Jamie Oliver mag optisch manchmal etwas zerzaust wirken, als wäre er direkt aus dem Bett in die Küche gestolpert. Doch seine unprätentiöse Art und die Leidenschaft, mit der er kocht, sind absolut ansteckend. Obwohl seine wirklich gute Website bereits zahlreiche Rezepte bietet und die TV-Sendungen zu den Jamie Oliver 30 Minuten Rezepte auf RTL Living laufen, hatte ich bis vor Kurzem kein einziges seiner Kochbücher im Regal. Die Faszination für seine schnelle Küche und einige vielversprechende Rezeptideen aus den Sendungen haben uns aber schließlich dazu bewogen, das Kochbuch „Jamies 30-Minuten-Menüs“ zu kaufen und selbst zu testen.
Die Realität der “30 Minuten” – Ein Mythos für Hobbyköche?
Über die versprochenen „30 Minuten“ wurde in der Blogger-Welt bereits ausgiebig diskutiert, etwa in Julianes Alltagstest. Der allgemeine Tenor ist überall derselbe: „In 30 Minuten geht’s einfach nicht“. Und dem muss ich leider zustimmen. Wer eine ganze Küchenmannschaft zur Vorbereitung hat und ein absoluter Profi ist, mag das vielleicht schaffen. Doch für den normalen Hobbykoch sind diese Menüs in einer halben Stunde – zumindest beim ersten Versuch – doch arg ambitioniert. Aber warum dieser Stress überhaupt? Muss es immer in Rekordzeit geschehen? Oft sind leichte Sommergerichte auch ohne Zeitdruck ein Genuss.
Befreit man sich jedoch vom Druck der Uhr, bleiben zahlreiche köstliche Rezeptideen, die sich ohne allzu großen Aufwand umsetzen lassen. Ein bisschen Mut zur Abwandlung sollte man dabei auch mitbringen, denn Kochbücher sind schließlich keine Bibel – das sehe ich persönlich recht entspannt. Aus diesem Grund habe ich mich in meinen eigenen Test gestürzt, um herauszufinden, was wirklich machbar ist und wie die Jamie Oliver 30 Minuten Rezepte im Alltag funktionieren.
Mein Test: Jamie Olivers Jamaica-Hähnchen mit Reis & Bohnen
Besonders angetan hat uns das „Jamaica-Hähnchen mit Reis & Bohnen“. Die zum Menü gehörenden Maiskolben haben wir weggelassen, da sie uns am Abend zu sättigend und mächtig erschienen. Statt des Chicorée-Romanasalats gab es bei uns einen einfachen Pflücksalat, allerdings mit einem von Jamie Olivers Dressings aus Olivenöl, Limettensaft, roter geriebener Zwiebel, Salz und Pfeffer. Dazu servierten wir einen Joghurt-Dip mit gehacktem Koriander und Limettensaft. Manchmal sind billige Gerichte ohnehin die besten, besonders wenn sie clever zubereitet werden.
Erste Eindrücke und geplante Anpassungen
Beim nächsten Mal würde ich einige Kleinigkeiten abändern, da mir die Sauce nicht scharf genug war und es ihr etwas an Salz fehlte. Der große Löffel Honig war zudem „too much“ und wirkte zu süß. Rohrzucker hätte hier meiner Meinung nach besser – und vielleicht auch jamaikanischer – geschmeckt. Außerdem empfand ich 6 EL Essig als viel zu viel, was den Geschmack stark dominierte. Diese Erfahrungen habe ich bereits in der nachstehenden Zusammenstellung der Zutaten und Zubereitung berücksichtigt. Ein Gericht mit Linsen würde vielleicht eine ganz andere Art von Würze verlangen, aber hier geht es um die karibischen Noten.
Gericht Jamie Oliver Jamaica-Hähnchen mit Reis und Bohnen auf einem Teller, mit Joghurt-Dip und Salat im Hintergrund.
Das angepasste Rezept: Jamaica-Hähnchen nach Shock Naue Art
Für 2 Personen benötigt Ihr:
- etwa 350 g Hähnchenbrust mit Haut und ohne Knochen
- Salz, Pfeffer, Olivenöl
Für die Jamaica-Sauce:
- 6 grob gehackte Frühlingszwiebeln inkl. Grün (im Original: 4)
- 1 kl. Bund Thymian
- 3 frische Lorbeerblätter
- 3 gemahlene Gewürznelken
- Prise gemahlene Muskatnuss
- Prise gemahlener Piment
- 6 EL brauner Rum
- 3 EL Weißweinessig (im Original: 6)
- großer Spritzer Limettensaft (nicht im Original)
- 1 gestrichener EL brauner Zucker (im Original: flüssiger Honig)
- 1 scharfe Chilischote (ich hatte Habanero, JO nimmt Scotch Bonnet)
- Einige Spritzer Tabasco (nicht im Original)
- 4 Knoblauchzehen
Reis & Bohnen:
- 2 Frühlingszwiebeln
- 1 Zimtstange
- 125 g Langkornreis
- 150 ml Geflügelbrühe
- 150 ml Wasser (im Original: 300 ml Geflügelbrühe – war mir aber zu salzig)
- 1 Dose schwarze Bohnen in Salzwasser (gibt es im Asia-Laden)
Joghurt-Dip:
- 125 g Naturjoghurt
- Abrieb einer Bio-Limette
- Saft einer halben Bio-Limette
- Koriandergrün
Zubereitung – Schritt für Schritt für mehr Genuss
- Backofen auf 220 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen.
- Den Joghurt mit Limettenabrieb und -saft vermischen. Koriandergrün hacken und darüberstreuen (nicht unterheben, sonst matscht es!). Den Salat waschen und trockenschleudern. Das Dressing anrühren.
- Die Hühnchenbrust am dicken Ende einschneiden, damit das dünne Ende nicht trocken wird, bevor der Rest gar ist. Mit Olivenöl, Salz und Pfeffer auf beiden Seiten einreiben.
- Eine Grillpfanne vorheizen und die Hühnchenbrust auf der Hautseite knusprig anbraten, bis die Haut schön braun, aber noch nicht zu stark gegrillt ist.
- Währenddessen die Sauce zubereiten: Alle Zutaten für die Jamaica-Sauce im Standmixer miteinander zu einer cremigen Masse vermixen. Mit etwas Olivenöl wird sie sämiger. Salzen nicht vergessen! (Im Original-Rezept fehlte mir das Salz an dieser Stelle). Wenn die Hähnchenhaut knusprig ist, das Fleisch wenden und auf der Seite ohne Haut noch etwas anbraten – das Hähnchenfleisch muss nicht komplett durch sein.
- Die Jamaica-Sauce in eine ofenfeste, nicht zu große Form füllen und die Hähnchenteile mit der Hautseite nach oben in die Sauce legen. Die Haut sollte nicht bedeckt werden, damit sie knusprig bleibt. Die Form in die mittlere (Original: obere) Schiene schieben.
- Währenddessen die schwarzen Bohnen in ein Sieb abgießen und vorsichtig waschen. Abtropfen lassen. Öl in einem breiten Topf erwärmen, die Zimtstange und die gehackten Frühlingszwiebeln darin anschwitzen. Reis, Wasser und Geflügelbrühe dazugeben und aufkochen lassen. Die Bohnen hinzufügen. Alles bei geringer Hitze aufkochen lassen, zudecken und je nach Reissorte gar köcheln lassen.
- Unser Reis war nach etwa 20 Minuten gar (Feuchtigkeit verdampft). Das Hühnchen war schon früher fertig, was aber nicht schlimm war. Ich habe den Backofen ausgeschaltet und es noch etwas heiß stehen lassen. Das Fleisch bleibt dank der Sauce sehr zart und saftig. Ein One Pot Pasta Ofen Gericht würde hier eine ähnliche Flexibilität bieten.
- Den Salat anmachen.
- Reis & Bohnen auf einen Teller geben. Die Hühnchenteile ebenfalls zusammen mit der Jamaica-Sauce anrichten. Mit dem Salat und dem Joghurt servieren. (Im Original wird noch mal Honig über das Hühnchen gegeben – das war mir definitiv zu viel. Ich habe es gleich weggelassen).
Fazit und Geschmackserlebnis
Das Gericht ist leicht und lecker, mit vielen unterschiedlichen Aromen, wobei der Rum angenehm im Hintergrund bleibt und dem Gericht eine besondere Tiefe verleiht. Reis und Hähnchen nehmen es einem nicht übel, wenn man noch ein paar Minuten für das Tischdecken benötigt, da beides heiß und saftig bleibt. Der Liebste fand die schwarzen Bohnen im Reis unnötig. Mir persönlich haben sie aber genau das karibische Feeling geliefert, das mich an dem Rezept so gereizt hat und es von typischen Gerichten mit Feta abhebt.
Mein Gesamtfazit: In 30 Minuten schaffe ich das vielleicht beim dritten, vierten oder fünften Nachkochen, allerdings nicht beim ersten Mal. Wer die „30-Minuten“-Angabe aber nicht ganz so ernst nimmt, findet im Kochbuch „Jamies 30-Minuten-Menüs“ viele Anregungen für schnelle Gerichte, die auch einzeln und keinesfalls immer im Menü zubereitet werden können. Was mir persönlich weniger gefällt, sind die vielen Fertigzutaten wie Fertigteig oder die ganzen indischen Saucen aus dem Glas. Ich nutze diese zwar auch mal, wenn es schnell gehen muss, aber in einem hochwertigen Kochbuch haben sie meiner Meinung nach nichts zu suchen. Trotzdem werde ich auf jeden Fall noch einige der Jamie Oliver 30 Minuten Rezepte ausprobieren, denn die grundlegenden Ideen sind inspirierend.