Kaninchen im Käfig: Warum artgerechte Haltung mehr als nur Platz bedeutet

Kleiner Kaninchenkäfig mit Gitter und Heuraufe, Symbol für nicht artgerechte Haltung

In vielen Haushalten gehören Kaninchen zu den beliebtesten Haustieren. Doch leider hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass ein handelsüblicher Käfig eine geeignete Bleibe für die lebhaften Nager darstellt. Die Realität ist jedoch, dass die meisten Käfige und Kaninchenställe, die im Zoohandel erhältlich sind, den grundlegenden Bedürfnissen von Kaninchen in keiner Weise gerecht werden. Diese Haltungsform ist für Kaninchen, die von Natur aus einen enormen Bewegungsdrang besitzen und sehr sozial sind, schlichtweg ungeeignet und führt oft zu Verhaltensstörungen und gesundheitlichen Problemen. Unser Ziel bei Shock Naue ist es, über eine wirklich artgerechte Kaninchenhaltung aufzuklären und aufzuzeigen, wie Sie Ihren Hopplern ein glückliches und gesundes Leben ermöglichen können, fernab der beengten Verhältnisse eines Käfigs.

Kleiner Kaninchenkäfig mit Gitter und Heuraufe, Symbol für nicht artgerechte HaltungKleiner Kaninchenkäfig mit Gitter und Heuraufe, Symbol für nicht artgerechte Haltung

Der Irrglaube vom “Kaninchenkäfig”: Warum handelsübliche Ställe unzureichend sind

Kaninchen sind hochaktive Tiere, deren Bewegungsdrang oft mit dem einer Katze verglichen wird. Sie sind in der Lage, über einen Meter hoch zu springen, sich im Sprung umzudrehen, mit Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h zu sprinten und blitzschnell Haken zu schlagen. Dieses natürliche Verhalten, das der Arterhaltung dient und ihnen in freier Wildbahn das Überleben sichert, kann in einem gewöhnlichen Käfig oder Stall nicht ansatzweise ausgelebt werden.

Selbst die größten im Handel erhältlichen Kaninchenkäfige bieten selten mehr als 1m² Grundfläche. Dies ist ein Bruchteil der vorgeschriebenen Mindestmaße für eine artgerechte Haltung, wie wir später noch ausführlich beleuchten werden. Eine solche extreme Bewegungseinschränkung führt nicht nur zu Frustration und Langeweile bei den Tieren, sondern kann auch ernsthafte gesundheitliche Folgen wie Skelettschäden, Übergewicht und Muskelabbau nach sich ziehen. Ein Käfig ist daher keine Heimat, sondern vielmehr eine Form der Isolation, die den sozialen und physischen Bedürfnissen dieser faszinierenden Tiere fundamental widerspricht. So unterschiedlich die Bedürfnisse unter allen Haustieren auch sein mögen, der Bedarf an ausreichend Platz ist ein universelles Grundrecht.

Zwei Kaninchen strecken sich genüsslich in einem großen, naturnahen Gehege, das ihren Bewegungsdrang befriedigtZwei Kaninchen strecken sich genüsslich in einem großen, naturnahen Gehege, das ihren Bewegungsdrang befriedigt

Gesetzliche Vorgaben und Mindestmaße für Kaninchenhaltung

Das deutsche Tierschutzgesetz (§2 TschG) schreibt vor, dass jeder Halter seine Kaninchen „verhaltensgerecht unterzubringen“ hat und er „die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken [darf], dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden“. Um diese abstrakten Formulierungen zu konkretisieren, dienen die Vorgaben der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) als maßgebliche Richtlinie.

Die TVT empfiehlt eine Mindestfläche von 6m² Grundfläche für zwei Kaninchen. Für jedes weitere Kaninchen sind zusätzlich 20% der Grundfläche, also 1,2m², zu berücksichtigen. Diese Zahlen sind keine willkürlichen Empfehlungen, sondern basieren auf umfassenden tiermedizinischen und verhaltensbiologischen Erkenntnissen über die Bedürfnisse von Kaninchen. Im Falle eines Gerichtsverfahrens werden die Merkblätter der TVT als antizipiertes Sachverständigengutachten herangezogen und dienen den Amtsveterinären als Vorgabe für die Mindestanforderungen in der Hauskaninchenhaltung. Wer also Kaninchen als Haustiere halten möchte, sei es Kaninchen als Haustier in der Wohnung oder im Garten, muss diese gesetzlichen und tierschutzrelevanten Vorgaben ernst nehmen.

Infografik zu den gesetzlichen Mindestmaßen für artgerechte Kaninchenhaltung mit 6m² Grundfläche für zwei TiereInfografik zu den gesetzlichen Mindestmaßen für artgerechte Kaninchenhaltung mit 6m² Grundfläche für zwei Tiere

Ableitung der Mindestmaße aus dem Kaninchenverhalten

Die geforderten Mindestmaße sind direkt aus dem natürlichen Verhalten der Kaninchen abgeleitet. Kaninchen leben in komplexen Sozialstrukturen und benötigen nicht nur Raum zum Rennen und Springen, sondern auch zum Graben, Verstecken und Erkunden. Eine Fläche von 6m² für zwei Tiere ermöglicht es ihnen, sich auch bei Sprints aus dem Weg zu gehen, sich zu jagen und ihren natürlichen Spieltrieb auszuleben. Ein Käfig oder Stall ist nur dann als Unterbringung geeignet, wenn er dauerhaft mit einem großen Freilauf verbunden ist, der den Tieren Tag und Nacht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Bei Außenhaltung ist zudem zwingend auf eine umfassende Mardersicherheit zu achten.

Nachts im Käfig? Kaninchen sind keine nachtaktiven Schläfer

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Kaninchen nachts in ihren Käfig gesperrt werden können, weil sie dann schlafen würden. Tatsächlich sind Kaninchen wechselaktive Tiere. Das bedeutet, ihre Hauptaktivitätsphasen liegen in den Dämmerungsstunden – also am späten Abend und in den frühen Morgenstunden. In diesen Zeiten sind sie besonders lebhaft und erkunden ihre Umgebung, fressen, spielen und pflegen soziale Kontakte.

Wird ein Kaninchen nachts in einen kleinen Käfig gesperrt, ist es in seinem natürlichen Rhythmus massiv gestört. Die Folge ist oft sichtbare Verzweiflung: Die Tiere nagen am Gitter, scharren, machen Lärm und langweilen sich ungemein. Dies kann zu erheblichem Stress, Aggressionen und gesundheitlichen Problemen führen. Ein artgerechtes Gehege muss den Kaninchen auch nachts ausreichend Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, damit sie ihr natürliches Verhalten ohne Einschränkungen ausleben können. Man würde schließlich auch keinen Nutria als Haustier in einem kleinen Käfig halten, da die Bedürfnisse nach Raum dort offensichtlich sind – bei Kaninchen sind sie nicht weniger ausgeprägt.

Irreführende Produktbezeichnungen: Eine Falle für Halter

Die Zoohandelsbranche trägt leider oft zur Verwirrung bei, indem sie Käfige und Ställe mit fantasievollen Bezeichnungen versieht, die ihre eigentliche Untauglichkeit verschleiern. Da diese Produkte aufgrund ihrer Größe nicht explizit für die dauerhafte Kaninchenhaltung verkauft oder beworben werden dürfen, werden oft Begriffe wie „Rabbit“, „Kleintierkäfig“ oder „Nagerheim“ gewählt. Dies suggeriert unwissenden Haltern, dass die Käfige für Kaninchen geeignet seien, obwohl sie den Mindestmaßen in keiner Weise entsprechen.

Zusätzlich verstärken Bezeichnungen wie „Villa“ oder „XXL“ den falschen Eindruck eines luxuriösen oder großzügigen Heims. Ein Käfig mit der Bezeichnung „Rabbit 100“ mag suggerieren, dass er für Kaninchen ausreichend ist, dabei entspricht ein 100 cm langer Käfig nicht einmal ansatzweise den gesetzlichen Vorgaben. Als Verbraucher und Tierliebhaber ist es wichtig, sich kritisch mit solchen Produktbezeichnungen auseinanderzusetzen und sich nicht von Marketingstrategien täuschen zu lassen. Beim Kauf von Tierzubehör sollte man sich immer an den tatsächlichen Bedürfnissen der Tiere orientieren und nicht an vermeintlich praktischen oder pflegeleichte Haustiere zum Kuscheln suggerierenden Angeboten. Auch wenn Kaninchen nicht immer ganz unkompliziert sind, ihr Wohlbefinden sollte stets an erster Stelle stehen.

Produktschild im Zoohandel mit irreführender Deklaration "Rabbit 100" für einen zu kleinen KaninchenkäfigProduktschild im Zoohandel mit irreführender Deklaration "Rabbit 100" für einen zu kleinen Kaninchenkäfig

Artgerechte Integration: Käfige und Ställe als Teil eines großen Geheges

Glücklicherweise müssen vorhandene Käfige oder Ställe nicht nutzlos werden. Sie können sinnvoll in ein großes, artgerechtes Gehege integriert werden und sollten auch nur für diese Nutzungsform im Handel vertrieben werden. Hier dienen sie dann als sichere Rückzugsorte, Schlafhäuschen oder Futterstellen.

Bei Außenställen lässt sich oft das Gitter entfernen, oder es sind separate Eingänge vorhanden, die den Kaninchen einen direkten Zugang zum Freilauf ermöglichen. Bei der Integration von Käfigen ist besondere Vorsicht geboten, da die Gitterabdeckungen ein erhebliches Verletzungsrisiko bergen. Kaninchen könnten auf das Gitter springen oder sich in den Klapptüren verfangen, was zu schweren Verletzungen an Beinen, Füßen und Wirbelsäule führen kann. Es ist daher ratsam, das Gitteroberteil komplett zu entfernen oder die Türen auszuhängen und beispielsweise mit einer Weidenbrücke zu überbrücken. Der Deckel des Käfigs kann mit einem Holzbrett oder einem dicken Teppich abgedeckt werden, um eine sichere Oberfläche zu schaffen. Für eine wirklich gute Kaninchenhaltung ist ein großzügiges Gehege unerlässlich, wie diese Beispiele zeigen:

Geräumiges Zimmer-Kaninchengehege für die Innenhaltung mit Teppich und verschiedenen EbenenGeräumiges Zimmer-Kaninchengehege für die Innenhaltung mit Teppich und verschiedenen Ebenen

Attraktives und sicheres Kaninchengehege im Garten, das Schutz vor Fressfeinden bietetAttraktives und sicheres Kaninchengehege im Garten, das Schutz vor Fressfeinden bietet

Fazit: Verantwortung für ein artgerechtes Kaninchenleben

Die Haltung von Kaninchen Im Käfig ist aus tierschutzrechtlicher und ethischer Sicht nicht vertretbar. Ein Kaninchenkäfig, so groß er auch beworben werden mag, kann niemals den natürlichen Bedürfnissen dieser aktiven und sozialen Tiere gerecht werden. Wir als Halter tragen die Verantwortung, unseren Kaninchen ein Leben zu ermöglichen, das ihrem Wesen entspricht – mit ausreichend Platz, der Möglichkeit zur Bewegung, sozialen Kontakten und einer Umgebung, die zum Erkunden und Wohlfühlen einlädt.

Informieren Sie sich gründlich, bevor Sie sich für Kaninchen entscheiden, und schaffen Sie von Anfang an einen Lebensraum, der den Mindestanforderungen des Tierschutzgesetzes und den Empfehlungen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz entspricht. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Kaninchen ein glückliches, gesundes und erfülltes Leben führen können. Investieren Sie in ein großzügiges Gehege statt in einen zu kleinen Käfig – Ihre Kaninchen werden es Ihnen danken.

Referenzen

  • Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT): Merkblätter zur artgerechten Haltung von Hauskaninchen.
  • Deutsches Tierschutzgesetz (TschG): §2 (Anforderungen an die Haltung von Tieren).