Kapitallebensversicherung sinnvoll: Lohnt sich der Klassiker heute noch?

Grafik einer Kapitallebensversicherung mit Spar- und Risikokomponente

Die Kapitallebensversicherung – einst ein Eckpfeiler der Altersvorsorge in Deutschland. Doch in einer Zeit, die von volatilen Märkten, historisch niedrigen Zinsen und einer Fülle an neuen Anlageprodukten geprägt ist, stellt sich dringlich die Frage: Ist eine Kapitallebensversicherung Sinnvoll? Dieser Artikel beleuchtet die Facetten dieses traditionellen Finanzinstruments, analysiert seine Stärken und Schwächen im heutigen Marktumfeld und vergleicht es mit modernen Alternativen, um Ihnen zu helfen, eine fundierte Entscheidung für Ihre finanzielle Zukunft zu treffen.

Die traditionelle Kapitallebensversicherung versprach Sicherheit und planbare Erträge. Sie bot eine Dualität: Schutz für die Familie im Todesfall und gleichzeitig den Aufbau von Kapital für das eigene Alter. Doch die Zeiten haben sich geändert. Während Altverträge mit ihren höheren Garantiezinsen oft noch einen gewissen Reiz behalten, sieht die Situation bei Neuverträgen deutlich anders aus. Wir untersuchen, ob und für wen sich dieses Produkt heute noch rechnet und welche Alternativen existieren, die möglicherweise bessere Renditen bei vertretbarem Risiko versprechen.

Was steckt hinter der Kapitallebensversicherung?

Eine Kapitallebensversicherung ist im Grunde ein zweigeteiltes Produkt. Sie kombiniert eine Todesfallleistung, die im Falle des Ablebens des Versicherten an die Hinterbliebenen ausgezahlt wird, mit einer Sparfunktion. Ein Teil der regelmäßig geleisteten Beiträge fließt in den Versicherungsschutz, während der andere Teil angelegt wird. Diese angelegten Beiträge haben das Potenzial, durch Zinsen und mögliche Überschüsse zu wachsen. Ein wesentlicher Aspekt ist der garantierte Zinssatz, der zumindest einen Teil der angesparten Summe sichert, selbst wenn die Märkte schwächeln.

Grafik einer Kapitallebensversicherung mit Spar- und RisikokomponenteGrafik einer Kapitallebensversicherung mit Spar- und Risikokomponente

Allerdings ist die Rendite stark von der allgemeinen Zinsentwicklung abhängig. In Phasen niedriger Marktzinsen sinken auch die Erträge aus der Kapitalanlage. Dies kann dazu führen, dass die garantierten Zinsen plus die zugeschriebenen Überschüsse die Erwartungen nicht erfüllen. Am Ende der vereinbarten Laufzeit erhält der Versicherungsnehmer die angesparte Gesamtsumme, ergänzt um die erwirtschafteten Erträge. Im Todesfall während der Vertragslaufzeit wird die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme an die Begünstigten ausgezahlt.

Die Vor- und Nachteile im Detail

Kapitallebensversicherungen bieten ein breites Spektrum an Vorteilen, aber auch einige signifikante Nachteile, die bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden müssen.

Vorteile

  • Doppelter Schutz: Die Versicherung vereint effektiv eine Sparfunktion mit dem Schutz der Hinterbliebenen im Todesfall.
  • Steuerliche Begünstigungen: Bei einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren und einer Auszahlung nach Vollendung des 62. Lebensjahres ist nur die Hälfte der Erträge steuerpflichtig. Zudem können unter bestimmten Umständen auch Beiträge steuerlich abgesetzt werden.
  • Chancen auf Zusatzrenditen: Durch Überschussbeteiligungen, die sich aus den Gewinnen des Versicherers speisen, kann die Gesamtrendite potenziell gesteigert werden, auch wenn dies nicht garantiert ist.
  • Garantierter Mindestzins: Selbst in unsicheren Zeiten bietet die Versicherung eine gewisse Planungssicherheit durch einen garantierten Zinssatz, der vor größeren Verlusten schützt.
  • Flexible Auszahlungsoptionen: Die Auszahlung kann nach Vertragsende flexibel als einmalige Summe oder, je nach Vereinbarung, auch in Form einer lebenslangen Rente erfolgen.
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Nachteile

  • Geringe Renditen in Niedrigzinsphasen: Die aktuelle Zinssituation schränkt die Ertragsmöglichkeiten erheblich ein. Was früher hohe Renditen versprach, wirft heute oft nur noch geringe Erträge ab.
  • Belastung durch Altverträge: Bestehende Altverträge mit hohen Garantiezinsen müssen vom Versicherer bedient werden, was die Rendite für Neuverträge und die Überschussbeteiligungen insgesamt schmälert.
  • Hohe Kosten und Abzüge: Abschluss- und Verwaltungskosten können erheblich sein und die Nettorendite spürbar reduzieren. Provisionen für Vermittler und interne Verwaltungsaufwände werden oft aus den Beiträgen abgezogen.
  • Steuerliche Hürden bei Kapitalerträgen: Wurde der Vertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen, unterliegen die Kapitalerträge grundsätzlich der vollen Besteuerung, es sei denn, die genannten steuerlichen Bedingungen (mindestens 12 Jahre Laufzeit, Auszahlung nach 62. Lebensjahr) sind erfüllt.
  • Geringe Flexibilität: Die Beitragszahlung ist oft starr. Eine Reduzierung oder Aussetzung von Beiträgen kann schwierig sein und zu Nachteilen führen.
  • Langfristiges Engagement: Um die Vorteile voll auszuschöpfen, ist eine langfristige Bindung über viele Jahre erforderlich, was die Liquidität einschränken kann.
VorteileNachteile
Doppelter Schutz: Sparanlage + TodesfallschutzSchwierige Zinslage in Niedrigzinszeiten
Steuervergünstigungen bei langer LaufzeitAltverträge drücken Gesamtrendite
Teilweise steuerlich absetzbare BeiträgeSteuerliche Hürden bei Kapitalerträgen nach 2005
Chancen auf Zusatzrendite durch ÜberschüsseVersteckte Kosten durch Gebühren und Provisionen
Sicherheit durch MindestverzinsungVertragsbindung und Beitragsstarre
Einmalzahlung, aber je nach Vertrag auch Rentenauszahlung möglichBindung über Jahrzehnte ohne kurzfristige Vorteile
Wer das Geld vorzeitig braucht, muss hohe Verluste einkalkulieren

Kostenstruktur einer Kapitallebensversicherung

Bevor Sie eine Kapitallebensversicherung abschließen, ist es unerlässlich, die damit verbundenen Kosten zu verstehen, da diese die tatsächliche Rendite erheblich beeinflussen können.

  1. Abschlusskosten: Diese decken die Kosten für Vermittlung und Vertragsabschluss ab, einschließlich der Provisionen für den Makler. Sie werden üblicherweise auf die ersten Vertragsjahre verteilt und aus den eingezahlten Beiträgen entnommen.
  2. Verwaltungskosten: Laufende Kosten für die Verwaltung des Vertrages, wie Buchhaltung, Kundenservice und Beitragsverwaltung, werden jährlich vom Sparanteil oder den Überschüssen abgezogen.
  3. Risikokosten: Diese Kosten decken das im Vertrag enthaltene Todesfallrisiko ab und variieren je nach Alter und Gesundheitszustand bei Vertragsabschluss.
  4. Kosten für den Kapitalanlageerfolg: Gebühren für die Verwaltung der angelegten Gelder, Transaktionskosten und eventuelle Performance-Gebühren können ebenfalls anfallen.

Diese Kosten können dazu führen, dass von einem anfänglich angenommenen Garantiezins von beispielsweise 1,25 Prozent am Ende nur noch etwa 0,42 Prozent übrig bleiben, selbst bei einer langen Laufzeit. Bei Neuverträgen, die aktuell abgeschlossen werden, liegen die Garantiezinsen oft noch deutlich niedriger, teilweise sogar unter 0,25 Prozent.

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Ein Rechenbeispiel zur Rentabilität

Betrachten wir das Beispiel von Max, 30 Jahre alt, der eine Kapitallebensversicherung mit einem monatlichen Beitrag von 100 Euro und einer Laufzeit von 30 Jahren abschließt. Über die gesamte Laufzeit zahlt er somit 36.000 Euro ein.

Szenario 1 (optimistisch): Angenommener garantierter Zinssatz von 1,25 % p.a. plus 3,33 % durchschnittliche Überschussbeteiligung.
Nach 30 Jahren könnte Max auf rund 40.500 Euro kommen.

Szenario 2 (realistischer, mit Berücksichtigung von Kosten und Altverträgen): Ein durchschnittlicher Garantiezins von nur 0,42 % nach Kosten und eine Überschussbeteiligung von 2,00 % (da Altverträge die Mittel binden).
In diesem Fall würde Max nach 30 Jahren nur noch etwa 38.500 Euro ausbezahlt bekommen. Der Unterschied ist zwar auf den ersten Blick nicht riesig, aber im Verhältnis zur eingezahlten Summe und im Vergleich zu alternativen Anlagen ist die Rendite gering.

Steuerliche Aspekte bei der Auszahlung

Die Besteuerung der Auszahlung einer Kapitallebensversicherung hängt vom Abschlussdatum des Vertrages ab.

  • Verträge, die nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurden, unterliegen dem Alterseinkünftegesetz. Kapitalerträge sind hier grundsätzlich voll steuerpflichtig.
  • Eine Steuerbegünstigung tritt ein, wenn die Laufzeit mindestens zwölf Jahre beträgt und die Auszahlung nach dem 62. Lebensjahr erfolgt. Dann wird nur die Hälfte der Erträge besteuert.
  • Je später die Auszahlung erfolgt, desto geringer ist der steuerpflichtige Anteil. Wer beispielsweise mit 67 Jahren in Rente geht statt mit 65, profitiert von einer geringeren Steuerlast auf die Erträge.

Für wen kann sich eine Kapitallebensversicherung lohnen?

Trotz der Nachteile gibt es Personengruppen, für die eine Kapitallebensversicherung auch heute noch eine Überlegung wert sein kann:

  • Sicherheitsorientierte Anleger: Wer Wert auf maximale Sicherheit, Beständigkeit und einen garantierten Zinssatz legt und sich nicht mit den Schwankungen der Finanzmärkte auseinandersetzen möchte, findet hier eine gewisse Beruhigung.
  • Langfristig Planende mit Todesfallschutzbedarf: Personen, die gleichzeitig für das Alter vorsorgen und ihre Angehörigen absichern möchten, können hier eine integrierte Lösung finden. Dies trifft oft auf Familien mittleren Alters zu.
  • Steuerbewusste Anleger: Personen, die die steuerlichen Vorteile bei langen Laufzeiten und späterer Auszahlung optimal nutzen können.

Für wen ist sie eher ungeeignet?

Es gibt jedoch auch klare Fälle, in denen eine Kapitallebensversicherung nicht die erste Wahl sein sollte:

  • Renditeorientierte Anleger: Wer nach höheren Renditen sucht und bereit ist, dafür auch höhere Risiken einzugehen, wird mit Alternativen wie ETFs oder Aktien wahrscheinlich besser bedient sein.
  • Flexibilitätsbedürftige: Wer finanzielle Flexibilität schätzt, Beiträge anpassen oder bei Bedarf aussetzen möchte, findet bei starren Lebensversicherungen oft nicht die gewünschte Bewegungsfreiheit.
  • Skeptiker niedriger Zinsen: Wer die aktuellen Niedrigzinsen kritisch sieht und auf höhere Erträge hofft, sollte alternative Anlageformen in Betracht ziehen.
ZielgruppeBeschreibung
Geeignet für:
SicherheitsorientierteSchätzen Beständigkeit, Sicherheit und garantierte Zinssätze.
Passiv-InvestorenMöchten Entwicklungen am Kapitalmarkt nicht ständig verfolgen.
FamilienoberhäupterAbsicherung der Familie im Todesfall und gleichzeitiger Altersvorsorge.
SteueroptimiererNutzen steuerliche Vorteile bei langen Laufzeiten und späten Auszahlungen.
Weniger geeignet für:
RenditejägerSuchen nach hohen Renditen und sind bereit, dafür Risiken einzugehen.
FlexibilitätsbedürftigeSchätzen finanzielle Flexibilität und möchten Beiträge anpassen oder aussetzen können.
Kritiker niedriger ZinsenSkeptisch gegenüber Niedrigzinsen und den damit verbundenen Renditeerwartungen.
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Wichtiger Hinweis: Diese Einschätzung bezieht sich primär auf den Abschluss neuer Verträge. Bestehende Altverträge mit hohen Garantiezinsen sollten nicht vorschnell gekündigt werden, da dies oft mit erheblichen Verlusten verbunden ist. Eine sorgfältige Prüfung ist hier unerlässlich.

Attraktive Alternativen zur Kapitallebensversicherung

Angesichts der eingeschränkten Attraktivität neuer Kapitallebensversicherungen lohnt sich ein Blick auf alternative Anlage- und Vorsorgemöglichkeiten, die oft höhere Renditen bei einem adäquaten Risikomanagement bieten können.

  • Fondsgebundene Rentenversicherung: Kombiniert Vorsorge mit der Renditechance von Investmentfonds. Das Risiko ist hierbei höher als bei einer reinen Kapitallebensversicherung, potenziell aber auch die Rendite.
  • ETFs (Exchange Traded Funds): Diese passiven Indexfonds zeichnen sich durch geringe Kosten und hohe Transparenz aus. Sparpläne auf ETFs sind eine sehr beliebte und oft renditestärkere Alternative zur Kapitallebensversicherung.
  • Bausparvertrag: Besonders sinnvoll für Personen mit dem Ziel, kurz- bis mittelfristig Wohneigentum zu erwerben, da er zinsgünstige Darlehen und staatliche Förderungen bietet.
  • Staatlich geförderte Altersvorsorge (Riester- und Rürup-Rente): Bieten steuerliche Vorteile und Zulagen, wobei die Riester-Rente eher für Familien und Geringverdiener, die Rürup-Rente für Selbstständige und Gutverdiener relevant ist.
  • Direkte Immobilieninvestitionen: Bieten Sachwertstabilität und Mieteinnahmen, erfordern jedoch Kapital und Know-how.
  • Tages– und Festgeldkonten: Bieten hohe Sicherheit und Liquidität. Aktuell sind die Zinsen hierbei wieder attraktiv geworden, auch wenn sie nicht mit den Renditeerwartungen von Aktienmärkten mithalten können. Für risikoscheue Anleger sind sie eine gute Wahl.

Die Wahl der passenden Anlageform sollte immer individuell auf Ihre finanzielle Situation und Ihre persönlichen Ziele abgestimmt sein. Eine Beratung durch einen unabhängigen Finanzexperten kann dabei sehr hilfreich sein.

Häufig gestellte Fragen zur Kapitallebensversicherung

Warum erscheint die Rendite meiner Kapitallebensversicherung geringer?
Die Rendite kann durch das derzeitige Zinsumfeld beeinträchtigt sein. Niedrige Marktzinsen führen zu geringeren Erträgen aus Kapitalanlagen und beeinflussen somit die Überschussbeteiligung negativ. Zudem belasten Altverträge mit hohen Garantiezinsen die Renditeerwartungen für Neuverträge.

Welchen Mehrwert bietet eine Kapitallebensversicherung noch?
Sie bietet eine Kombination aus Sparfunktion und Todesfallschutz. Bestehende Altverträge können durch ihre höheren Garantiezinsen und steuerlichen Vorteile weiterhin attraktiv sein. Für Neuverträge ist die Attraktivität jedoch deutlich gesunken.

Sind andere Anlageoptionen vorteilhafter als Kapitallebensversicherungen?
Ja, für viele Anleger sind Alternativen wie ETFs oder Fondssparpläne aufgrund ihrer potenziell höheren Renditen und geringeren Kosten vorteilhafter. Auch Tages- und Festgeldkonten bieten aktuell wieder attraktive Zinsen bei hoher Sicherheit. Die Sinnhaftigkeit hängt stark vom individuellen Risikoprofil und den Anlagezielen ab.