert inklusiver Bildung ergeben sich aus mehreren Perspektiven, die weit über die bloße Erfüllung internationaler Abkommen hinausgehen. Es geht um die Schaffung einer Gesellschaft, die Vielfalt als Bereicherung versteht und jedem Einzelnen die Möglichkeit zur vollen Entfaltung bietet.
Die UN-Behindertenrechtskonvention als Grundlage
Die 2009 von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention ist nicht nur ein rechtliches Dokument, sondern ein ethischer Kompass. Sie verpflichtet dazu, Menschen mit Behinderungen nicht mehr als Randgruppe, sondern als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft zu betrachten, die ein Recht auf gleichberechtigten Zugang zu allen Lebensbereichen, insbesondere zur Bildung, haben. Dies bedeutet, dass Barrieren abgebaut werden müssen – seien sie physischer Natur, kommunikativer Art oder in den Köpfen verankert. Die Umsetzung erfordert einen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik und -praxis. Die politische Dimension dieser Aufgabe ist immens und findet sich in vielen Leitlinien und Debatten wider, die auch in einem handbuch politische bildung ausführlich behandelt werden könnten.
Persönliche Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe
Inklusive Bildung ermöglicht es Lernenden mit unterschiedlichen Voraussetzungen, gemeinsam zu lernen und voneinander zu profitieren. Dies fördert nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch soziale Fähigkeiten wie Empathie, Toleranz und Kooperationsbereitschaft. Für Menschen mit Behinderungen bedeutet inklusive Bildung einen gleichberechtigten Zugang zu Wissen und Fertigkeiten, die für ihre persönliche Entwicklung und ihre aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben unerlässlich sind. Sie ist der Schlüssel zu mehr Selbstbestimmung und zur Überwindung von Ausgrenzung.
Gemeinsames Lernen: Pädagogin und Kinder beim kreativen Gestalten
BMBF-Forschungsschwerpunkt: Ein Wegbereiter für Inklusion
Das BMBF hat erkannt, dass die Transformation zu einem inklusiven Bildungssystem wissenschaftlich begleitet und fundiert sein muss. Daher liegt seit Oktober 2017 ein klarer Forschungsschwerpunkt auf der inklusiven Bildung, der in den Handlungsfeldern “Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt” sowie “Qualität im Bildungswesen” verankert ist.
Ziele und Herausforderungen der Förderung
Die geförderten Forschungsprojekte verfolgen das Ziel, barrierearme Lernumgebungen zu gestalten und vergemeinschaftende Lehr-Lern-Prozesse zu entwickeln. Dies umfasst die Erforschung innovativer Diagnose- und Unterstützungsmaßnahmen, die sich konsequent an den individuellen Lebens- und Lernverhältnissen der Lernenden orientieren. Es geht darum, maßgeschneiderte Ansätze zu finden, die die Vielfalt der Lernenden berücksichtigen, anstatt sie zu vereinheitlichen. Besonders in der beruflichen Bildung spielt die individuelle Förderung eine große Rolle, wie auch die Arbeit eines verein für berufliche bildung ev zeigt.
Der Forschungsschwerpunkt gliedert sich in verschiedene Förderrichtlinien. “Professionalisierung” (InkBi 1) konzentriert sich auf die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte, da diese eine Schlüsselrolle in der Umsetzung inklusiver Praktiken spielen. Die Richtlinie zur “Förderbezogenen Diagnostik in der inklusiven Bildung” (InkBi 2) legt einen besonderen Fokus auf Übergänge zwischen verschiedenen Bildungsetappen, um Brüche in Bildungsbiographien zu vermeiden und eine durchgängige Förderung zu gewährleisten.
Innovative Ansätze in Professionalisierung und Diagnostik
Die Professionalisierung von Lehrkräften und pädagogischem Personal ist entscheidend. Sie müssen in der Lage sein, die vielfältigen Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler zu erkennen und entsprechende didaktische Konzepte zu entwickeln. Dies erfordert nicht nur fachliches Wissen, sondern auch eine inklusive Haltung und die Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Praxis. Gleichzeitig ist eine präzise und förderorientierte Diagnostik unerlässlich, um den Lernstand und die Potenziale jedes Einzelnen zu erfassen und passende Unterstützungsangebote zu initiieren. Diese Diagnostik sollte nicht defizitorientiert sein, sondern Ressourcen erkennen und Stärken ausbauen.
Aktuelle Initiativen und Transfer von Forschungsergebnissen
Um sicherzustellen, dass die Forschungsergebnisse nicht nur in akademischen Kreisen verbleiben, hat das BMBF die neue Forschungsförderrichtlinie „Transfer in der inklusiven Bildung“ ins Leben gerufen.
„Transfer in der inklusiven Bildung“: Von der Theorie zur Praxis
Diese Förderrichtlinie knüpft direkt an die bisherigen Forschungserfolge an und zielt darauf ab, empirisch abgesicherte und praktisch erprobte Erkenntnisse für ein breites Anwendungsfeld nutzbar zu machen. Es sollen Strategien entwickelt werden, wie wissenschaftliche Erkenntnisse effektiv in die Bildungspraxis überführt und dort nachhaltig wirken können. Dies schließt alle Bildungsetappen ein, von der Kita bis zur Hochschule. Der Wissens- und Methodentransfer ist hierbei ein komplexer Prozess, der die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Bildungspraxis und Politik erfordert. Initiativen zur eu bildung könnten hierbei auch wichtige Impulse liefern und internationale Best Practices teilen.
Wichtige Publikationen und Ressourcen
Ergebnisse und Produkte aus fünf Jahren Forschung sind in der umfassenden „Broschüre Fachkräftequalifizierung für inklusive Bildung Ergebnisse und Produkte aus fünf Jahren Forschung“ zusammengefasst. Diese Broschüre dient als wertvolle Ressource für alle, die sich detaillierter über den aktuellen Stand und die gewonnenen Erkenntnisse informieren möchten. Die Publikationen verdeutlichen, wie diverse Formen der Wissensvermittlung, ähnlich der bildung von simple past in Sprachkursen, für unterschiedliche Zielgruppen aufbereitet werden können, um Zugänglichkeit zu maximieren.
Weitere Informationen zu den Förderrichtlinien finden Sie unter:
- Richtlinie zur Förderung der Forschung zu “Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte für inklusive Bildung – BMBF
- Richtlinie zur Förderung von Projekten zum Thema „Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung“ – BMBF
Akteure und Ansprechpartner im Bereich Inklusive Bildung
Hinter den Fördermaßnahmen stehen engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Koordinationsstrukturen, die den Forschungsschwerpunkt steuern.
Das Metavorhaben und seine Bedeutung
Das Metavorhaben zum Forschungsschwerpunkt Inklusive Bildung spielt eine zentrale Rolle in der Vernetzung und Bündelung der Forschung. Es wird geleitet von Prof. Dr. Dieter Katzenbach und Prof. Dr. Michael Urban von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Arbeit gewährleistet eine kohärente Gesamtstrategie und den Austausch zwischen den einzelnen Projekten, um Synergien zu schaffen und die Effektivität der Forschung zu maximieren.
Direkte Kontakte für tiefergehende Informationen
Für alle, die spezifische Fragen zum Forschungsschwerpunkt haben oder sich näher über die Projekte informieren möchten, stehen die Leiter des Metavorhabens als Ansprechpartner zur Verfügung:
Prof. Dr. Dieter Katzenbach
Telefon: +49 (0) 69 798 36345
E-Mail: d.katzenbach@em.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Michael Urban
Telefon: +49 (0) 69 798 36446
E-Mail: m.urban@em.uni-frankfurt.de
Website: Über uns | MInkbi (forschung-inklusive-bildung.de)
Fazit: Die Zukunft der inklusiven Bildung in Deutschland gestalten
Die inklusive Bildung ist ein Eckpfeiler für eine gerechte und zukunftsfähige Gesellschaft in Deutschland. Die kontinuierliche Forschung und Förderung durch das BMBF zeigt das Engagement, dieses Ziel auf allen Bildungsetappen zu erreichen. Von der frühen Kindheit bis zur Weiterbildung ist es entscheidend, barrierefreie Lernumgebungen zu schaffen und pädagogische Fachkräfte optimal zu qualifizieren.
Die Anstrengungen im Bereich der inklusiven Bildung in Deutschland sind ein fortlaufender Prozess, der ständige Weiterentwicklung und Anpassung erfordert. Durch die Bündelung von Expertisen und die konsequente Überführung von Forschungsergebnissen in die Praxis kann Deutschland seine Vorreiterrolle in der Schaffung eines chancengleichen Bildungssystems weiter ausbauen. Bleiben Sie dran und informieren Sie sich über die Fortschritte auf diesem wichtigen Weg zur vollständigen Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft.
