Kolibris sind aufgrund ihrer geringen Größe, ihres schillernden Gefieders und ihres einzigartigen Schwirrflugs äußerst attraktive und beliebte Vögel. Sie faszinieren Menschen weltweit und wecken oft den Wunsch, solch ein Juwel der Lüfte als Haustier zu halten. Doch die Haltung eines Kolibris ist keineswegs einfach und erfordert einen immensen Aufwand sowie spezialisiertes Wissen. Bevor man über einen Kolibri Als Haustier nachdenkt, ist es entscheidend, die komplexen Bedürfnisse und rechtlichen Rahmenbedingungen dieser besonderen Vögel zu verstehen.
Der Große Veilchenohrkolibri: Ein Beispiel für faszinierende Arten
Der Große Veilchenohrkolibri (Colibri coruscans) ist eine der wenigen Kolibriarten, die bereits in Zoos erfolgreich nachgezüchtet wurden und gelegentlich auch zu sehen sind. Seine Haltung ist jedoch, wie bei allen Kolibris, äußerst anspruchsvoll.
Körperbau und Funktionen
Der Große Veilchenohrkolibri erreicht eine Gesamtlänge von 13-14 cm, wobei der Schnabel allein etwa 2.5 cm ausmacht. Männchen wiegen zwischen 7.7 und 8.5 g, Weibchen sind mit 6.7-7.5 g etwas leichter. Das Obergefieder glänzt in einem prächtigen Grün. Charakteristisch sind das blaue Kinn und die blauen Streifen, die unter den Augen zu den verlängerten Ohrfedern verlaufen. Die Bauchmitte schimmert ebenfalls blau. Die mittleren Schwanzfedern weisen einen bläulich-grünen Glanz auf, während die äußeren bläulich sind und ein schwarzblaues Subterminalband besitzen.
Verbreitung und Lebensraum
Der Große Veilchenohrkolibri ist in weiten Teilen Südamerikas beheimatet, darunter Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Peru und Venezuela. Er ist ein typischer Gebirgsvogel, der Waldränder, offene Waldlandschaften, Baumpflanzungen, Gärten, Subparamo und Páramo in Höhenlagen von 1.700 bis 4.500 Metern besiedelt. Diese Vögel sind territorial und verteidigen ihre Nahrungsquellen aktiv.
Großer Veilchenohrkolibri (Colibri coruscans) im Tierpark Berlin, ein Beispiel für exotische Vögel und die Herausforderungen der Kolibri Haltung.
Lebensweise und Ernährung
Die Ernährung des Großen Veilchenohrkolibris besteht hauptsächlich aus Nektar, ergänzt durch kleine Insekten. Ihr napfförmiges Nest wird aus weichem Pflanzenmaterial gebaut und außen geschickt mit Flechten und Zweigen getarnt. Es findet sich häufig auf horizontalen Ästen, an hängenden Zweigen oder in Felsspalten. Ein Gelege umfasst in der Regel zwei Eier, die ausschließlich vom Weibchen über 17-18 Tage ausgebrütet werden. Die Jungvögel sind nach etwa drei Wochen flügge.
Karte des ungefähren Vorkommensgebiets des Großen Veilchenohrkolibris in Südamerika, relevant für den Artenschutz und die natürliche Verbreitung von Kolibris.
Gefährdung und Schutzstatus
Glücklicherweise gilt der Große Veilchenohrkolibri dank seiner weiten Verbreitung als nicht gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Der internationale Handel mit dieser Art ist jedoch durch CITES-Anhang II geregelt, was bedeutet, dass für den Import und Export Genehmigungen erforderlich sind, um die Überwachung und den Schutz der Populationen zu gewährleisten.
Ist ein Kolibri als Haustier realistisch? Herausforderungen der Haltung
Die Vorstellung, einen Kolibri als Haustier zu halten, mag verlockend sein, doch die Realität ist ernüchternd. Diese Vögel stellen extrem hohe Anforderungen an ihre Umgebung, Ernährung und Pflege, die von einem privaten Halter nur schwer zu erfüllen sind.
Die Komplexität der Kolibrihaltung
Kolibris benötigen eine spezielle Diät aus Nektar und Proteinen (Insekten), die ständig frisch zubereitet und in speziellen Futterspendern angeboten werden muss. Ihr hoher Stoffwechsel erfordert eine nahezu konstante Nahrungsaufnahme. Zudem sind Kolibris extrem empfindlich gegenüber Temperaturschwankungen und benötigen eine hohe Luftfeuchtigkeit, um thrive zu können. Eine artgerechte Voliere muss nicht nur groß genug sein, sondern auch spezifische Bedingungen bezüglich Bepflanzung und Beleuchtung erfüllen.
Großer Veilchenohrkolibri mit Jungvögeln im Nest im Tierpark Berlin, veranschaulicht die anspruchsvolle Kolibri Zucht in menschlicher Obhut.
Erfahrungen in Zoologischen Gärten
Erfolgreiche Zuchten, wie 1970 im San Diego Zoo und im Tierpark Berlin, zeigen, dass Kolibris unter professionellen Bedingungen gehalten und vermehrt werden können. Das Höchstalter in Menschenobhut, über 8 Jahre, wurde ebenfalls von einem Vogel im Tierpark Berlin erreicht. Dennoch sind sie auch in europäischen Zoos selten zu finden, was die Schwierigkeit der Haltung unterstreicht. Gegenwärtig (2024) ist der Große Veilchenohrkolibri beispielsweise nur in einer einzigen Einrichtung in Italien zu sehen.
Rechtliche Rahmenbedingungen in Europa
Die gesetzlichen Bestimmungen zur Haltung von Kolibris variieren. In Deutschland gibt es keine spezifischen Mindestanforderungen an Gehege für Kolibris, was die Situation für private Halter unklar lässt und keine klaren Richtlinien vorgibt.
Ganz anders in der Schweizerischen Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2024), die für 1-2 Kolibris eine bei Bedarf unterteilbare Voliere mit einer Grundfläche von 3 m², einem Volumen von 6 m³ und einer Bademöglichkeit vorschreibt. Für jeden weiteren Vogel ist die Grundfläche um 1 m² zu vergrößern. Angesichts der Territorialität der Kolibris ist diese Regelung jedoch umstritten. Mehrere Paare können meist nur in sehr großen Tropenhallen zusammengehalten werden.
Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2024) fordert für ein Paar Kolibris eine Voliere mit Mindestmaßen von 2.0 x 1.0 x 2.0 Metern (Länge x Breite x Höhe). Bei Unverträglichkeit ist eine Trennung der Vögel zwingend. Für die Haltung in Außenvolieren während der Sommermonate muss ein Schutzraum von mindestens 1 m² Grundfläche zur Verfügung stehen. Die Mindesttemperatur darf tagsüber 18°C und nachts 10°C nicht unterschreiten, wobei ein Tag-Nacht-Gefälle angestrebt werden sollte. Zusätzlich sind punktförmige Wärmequellen mit Strahlungswärme einzurichten, die bei Bedarf aufgesucht werden können. Die Luftfeuchtigkeit muss konstant 50–60% betragen.
Ein Großer Veilchenohrkolibri im Welt-Vogelpark Walsrode, zeigt die Haltung von Kolibris in speziellen Vogelparks.
Was bedeutet das für die private Haltung?
Diese detaillierten Vorschriften, selbst wenn sie für Zoos oder spezialisierte Einrichtungen gedacht sind, verdeutlichen den enormen Aufwand. Ein durchschnittlicher privater Halter kann die notwendigen Bedingungen für einen Kolibri als Haustier kaum erfüllen. Die spezialisierte Ernährung, die konstante Temperatur- und Luftfeuchtigkeitskontrolle sowie der Platzbedarf übersteigen die Möglichkeiten der meisten Haushalte bei Weitem.
Bedeutung für den Menschen und Handel
Der Große Veilchenohrkolibri war früher, wenn auch in geringem Umfang, im internationalen Tierhandel vertreten. Zwischen 1988 und 2014 meldete Peru die Ausfuhr von 3.842 Wildfängen, doch seitdem gab es keine weiteren Meldungen. Exporte von Teilen, Erzeugnissen oder Nachzuchttieren wurden weltweit nicht registriert. Dies unterstreicht die Seltenheit und die Herausforderungen im Umgang mit diesen Vögeln im Handel.
Historische Illustration des Großen Veilchenohrkolibris von John Gould, zur Veranschaulichung der Artenkenntnis über diese besonderen Haustiere.
Taxonomie und Nomenklatur
Der Große Veilchenohrkolibri wurde erstmals 1846 von dem englischen Ornithologen und Illustrator John Gould wissenschaftlich als “Trochilus coruscans” beschrieben. Der heute gültige Gattungsname Colibri wurde bereits 1824 von Johann Baptist Ritter von Spix eingeführt. Aktuell sind zwei Unterarten anerkannt.
Fazit: Kolibri als Haustier – Ein Wunschtraum mit Hürden
Die Faszination für Kolibris ist unbestreitbar, doch die Vorstellung eines Kolibris als Haustier ist für die allermeisten Menschen eine unrealistische Vorstellung. Die extrem hohen Anforderungen an Haltung, Ernährung und Pflege sowie die komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen machen die private Kolibrihaltung zu einem Unterfangen, das nur von absoluten Spezialisten oder zoologischen Einrichtungen mit entsprechender Expertise und finanziellen Mitteln bewältigt werden kann. Statt den Traum eines Kolibris im eigenen Heim zu verfolgen, sollten wir uns darauf konzentrieren, diese wundervollen Geschöpfe in ihrem natürlichen Lebensraum oder in professionell geführten Zoos zu bewundern und uns für ihren Schutz einzusetzen. Informieren Sie sich umfassend über die Bedürfnisse von Wildtieren, bevor Sie eine Haltung in Betracht ziehen, die weder dem Tier noch Ihnen gerecht werden kann.
Quellen
[1] IUCN Red List (http://www.iucnredlist.org)[2] CITES Trade Database (https://trade.cites.org/)
[3] Handbook of the Birds of the World (HBW)
[4] Zootierliste (http://www.zootierliste.de)
[6] Klaus Rudloff, Tierpark Berlin