LNG-Terminal vor Rügen: Eine Bedrohung für die einzigartige Natur der Ostsee

Das geplante Flüssiggas-Terminal (LNG-Terminal) vor Rügen wirft ernste Bedenken hinsichtlich seiner Umweltauswirkungen auf. Die Notwendigkeit, die Energieversorgung Deutschlands zu sichern, darf nicht auf Kosten der empfindlichen Meeresökosysteme der Ostsee gehen. Dieses Vorhaben könnte weitreichende negative Folgen für Flora und Fauna haben, die wir näher beleuchten wollen, um die Debatte rund um die Umweltverträglichkeit von LNG-Terminals weiter anzuregen und fundierte Entscheidungen zu fördern.

Die kritischen Auswirkungen auf die maritime Umwelt

Das Kernproblem des geplanten LNG-Terminals vor Rügen liegt in der Notwendigkeit, eine Gaspipeline durch mehrere Meeresschutzgebiete zu bauen. Diese Maßnahme birgt das Potenzial, Lebensräume zu zerstören und den bereits stark beanspruchten Greifswalder Bodden sowie seine Bewohner erheblich zu gefährden. Die zusätzliche Belastung durch den Bau und den erwarteten Anstieg des Schiffsverkehrs stellt eine zusätzliche Herausforderung für ein Ökosystem dar, das bereits an seine Grenzen stößt.

Die betroffenen Gebiete umfassen wertvolle Schutzmaßnahmen der Europäischen Union:

  • Zwei Vogelschutzgebiete im Rahmen von Natura 2000: “Westliche Pommersche Bucht” und “Greifswalder Bodden und südlicher Strelasund”.
  • Zwei Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung: “Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht” sowie “Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Usedom”.
  • Das Landschaftsschutzgebiet “Greifswalder Bodden”.

Diese Schutzgebiete sind von entscheidender Bedeutung für die Artenvielfalt und die Gesundheit der Ostsee.

Bauarbeiten und Betriebsphase: Gefahren für Arten und ihre Lebensräume

Die Konstruktion eines so umfangreichen Projekts wie des LNG-Terminals vor Rügen birgt inhärente Risiken für empfindliche Lebensräume. Die mit dem Bau verbundenen Aktivitäten, wie das Ausbaggern des Meeresbodens, können nicht nur direkt die Habitate zerstören, sondern auch eine erhebliche Lärmbelastung für Meeresbewohner darstellen.

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Bedrohung für Schweinswale und ihre Orientierung

Besonders alarmierend sind die potenziellen Auswirkungen auf die Ostsee-Schweinswale. Deren Lebensweise ist stark von ihrem Gehör und der Echolokation abhängig. Schallwellen, die durch Schiffe, Bagger und andere Baumaschinen erzeugt werden, können deren Fähigkeit zur Jagd, Navigation und Kommunikation erheblich beeinträchtigen. Dieser zunehmende Unterwasserlärm kann Schweinswale aus ihrem natürlichen Lebensraum vertreiben und ihre Population weiter unter Druck setzen.

Auswirkungen auf die Nahrungsgrundlage: Hering und Seegras

Die geplante Gaspipeline würde durch den Greifswalder Bodden führen, ein essentielles Laichgebiet für den Hering in der westlichen Ostsee. Die durch die Bauarbeiten aufgewirbelten Sedimente trüben das Wasser. Gelangen dadurch gespeicherte Nährstoffe in die Wassersäule, kann dies zu Algenblüten führen, die die Wassertrübung weiter verstärken. Eine geringere Sonneneinstrahlung beeinträchtigt die Photosynthese von Seegräsern, die für die Heringe als Laichplätze und Kinderstuben unerlässlich sind. Das Absterben von Seegrasbeständen hätte gravierende Folgen für die Fischpopulationen und die gesamte Nahrungskette.

Auch die Kegelrobbenpopulationen der südlichen Ostsee, die sich gerade erst wieder ansiedeln, sind auf den Hering als Nahrungsquelle angewiesen. Ihre Lebensgrundlage wird durch die Auswirkungen des LNG-Projekts direkt bedroht. Die Tatsache, dass Schutzstatus besitzende Robben in den Planungsunterlagen für den Pipelinebau nicht ausreichend berücksichtigt werden, unterstreicht die Lücken in der Umweltprüfung solcher Großprojekte.

Zerstörung von Riffen und Biotopen

Die Greifswalder Boddenrandschwelle beherbergt wichtige Riffe und schützenswerte Biotope. Diese ökologischen Hotspots dienen einer Vielzahl von Arten – von Muscheln und Schwämmen bis hin zu kleinen Krebsen und Fischen – als Lebensraum, Versteck- und Rückzugsmöglichkeit. Die Zerstörung dieser Strukturen durch den Bau der Pipeline würde einen erheblichen Verlust an Biodiversität bedeuten. Selbst künstlich geschaffene Riffe können die Komplexität und ökologische Funktionalität natürlicher Riffe kaum ersetzen. Die Unterwasserlandschaft der Boddenrandschwelle, die zahlreichen Arten als Schutz dient, darf nicht weiter durch den Bau von Pipelines beeinträchtigt werden.

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Erhöhter Schiffsverkehr und Stress für Vögel

Neben den direkten Bauarbeiten stellt der durch das LNG-Terminal bedingte erhöhte Schiffsverkehr eine weitere Belastung dar. Zahlreiche Vogelarten, die in den Natura-2000-Gebieten der “Westlichen Pommerschen Bucht” rasten, überwintern und brüten, sind besonders störungsempfindlich. Arten wie Stern- und Prachttaucher oder Trauerenten besitzen hohe Fluchtdistanzen. Die Annäherung von Schiffen, selbst in größerer Entfernung, kann zu Meide- und Fluchtverhalten führen. Dies resultiert in einer Verkleinerung und Zerschneidung ihrer Rast- und Brutgebiete, was sich negativ auf die Bestandsentwicklung auswirkt.

NABU fordert Stopp des Vorhabens

Angesichts der unklaren, aber potenziell gravierenden Auswirkungen des LNG-Projekts auf die Ostsee und des zunehmenden Widerstands fordert der NABU den sofortigen Stopp des Vorhabens. Die Befürchtung ist, dass durch überstürzte Entscheidungen Fakten geschaffen werden, die irreversible Umweltschäden zur Folge haben. Neben den direkten ökologischen Konsequenzen könnten auch die Anwohner, die Fischerei und der Tourismus in der Region unter den Folgen leiden.

Was ist genau geplant?

Das Projekt “Ostsee LNG” sieht den Bau eines Flüssiggas-Terminals mit sogenannten FSRU (Floating Storage Regasification Units) im Hafen Mukran auf Rügen vor. Von dort soll eine Offshore-Gaspipeline nach Lubmin verlegt werden, von wo aus das Gas über bestehende Infrastruktur weiterverteilt werden kann. Das Terminal soll eine jährliche Kapazität von 10 bis 15 Milliarden Kubikmetern LNG aufnehmen können.

Die juristischen Auseinandersetzungen rund um das Projekt sind vielfältig. Trotz Eilanträgen von Umweltschutzorganisationen wie dem NABU, die auf einen sofortigen Baustopp abzielten, wurden diese vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Dies ermöglichte Bauarbeiten, wie das Ausbaggern im Greifswalder Bodden, selbst während laufender Klageverfahren. Umweltverbände kritisieren, dass die Genehmigungsverfahren und die Art der Ausführung (z.B. die Genehmigung in zwei Abschnitten) dazu führen könnten, dass Fakten geschaffen werden, bevor alle naturschutzfachlichen Belange umfassend geprüft und berücksichtigt sind.

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Die Debatte um LNG-Terminals und ihre Umweltauswirkungen ist komplex und berührt zentrale Fragen der Energiepolitik, des Klimaschutzes und des Naturschutzes. Es ist unerlässlich, dass diese Entscheidungen auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis getroffen werden und die Bewahrung unserer natürlichen Ressourcen im Vordergrund steht.