Die Auszahlung einer Lebensversicherung kann für Hinterbliebene im Todesfall eine wichtige finanzielle Absicherung darstellen. Doch die Freude über diesen Sicherheitsanker wird oft von Fragen zur Besteuerung überschattet. Wann und in welcher Höhe fallen Steuern an, wenn eine Lebensversicherung im Todesfall versteuert werden muss? Diese Frage ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Art der Versicherung und den verwandtschaftlichen Beziehungen zum Verstorbenen. Als Experte für Finanzthemen bei Shock Naue beleuchten wir detailliert die steuerlichen Aspekte, damit Sie und Ihre Lieben im Ernstfall bestens informiert sind.
Im Mittelpunkt steht dabei oft die Erbschaftsteuer, die auf die Auszahlung einer Lebensversicherung im Todesfall anfallen kann, während Einkommen- oder Abgeltungsteuer in der Regel nicht direkt von den Begünstigten erhoben wird. Wir gehen auf die Besonderheiten der Kapital- und Risikolebensversicherung ein und zeigen Ihnen Wege auf, wie Sie die steuerliche Belastung für Ihre Hinterbliebenen optimieren können.
I. Die Kapitallebensversicherung: Grundlagen und Auszahlung zu Lebzeiten
Bevor wir uns den spezifischen Regelungen im Todesfall widmen, ist es wichtig, die Grundlagen der Kapitallebensversicherung (auch: kapitalbildende Lebensversicherung) zu verstehen. Diese dient nicht nur der finanziellen Absicherung von Hinterbliebenen, sondern auch dem Vermögensaufbau oder der privaten Altersvorsorge des Versicherten.
Altverträge vs. Neuverträge: Eine steuerliche Grenze im Jahr 2005
Die Besteuerung einer Kapitallebensversicherung hängt maßgeblich davon ab, wann der Vertrag abgeschlossen wurde. Für sogenannte Altverträge, die vor dem 1. Januar 2005 geschlossen wurden, gelten oft vorteilhaftere Regeln:
Steueroase Altverträge: Was bei Abschluss bis 2005 gilt
Wenn Sie Ihre Kapitallebensversicherung vor dem Jahr 2005 abgeschlossen haben, ist der Ertrag aus diesem Vertrag in aller Regel steuerfrei. Dies gilt unter folgenden Voraussetzungen:
- Der Vertrag wurde bis zum 31. Dezember 2004 ausgestellt.
- Ihr erster Beitrag wurde bis zum 31. März 2005 gezahlt.
- Sie haben mindestens fünf Jahre lang Beiträge eingezahlt.
- Der Vertrag hatte eine Laufzeit von zwölf Jahren oder länger.
- Der Todesfallschutz betrug mindestens 60 Prozent der eingezahlten Beiträge.
- Sie erhalten den Betrag als einmalige Auszahlung, nicht als regelmäßige Rente.
Die meisten Versicherer haben Altverträge so gestaltet, dass diese Kriterien erfüllt sind und die einmalige Auszahlung steuerfrei bleibt. Trotzdem sollten Sie zur Sicherheit die Vertragsbedingungen prüfen. Falls eine der genannten Bedingungen nicht erfüllt ist, gelten auch für Altverträge die Regeln der Neuverträge.
Achtung: Eine nachträgliche Verlängerung oder Beitragserhöhung bei Altverträgen kann steuerlich als Neuabschluss gewertet werden. Im Zweifelsfall ist eine Rücksprache mit Ihrem Versicherungsanbieter ratsam.
Einmalzahlung bei Neuverträgen: Die Abgeltungssteuer
Für Verträge, die nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurden, wird die Einmalauszahlung der Lebensversicherung, sofern sie zu Lebzeiten des Versicherten erfolgt, besteuert. Wichtig hierbei: Es wird nur der sogenannte Ertragsanteil versteuert, also der Gewinn, den Sie über die eingezahlten Beiträge hinaus erzielt haben. Ob es sich um eine klassische oder fondsgebundene Kapitallebensversicherung handelt, spielt dabei keine Rolle.
Der Gewinn unterliegt der Abgeltungssteuer von 25 Prozent. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent der Abgeltungssteuer) und gegebenenfalls die Kirchensteuer (8 oder 9 Prozent je nach Bundesland). Die Bank, bei der der Gewinn aufläuft, führt diese Abgaben in der Regel direkt an das Finanzamt ab.
Sie können den Sparerpauschbetrag nutzen, um Steuern zu sparen, indem Sie einen Freistellungsauftrag bei Ihrer Bank einreichen. Für weitere Informationen zum Vergleich von Angeboten können Sie verschiedene Optionen für Kapitallebensversicherungen vergleichen.
Mit Ausdauer nur die Hälfte versteuern (Halbeinkünfteverfahren)
Der Gesetzgeber belohnt lange Laufzeiten. Wenn Ihr Vertrag mindestens zwölf Jahre gelaufen ist, Sie das Geld erst ab 60 (bzw. ab 2012 ab 62) Jahren ausgezahlt bekommen und der Todesfallschutz mindestens 50 Prozent der gezahlten Beiträge ausmacht (für Verträge ab 01.04.2009), müssen Sie nur die Hälfte des Ertrags mit Ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuern. Hierfür müssen Sie die Auszahlung in Ihrer Steuererklärung angeben.
Drei lachende Seniorinnen beim Einkaufsbummel, symbolisch für finanzielle Freiheit im Alter durch Lebensversicherung
Monatliche Auszahlung (Leibrente): Die Einkommensteuer
Entscheiden Sie sich für eine Verrentung Ihrer Lebensversicherung und erhalten monatliche Auszahlungen (Leibrente), wird ebenfalls nur der Ertragsanteil versteuert. Dieser fällt dann nicht unter die Abgeltungs-, sondern unter die Einkommensteuer. Der Steuersatz ist dabei vom Alter bei Rentenbeginn abhängig. Ab dem 60. oder 61. Lebensjahr liegt der Ertragsanteil bei 22 Prozent, während er ab 67 Jahren nur noch 17 Prozent beträgt (siehe Einkommensteuergesetz).
Zudem müssen Sie bedenken, dass von Ihrer privaten Altersvorsorge 14 Prozent Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung anfallen können, sofern Sie freiwillig gesetzlich versichert sind. Die Option einer Sofortrente kann hier eine Überlegung wert sein.
Vorzeitige Kündigung oder Verkauf
Bei einer vorzeitigen Kündigung erhalten Sie den Rückkaufswert. Falls dieser einen Gewinn beinhaltet, ist dieser zu versteuern. Erfüllt Ihr Vertrag die Bedingungen für das Halbeinkünfteverfahren, ist auch hier nur die Hälfte des Gewinns über die Einkommensteuer zu versteuern. Beim Verkauf der LV fällt immer die Abgeltungssteuer an.
II. Lebensversicherung versteuern bei Todesfall: Erbschaftsteuer als zentrale Abgabe
Nun zum Kernpunkt: Was passiert, wenn die Lebensversicherung im Todesfall an die Begünstigten ausgezahlt wird?
Die gute Nachricht zuerst: Für die Begünstigten fällt in diesem Fall weder Abgeltungs- noch Einkommensteuer auf die Auszahlung an. Die Lebensversicherung wird als Vermögenswert betrachtet, der im Rahmen der Erbschaft an die Hinterbliebenen übergeht.
Der entscheidende Faktor ist hier die Erbschaftsteuer. Das Finanzamt erhebt Erbschaftsteuer auf die Auszahlung der Lebensversicherung, wenn der Gesamtwert des Nachlasses – inklusive der Versicherungsleistung – die persönlichen Freibeträge der Erbenden überschreitet.
Erbschaftsteuer und Freibeträge im Detail
Die Höhe der Freibeträge hängt vom Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen ab:
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro pro Kind
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Andere Personen (z.B. unverheiratete Partner, Geschwister): 20.000 Euro
Besonders bei unverheirateten Partnern sind die Freibeträge schnell ausgeschöpft. Aber auch bei Ehepartnern oder Kindern können die Grenzen erreicht werden, wenn der Nachlass weitere werthaltige Vermögenswerte wie Immobilien oder größere Geldvermögen umfasst.
Ein detaillierter Artikel zur Auszahlung Lebensversicherung Todesfall Steuerpflichtig gibt weitere Einblicke. Mehr zur allgemeinen Erbschaftsteuer erfahren Sie im Artikel „Erbschaftsteuer: Was zahlt man für Omas Erspartes – und den ganzen Rest?“.
Luxuriöses Ferienhaus mit Swimmingpool in Berglandschaft, symbolisiert ein hohes Erbe und die mögliche Erbschaftsteuerlast
Strategien zur Reduzierung der Erbschaftsteuer
Es gibt Möglichkeiten, die Erbschaftsteuer auf die Lebensversicherung für Ihre Begünstigten zu minimieren oder sogar zu umgehen:
Bezugsberechtigung und Versicherungsnehmer trennen:
- Ihr Partner (oder Kind) schließt eine Police auf den eigenen Namen ab. Er oder sie ist der Versicherungsnehmer und zahlt die Beiträge.
- Versichert ist aber Ihr Leben.
- Bezugsberechtigt ist in jedem Fall Ihr Partner (oder Kind): Im Falle Ihres Todes erhält er oder sie die vereinbarte Versicherungssumme – und das steuerfrei, da die Auszahlung nicht aus Ihrem Vermögen stammt. Erleben Sie das Ende der Versicherungsfrist, erhält der Partner das angesparte Kapital.
Kreuzweise Lebensversicherung:
- Dies ist eine spezielle Form der Trennung von Versicherungsnehmer und versicherter Person. Bei Ehepaaren oder Lebenspartnern schließen beide Partner jeweils eine Lebensversicherung auf das Leben des anderen ab.
- Beispiel: Partner A ist Versicherungsnehmer und Beitragszahler für eine Police, die das Leben von Partner B versichert. Partner B ist die bezugsberechtigte Person. Umgekehrt genauso.
- Im Todesfall von Partner B erhält Partner A die Versicherungsleistung aus seiner eigenen, auf Partner B abgeschlossenen Police. Da Partner A der Versicherungsnehmer und Beitragszahler ist, stammt die Auszahlung nicht aus dem Nachlass von Partner B und ist daher erbschaftsteuerfrei.
Diese Gestaltungsmöglichkeiten erfordern eine sorgfältige Planung und sollten idealerweise mit einem Steuerberater oder Versicherungsexperten besprochen werden, um die individuelle Situation optimal zu berücksichtigen.
III. Risikolebensversicherung: Fokus auf den Todesfallschutz
Im Gegensatz zur Kapitallebensversicherung dient die Risikolebensversicherung ausschließlich der finanziellen Absicherung von Hinterbliebenen im Todesfall. Es findet kein Vermögensaufbau statt. Die Beiträge decken lediglich das Risiko des Todes ab.
Steuerliche Behandlung der Risikolebensversicherung
Die Auszahlung einer Risikolebensversicherung an die Hinterbliebenen ist nicht einkommen- oder abgeltungssteuerpflichtig. Hier greift jedoch, genau wie bei der Kapitallebensversicherung im Todesfall, die Erbschaftsteuer, sobald die Auszahlung zusammen mit anderen Vermögenswerten die individuellen Freibeträge der Begünstigten überschreitet. Die bereits genannten Freibeträge für Ehepartner, Kinder und andere Personen gelten hier ebenfalls.
Beiträge als Vorsorgeaufwand absetzbar:
Ein Vorteil der Risikolebensversicherung ist, dass die Beiträge als Vorsorgeaufwand von der Steuer abgesetzt werden können, unabhängig vom Abschlussdatum des Vertrages. Dies kann im Rahmen des Höchstbetrags für Vorsorgeaufwendungen steuerliche Vorteile bringen. Dies gilt auch für die Beiträge einer Sterbegeldversicherung der LV 1871, die ebenfalls der Absicherung im Todesfall dient.
IV. Steuerliche Absetzbarkeit von Beiträgen zur Lebensversicherung
Bisher haben wir uns mit der Besteuerung bei Auszahlung beschäftigt. Nun betrachten wir, ob die Beiträge zur Lebensversicherung steuerlich geltend gemacht werden können.
Altverträge (vor 2005)
Wenn Sie Ihren Kapitallebensversicherungsvertrag vor 2005 abgeschlossen haben, sind die Beiträge tatsächlich als Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzbar. Sie können diese in Ihrer Steuererklärung als Sonderausgaben eintragen. Allerdings gibt es hierfür Höchstbeträge (z.B. 1.900 Euro für Arbeitnehmer, 2.800 Euro für Selbstständige), die oft bereits durch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgeschöpft sind.
Neuverträge (nach 2005)
Bei Verträgen, die nach 2005 abgeschlossen wurden, können die Beiträge zur Kapitallebensversicherung in der Regel nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden. Dies ist eine Folge der Neuordnung der Altersvorsorge durch das Alterseinkünftegesetz.
Fazit: Die Komplexität der Besteuerung verstehen
Die Besteuerung einer Lebensversicherung, insbesondere im Todesfall, ist ein komplexes Thema, das eine sorgfältige Auseinandersetzung erfordert. Während Auszahlungen zu Lebzeiten, je nach Vertragsart und -laufzeit, der Abgeltungs- oder Einkommensteuer unterliegen können, steht im Todesfall die Erbschaftsteuer im Vordergrund. Diese kann für Hinterbliebene eine erhebliche Belastung darstellen, wenn die Freibeträge überschritten werden.
Es ist unerlässlich, sich frühzeitig mit diesen Regelungen auseinanderzusetzen und gegebenenfalls professionellen Rat einzuholen. Eine durchdachte Gestaltung der Bezugsberechtigung oder die Nutzung von Modellen wie der kreuzweisen Lebensversicherung kann dazu beitragen, die steuerliche Last für Ihre Liebsten im Fall der Fälle zu minimieren und so die finanzielle Sicherheit zu gewährleisten, die Sie ursprünglich beabsichtigt haben. Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Verträge und passen Sie diese bei Bedarf an Ihre aktuelle Lebenssituation an.
