Kommende Veranstaltungen im LWL-Museum für Kunst und Kultur: Die Filmreihe „Zugang und Rückgabe“

LWL Museum für Kunst und Kultur Logo – Ihr Tor zu kommenden Veranstaltungen in Münster

Was passiert, wenn ein Stück Geschichte fehlt und kulturelle Identität geraubt wurde? Das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster stellt sich diesen drängenden Fragen mit einer bedeutenden Filmreihe. „Zugang und Rückgabe: Restitution im Film“ beleuchtet die Abwesenheit von Objekten in ihren Herkunftsländern und lädt dazu ein, Restitution nicht nur als bloße Wiedergutmachung, sondern als tiefgreifende gesellschaftliche Herausforderung zu verstehen. Diese Reihe ist eine der kommenden Veranstaltungen im LWL-Museum für Kunst und Kultur, die darauf abzielt, kritische Dialoge anzustoßen und neue Perspektiven zu eröffnen. Für alle, die sich für deutsche Kulturgeschichte, postkoloniale Debatten und wertvolle Einblicke in aktuelle gesellschaftliche Themen interessieren, bietet das LWL-Museum ein einzigartiges Veranstaltungsprogramm.

Die Frage nach der Rückgabe kolonial geraubter Kulturgüter hat in den letzten Jahren enorm an öffentlichem Bewusstsein gewonnen. Lange Zeit wurden die Forderungen vieler Herkunftsgesellschaften auf politischer Ebene ignoriert und in der breiten Gesellschaft oft überhört. Doch Filmemacher:innen beschäftigen sich schon seit den 1970er Jahren mit diesem Ungleichgewicht – zwischen der schmerzhaften Abwesenheit bedeutender Objekte in ihren Ursprungskontexten und den vollen Depots europäischer Museen. Sie dokumentieren die gravierenden Auswirkungen des verweigerten Zugangs zum eigenen kulturellen Erbe, aber auch den künstlerischen und politischen Widerstand, der sich dagegen formiert. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur bietet mit seinen kommenden Veranstaltungen eine wichtige Plattform für diesen Diskurs.

Einleitung zur Filmreihe: Restitution als gesellschaftliche Herausforderung

Die Filmreihe „Zugang und Rückgabe“ widmet sich dem komplexen Ringen um kulturelle Selbstbestimmung, dem Umgang mit fortbestehenden kolonialen Machtverhältnissen und der essenziellen Frage, was Rückgabe heute tatsächlich bedeutet und zukünftig bedeuten kann. An drei speziell kuratierten Abenden werden ausgewählte Essay- und Dokumentarfilme sowie Kurzformate gezeigt, die das Thema sowohl historisch einordnen als auch hochaktuelle Perspektiven beleuchten. Der afrokaribische Autor Aimé Césaire stellte bereits 1950 fest, man entledige sich der kolonialen Gewalt „nicht so billig“. Die gezeigten Filme belegen eindrücklich, dass Restitution weit mehr erfordert als die bloße Rückgabe von Objekten. Sie verlangt nach einem tiefgreifenden Perspektivwechsel – weg von westlichen Deutungshoheiten hin zu den authentischen Stimmen und Sichtweisen der Herkunftsgesellschaften. Diese kommenden Veranstaltungen im LWL-Museum für Kunst und Kultur laden Besucher:innen dazu ein, über Verantwortung, Herkunft und die Ermöglichung neuer Zugänge intensiv nachzudenken. Es wird gefragt, wie Wege des Zuhörens, der Anerkennung und der Wiedergutmachung aussehen können – denn ohne sie bleibt Restitution unvollständig und unvollkommen.

Die Vision hinter „Zugang und Rückgabe“

Die Idee und das Konzept für diese wegweisende Filmreihe stammen von Maria Engelskirchen, Corinna Kühn und Daniel Müller Hofstede, die in Kooperation mit dem LWL-Museum für Kunst und Kultur dieses Programm ermöglicht haben. Ihr Ziel ist es, das Publikum nicht nur zu informieren, sondern aktiv in die Auseinandersetzung mit einem der relevantesten kulturpolitischen Themen unserer Zeit einzubinden. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur etabliert sich damit als ein zentraler Ort für kritische Reflexion und gesellschaftlichen Dialog in Deutschland.

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Programmübersicht: Termine und Themen der Filmreihe

Die Filmreihe ist ein Highlight im Programm der kommenden Veranstaltungen im LWL-Museum für Kunst und Kultur und gliedert sich in drei thematische Abende, die jeweils einen spezifischen Aspekt der Restitutionsdebatte beleuchten.

Teil 1: Restitution als Akt der Anerkennung (Dienstag, 17. Juni 2025, 19 Uhr)

Der erste Abend startet mit einer Einführung von Jolanda Saal von der Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“. Gezeigt werden:

  • YOU HIDE ME, Nii Kwate Owoo, 1970, 17 Min. [engl. OV]
  • DAHOMEY, Mati Diop, 2024, 68 Min. [engl./Fon/frz. OV mit dt. UT]

Dass die heutige Restitutionsdebatte viel früher hätte beginnen können, führt Nii Kwate Owoos Film „YOU HIDE ME“ aus Ghana prägnant vor Augen. Aus heutiger Perspektive wird schmerzlich deutlich, wie vehement Restitutionsforderungen aus Ländern des Globalen Südens auf kulturpolitischer und gesellschaftlicher Ebene jahrzehntelang abgeschmettert wurden. Anfang der 1970er Jahre folgt der Film einem Mann und einer Frau in die Depots des British Museum in London und entdeckt dort in Plastik gehüllte oder in Holzkisten verstaute afrikanische Kulturgüter. Diese Objekte wurden nicht nur ihren ursprünglichen Besitzer:innen entwendet, sondern noch nicht einmal ausgepackt oder gewürdigt. Owoo stellt fundamentale Fragen nach Expertise, Zugang und Gerechtigkeit und fordert die sofortige Rückgabe der Objekte.

Über fünfzig Jahre später, in Mati Diops „DAHOMEY“, wird die Rückführung von 26 Schätzen des Königreichs Dahomey aus Frankreich in das heutige Benin tatsächlich vollzogen. Das Objekt mit der Nummer 26, eine Statue des Königs Ghézo, erhält im Film selbst eine Stimme: Per Voiceover erzählt das Objekt, meist aus seiner Transportkiste heraus und mit der verfremdeten Stimme des haitianischen Schriftstellers Makenzy Orcel, wie es sich in den Kellern des Musée du Quai Branly gefühlt hat und welche Erinnerungen und Gedanken mit seiner bevorstehenden Rückkehr aufkommen. Eine Diskussion von Studierenden der Université d’Abomey-Calavi im Süden des Landes, die am Ende des Films gezeigt wird, verdeutlicht, dass noch längst nicht alle Fragen geklärt sind und die symbolpolitische Funktion von Restitution durchaus kritisch betrachtet werden muss. Mit der Frage, inwiefern Restitution ein ernst gemeinter Akt der Anerkennung sein kann und welche notwendigen Änderungen im Denken und Handeln hierfür erforderlich sind, befinden wir uns erst am Anfang eines langfristigen und komplexen Prozesses.

Teil 2: Gegenstimmen und Rhythmen des Widerstands (Dienstag, 24. Juni 2025, 19 Uhr)

Der zweite Abend wird durch eine Einführung von Maria Engelskirchen und Corinna Kühn von der Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“ eingeleitet. An diesem Abend werden vier Kurzformate gezeigt:

  • OBJECT ID, Pauline Hafsia M’barek, 2012, 6 Min. [engl. OV]
  • UNEARTHING. IN CONVERSATION, Belinda Kazeem-Kamiński, 2017, 13 Min. [engl. OV]
  • UN-DOCUMENTED: UNLEARNING IMPERIAL PLUNDER I, Ariella Aïsha Azoulay, 2019, 36 Min. [engl. OV mit engl. UT]
  • ONE HUNDRED STEPS, Bárbara Wagner & Benjamin de Burca, 2021, 32 Min. [arab./engl./gäl./frz./okzitan. OV mit dt. UT]
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Wie werden Objekte erfasst, benannt, klassifiziert, kategorisiert, gelagert, ausgestellt und vermittelt? Und was macht dies mit den Objekten, was bedeutet es für die Herkunftsgesellschaften und die heutige Rezeption? Während Pauline Hafsia M’barek in „OBJECT ID“ anhand von 55 Fragen die wissenschaftlichen Systematisierungsprozesse musealer Inventarisierung darlegt, bei denen das Objekt selbst weitgehend eine Leerstelle bleibt, untersucht Belinda Kazeem-Kamiński neue Möglichkeiten des Umgangs mit Fotografien und Archivalien aus kolonialen Kontexten. In „UNEARTHING. IN CONVERSATION“ tritt die Künstlerin in einen intensiven Dialog mit historischen fotografischen Aufnahmen aus der heutigen Demokratischen Republik Kongo und stellt verschiedene methodische Zugänge künstlerischer Forschung vor, die einen Perspektivwechsel auf die in den Fotografien sedimentierten Gewaltgeschichten und Traumata des Kolonialismus ermöglichen.

Ariella Aïsha Azoulays Film „UN-DOCUMENTED: UNLEARNING IMPERIAL PLUNDER“ verschränkt die Migrationsbewegungen von Objekten und Menschen und stellt die Mechanismen imperialen Sammelns auf der einen und die rigorose Regulierung von Migration auf der anderen Seite in einen direkten Zusammenhang fortbestehender asymmetrischer Machtstrukturen. Die Polyphonie, die dem Skript durch die Stimmen von drei Künstlerinnen verliehen wird, setzt sich in „ONE HUNDRED STEPS“ von Bárbara Wagner und Benjamin de Burca fort. Die opulenten Interieurs zweier Anwesen in Irland und Marseille bilden den Rahmen, in dem verschiedene Darsteller:innen mit musikalischen, gesanglichen und tänzerischen Interpretationen ihre Praxis immateriellen kulturellen Erbes den herrschaftlichen Räumen entgegensetzen. Als subversiver Abgesang auf das mit diesen repräsentativen Architekturen verbundene Weltbild knüpft der Film in Anlehnung an The Atlantean Trilogy (1980–84) des irischen Filmemachers Bob Quinn andere, über den Atlantik vermittelte Verbindungslinien zwischen Kulturen jenseits nationalstaatlicher Grenzen.

Teil 3: Reparative Praktiken des Erinnerns (Dienstag, 1. Juli 2025, 19 Uhr)

Der dritte und letzte Abend der Filmreihe wird von Sam Hopkins von der Kunsthochschule für Medien Köln eingeführt. Gezeigt werden:

  • MBARODI, Mamadou Khouma Gueye, 2024, 21 Min. [Wolof OV mit engl. UT]
  • CRACKS IN THE MASK, Frances Calvert, 1997, 57 Min. [engl. OV]

Welche Auswirkungen hat die Abwesenheit von kulturellen Gütern auf die Tradierung von Wissen, künstlerischen Fähigkeiten und kulturellen Praktiken? Und mit welcher Entfremdung vom gesellschaftlichen Leben sehen sich Objekte nach ihrer Rückkehr konfrontiert, und wie lässt sich dieser begegnen? Auf unterschiedliche Weise gehen die zwei Filme dieses Abends diesen entscheidenden Fragen nach.

„MBARODI“ von Mamadou Khouma Gueye nimmt Bezug auf die Tradition des Simb oder faux lion im Senegal, populäre Tanzdarbietungen im urbanen Raum, bei denen die Löwen verkörpernden Performer ihre Stärke und Maskulinität zur Schau stellen. Im Gegensatz zu dieser öffentlichen Demonstration von Kraft und tänzerischem Können sind es Momente der Stille, der Konzentration, aber auch der Rastlosigkeit und Erschöpfung, die uns den Protagonisten näherbringen: beim sorgfältigen Schminken, im Museum, im nächtlichen Treiben und im Dialog mit einem fürsorglichen Freund. Somit lenkt der Film den Fokus auf reparative Gesten der Zuwendung, mit denen die Beziehungen zu den Objekten neu gestaltet werden können.

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„CRACKS IN THE MASK“ von Frances Calvert kehrt den ethnografischen Blick um und begleitet ein Paar von den Torres-Strait-Inseln Mitte der 1990er Jahre in verschiedene europäische Museen auf der Suche nach materiellen Zeugnissen ihrer Kultur. Ausstellungsdisplays, Museumsdepots und Gespräche mit Kurator:innen werden mit historischen anthropologischen Film- und Tonaufnahmen verwoben und von den Tagebuchaufzeichnungen der Reisenden flankiert. Fast drei Jahrzehnte später haben die Reflexionen nichts an Aktualität verloren, während einige der im Film geäußerten Argumente für den Verbleib der Objekte in Europa vertraut klingen, weil sie ein bitteres Echo in den heutigen Debatten finden. Dennoch setzt der Film ein Zeichen der Hoffnung: Trotz der räumlichen wie zeitlichen Distanz und vieler institutioneller wie politischer Widerstände plädiert er dafür, den Riss zu reparieren und die abgebrochene Verbindung wiederaufzunehmen.

Praktische Hinweise für Ihren Besuch

Das LWL-Museum für Kunst und Kultur legt Wert darauf, dass seine kommenden Veranstaltungen für alle zugänglich sind.

Barrierefreiheit im Auditorium

Für Gäste mit Hörgeräten mit T-Spule verfügt das Auditorium über eine Induktionsschleife, um ein optimales Hörerlebnis zu gewährleisten. Planen Sie Ihren Besuch und erleben Sie die fesselnden Filme und Diskussionen in einer zugänglichen Umgebung.
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Wir danken allen Künstler:innen und Filmemacher:innen sowie den Verleihen für ihre Mitwirkung. Für die freundliche Genehmigung des Screenings von CRACKS IN THE MASK gilt unser besonderer Dank dem Evangelischen Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit (EZEF). Die gesamte Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem LWL-Museum für Kunst und Kultur angeboten und unterstreicht dessen Engagement für kulturelle Bildung und gesellschaftliche Relevanz.

Fazit: Ein unverzichtbarer Beitrag zur kulturellen Debatte

Die Filmreihe „Zugang und Rückgabe: Restitution im Film“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur ist weit mehr als nur ein kulturelles Ereignis; sie ist ein dringender Appell, sich mit den komplexen Fragen kolonialer Ungerechtigkeit und der Notwendigkeit reparativer Maßnahmen auseinanderzusetzen. Durch die sorgfältige Auswahl der Filme und die fachkundigen Einführungen bietet diese Reihe eine einzigartige Gelegenheit, die Perspektiven der Herkunftsgesellschaften zu verstehen und die tiefgreifenden Auswirkungen des kulturellen Verlusts zu erfassen. Als eine der zentralen kommenden Veranstaltungen im LWL-Museum für Kunst und Kultur leistet sie einen unverzichtbaren Beitrag zur aktuellen Debatte um kulturelles Erbe und globale Gerechtigkeit in Deutschland. Besuchen Sie diese wegweisenden Abende und werden Sie Teil eines wichtigen Dialogs, der die Zukunft des Museums und unserer Gesellschaft mitgestaltet. Erweitern Sie Ihr Verständnis für die reiche, aber oft konfliktreiche Geschichte des kulturellen Austauschs und unterstützen Sie die Bemühungen um eine gerechtere und anerkennendere Welt.