Nordic Walking wird von Joggern und anderen Sportlern oft unterschätzt, weil es auf den ersten Blick nicht besonders anstrengend aussieht. Aber dieser Fitnesstrend hat seine Berechtigung – und das nicht nur für ältere Menschen oder Sportanfänger. In Parks und an Seeufern sieht man regelmäßig Menschen mit Walking-Stöcken unterwegs. Was steckt also dahinter?
Wir haben mit Harald Fichtner gesprochen, einem renommierten Lauftrainer in Deutschland und Experten für Nordic Walking. Er erklärt, warum Nordic Walking für jeden Sportler geeignet ist.
Was ist Nordic Walking eigentlich?
Nordic Walking ist im Prinzip schnelles Gehen mit Walking-Stöcken, die sportlich eingesetzt werden. Anders als viele denken, wurde dieser Trendsport nicht erst in den 1990er-Jahren erfunden. Bereits in den 1950er-Jahren entwickelten nordische Skilangläufer diese Sportart, damals noch unter dem Namen Skigang. Sie trainierten damit auch im Sommer, um fit zu bleiben.
Hinzu kamen Sprünge und Bergläufe im Diagonalschritt, um Schnelligkeit und Ausdauer zu trainieren. Daraus entstand Nordic Walking. 1997 wurde es erstmals als Breitensport vorgestellt und ist seitdem sehr beliebt. Laut Umfragen walken regelmäßig über 5 Millionen Deutsche, über 4 Millionen sogar mehrmals pro Woche.
Familie beim Nordic Walking in der Natur
Nordic Walking kann entspanntes Gehen sein, aber auch ein anspruchsvolles Workout.
Harald Fichtner vom VDNOWAS (Verband der Nordic Walking Schulen) erklärt: “Was man im Park sieht, ist oft kein richtiges Nordic Walking. Technik und Intensität stimmen oft nicht.” Denn Nordic Walking ist ambitionierter und bei korrekter Ausführung ziemlich anstrengend. Die Koordination von Beinen und Armen in Kombination mit den Stöcken muss erlernt und korrekt ausgeführt werden, sonst schleift man die Stöcke nur hinterher.
“Die Langläufer haben mit Stöcken spezielle Bergauf-Trainings absolviert – ohne Stöcke kommt man diese Berge nicht hoch. Da ist der Puls schnell im oberen Bereich”, so Fichtner. Die Stöcke dienen der Unterstützung und der Ganzkörperbelastung. Beim Nordic Walking werden nämlich nicht nur die Beine gefordert.
7 Vorteile von Nordic Walking, die überzeugen
Noch nicht überzeugt, warum Nordic Walking auch für dich eine nützliche Sportart sein könnte? Hier sind sieben Vorteile:
- Gute Haltung: Anders als beim Joggen ist der Körper aufgerichtet und alle großen Muskelgruppen werden aktiviert (Beine, Gesäß, Bauch, Rücken, Arme & Schultern). Außerdem wird auf dem gesamten Fuß abgerollt.
- Viele Muskeln: Rund 90 Prozent der Muskeln im Körper werden beim Walken gestärkt, was Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder entlastet. Das kann zu weniger Schmerzen im Alltag führen.
- Sehr gesund: Wohlbefinden, Herz-Kreislauf-System und Stoffwechsel werden angeregt. Nordic Walking kann helfen, Gewicht zu verlieren und sich fit zu halten – ideal also zum Nordic Walking Abnehmen Am Bauch.
- Alltagstauglich: Walken ist ideal in der Mittagspause, um das Mittagstief zu vermeiden. Man kommt dabei nicht so ins Schwitzen wie beim Joggen oder im Fitnessstudio.
- Frische Luft: Man ist draußen und steigert die Vitamin-D-Produktion, was das Immunsystem stärkt und vor Erkältungen schützt.
- Brain-Jogging: Walken fördert die Konzentration und hilft, abzuschalten.
- Gute Laune: Walken hebt die Stimmung und kann Depressionen vorbeugen, wie Studien zeigen.
Was wird beim Nordic Walking trainiert?
Nordic Walking beansprucht den gesamten Körper auf sanfte, gelenkschonende Weise. Neben den Beinen werden auch Hüfte, Core-Muskulatur, Wirbelsäule, Arme, Schultern und die Ausdauer trainiert, wie Studien belegen. Walker sollten also nicht unterschätzt werden, denn richtig ausgeführt kann dieses Workout sehr anstrengend sein.
Frau macht Pause beim Nordic Walking
Harald Fichtner betont: “Nordic Walking ist ein Ganzkörpertraining. Wer die Stöcke dynamisch einsetzt, trainiert auch den Oberkörper.” Bizeps, Rücken und Arme werden optimal trainiert. “Das Schultergelenk wird beweglicher und der Brustkorb wird aufgedehnt. Und natürlich werden auch die Beine durch das stetige Walken trainiert.” Durch die Koordination von Ober- und Unterkörper wird auch die Körpermitte gefordert. Tipp: Bauch aktiv anspannen! Nordic Walking verbessert außerdem die Ausdauer, wie Studien zeigen.
Nordic Walking vs. Joggen: Was ist besser?
Das hängt vom Trainingsziel ab. Wer seinen Puls richtig in die Höhe treiben will, ist beim Joggen besser aufgehoben. Beim Walken kann man zwar auch schnell gehen, aber die Geschwindigkeiten wie beim Joggen erreicht man nicht. Die ideale Geschwindigkeit liegt bei etwa 5 km/h.
Harald Fichtner sagt: “Nordic Walking ist ein schöner, sanfter Einstieg für alle, die gerne mit Ausdauersport beginnen wollen. Wer sich ans Walken gewöhnt hat und die Intensität, Geschwindigkeit und Pulsfrequenz steigern will, kann langsam zum Joggen übergehen.” Studien bestätigen den sanften Trainingseffekt von Nordic Walking.
Nordic Walking hat gegenüber anderen Ausdauersportarten wie Joggen oder Radfahren einen wichtigen Vorteil: Es ist sehr gelenkschonend und damit für fast alle geeignet, die sich regelmäßig bewegen wollen.
Für wen ist Nordic Walking geeignet (oder nicht)?
Nordic Walking ist ein Sport für die Masse, fast jeder kann das Walken mit Stöcken ausprobieren. Sogar stark übergewichtige Menschen können Nordic Walking gut schaffen. “Das ist ja das Schöne beim Nordic Walking! Selbst wenn du übergewichtig bist, kannst du walken. Das ist beim Joggen nicht der Fall, da die Gelenkbelastung bei übergewichtigen Personen einfach zu hoch ist. Wer viel Gewicht auf die Waage bringt, sollte langsam mit Sport anfangen, den Körper erst einmal durch Walking oder Aquajogging fit machen”, so Fichtner.
Walken ist nach ärztlicher Rücksprache auch bei leichten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Atembeschwerden wie Asthma, Rheuma, Gelenkbeschwerden, Arthrose, Rückenschmerzen, Osteoporose und in der Schwangerschaft eine sanfte Trainingsmöglichkeit.
Wie bei jeder neuen Sportart gilt: Wer körperliche Probleme, etwa Gelenkschmerzen oder Bandscheibenvorfälle hat, sollte sich vor dem sportlichen (Wieder-)Einstieg vom Arzt beraten lassen.
Wie viele Kalorien verbrennt man beim Nordic Walking?
Beim Nordic Walking verbrennt man nicht ganz so viele Kalorien wie beim Joggen oder auf dem Spinning-Bike. Aber: Wer fit ist, einigermaßen schnell läuft und die Walking-Runden auch mal in den Bergen dreht, kann bis zu 500 Kalorien pro Stunde verbrennen. Das ist mehr als bei einem Spaziergang und hilft beim Nordic Walking abnehmen am Bauch.
Bei zügigem Tempo, Bergauf-Gehen oder mit Sprüngen können sogar bis zu 700 Kalorien verbrannt werden. Außerdem hält man beim Walken wahrscheinlich länger durch als beim Joggen, sodass man am Ende möglicherweise den gleichen Effekt erzielt. Grundsätzlich sollte man jedoch nicht allein nach dem Energieverbrauch eines Sports entscheiden, sondern darauf achten, ob er Spaß macht und Körper und Geist guttut.
Welche Ausrüstung braucht man für Nordic Walking?
Wer mit Nordic Walking anfangen will, braucht nicht viel. Harald Fichtner empfiehlt: atmungsaktive Kleidung nach dem Zwiebelprinzip, normale Laufschuhe und passende Walkingstöcke. Zu Beginn ist leichtes Frösteln in Ordnung, es wird später warm. Man sollte nicht nassgeschwitzt sein, weil man sich zu warm angezogen hat. Im Winter sind Mütze, Schal und Handschuhe ratsam. Ein Rucksack für Regenjacke und Wasserflasche ist ebenfalls nützlich.
“Ich würde mich in einem speziellen Sportgeschäft bezüglich der Laufschuhe beraten lassen. Die Experten vor Ort machen meistens eine Laufanalyse und finden so den passenden Schuh für dich. Wanderschuhe empfehle ich allerdings nicht, die sind viel zu schwer und klobig.”
Die Schuhe sollten bei regelmäßigen Walking-Touren etwa alle zwei Jahre erneuert werden, weil die Dämpfung nachlässt.
Wie findet man die passenden Walking-Stöcke?
Auch bei den Stöcken ist Vorsicht geboten: Fichtner rät dringend dazu, nur spezielle Walking-Stöcke und keine Trekking-Stöcke zu verwenden. Walking-Stöcke haben ein anderes Schlaufensystem, sind leichter und haben ein schöneres Pendelverhalten. Wichtig: Die Stöcke müssen die passende Länge haben. Am besten gleich im Laden vom Experten anpassen lassen.
Rechenformel für die Stocklänge:
Für Stocksuchende gibt es von der Akademie für Sport und Gesundheit eine grobe Faustformel: Optimale Länge der Nordic Walking Stöcke = Körperhöhe [in cm] x 0,66 (oder aufgerundet x 1,7 als maximale Länge).
Rechenbeispiel: Eine Frau mit 1,72 m Körpergröße rechnet folgendermaßen: 172 cm x 0,66 = 113,5 cm wäre also die errechnete Stocklänge. Da die meisten Hersteller ihre Stocklängen in Abstufungen von 5 cm anbieten, wäre in diesem Fall ein Test der Stocklängen 110 und 115 passend.
Es gibt die Stöcke auch aus Carbon: Sie sind etwas teurer, aber dafür sehr leicht und sie dämpfen Stöße vom Boden effektiv ab, da sie schwingen und flexibel sind, ohne zu brechen.
Aluminium-Stöcke sind günstiger als Carbon, federn die Schwingungen aber nicht ganz so gut ab und dann gibt es noch Walking-Stöcke aus Carbon-Glasfaser-Gemischen.
Man sollte nicht zu sehr aufs Geld schauen, da die Stöcke, anders als Schuhe, viele Jahre halten.
Die Stöcke können eine Unterstützung in bergigem Gelände sein, auch für die Gelenke. Wichtig ist der richtige Stockeinsatz, damit die Stöcke nicht einfach nur getragen werden. Sie sollen den Bewegungsfluss beim schnellen Gehen unterstützen, bis in die Schultern.
Wie bewegt man sich beim Nordic Walking richtig?
Diese besondere Art des Gehens will gelernt sein. So geht Walken Schritt für Schritt:
- Die Schulter bewusst nach hinten und unten ziehen, die Arme schwingen aktiv mit bei jedem Schritt.
- Die Ellbogen sind im rechten Winkel und die Hände locker, zum Beispiel als offene Faust.
- Der Rücken ist gerade, der Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule.
- Fuß immer komplett abrollen.
- Tiefe Atmung in den Bauch – die Core-Muskulatur ist aktiviert.
- Unterhaltung sollte trotz mäßiger Anstrengung noch möglich sein.
- Du bewegst dich in der sogenannten Kreuzform. Das heißt, dass sich Arme und Beine “über Kreuz” bewegen. Wenn also dein rechtes Bein vorn ist, muss dein linker Arm sich hinter deinem Körper befinden und umgekehrt.
- Auch Fersen und Stöcke sollten immer über Kreuz zeitgleich Bodenkontakt haben, sprich: Berührt der linke Stock den Boden, sollte es auch die rechte Ferse tun.
- Den Stock nicht zu weit vorn einstechen, dann kann man sich nicht so gut abstoßen und bremst sich eher selbst aus. Am besten den Stock ungefähr auf Höhe der gegenüberliegenden Ferse oder etwas weiter hinten aufsetzen.
Das hört sich jetzt erst einmal komplizierter an, als es ist. Merk dir einfach: Zügig und kraftvoll gehen und den ganzen Körper, inklusive Arme mit den Stöcken, dabei einbinden – dann läuft es automatisch richtig.
Tipp: Starte langsam und fühl dich dann in den richtigen Walking-Rhythmus rein. Vielleicht beginnst du deine ersten Runden sogar mit einem erfahrenen Walking-Partner. Selbst wenn es nicht gleich rund läuft, kannst du wenig falsch machen: Im Zweifel ist das Training bloß nicht so effektiv. Aber Übung macht die Meisterin!
Wie oft sollte man walken?
Wenn du gerade erst mit dem Walken beginnst, plane zunächst etwa 20 Minuten ein. Woche für Woche kannst du deine Zeit allmählich erhöhen, vielleicht sogar auf eine Stunde oder 90 Minuten. Es wird empfohlen, 3 bis 4 Trainingseinheiten pro Woche durchzuführen, aber du kannst auch täglich ein wenig walken.
Täglich 30 Minuten körperliche Aktivität sind oft effektiver als zwei oder drei lange Trainingseinheiten. Es hängt jedoch von deinen persönlichen Vorlieben und deinem Tagesablauf ab, wie gut die sportliche Aktivität in deinen Alltag integriert werden kann.
Wenn du problemlos längere Strecken walken kannst, solltest du dein Tempo erhöhen, um neue Trainingsreize für deinen Körper und deinen Geist zu setzen. Achte dabei jedoch weiterhin auf die richtige Technik. Möglicherweise entwickelst du irgendwann auch die Lust und Ausdauer, vom Walken zum Joggen überzugehen.
Wie schnell sollte man walken?
Beim Walken sollte die Herzfrequenz bis maximal 130 Schläge pro Minute reichen. Du hast keinen Pulsgurt bzw. keine Sportuhr? Dann achte einfach darauf, dass du dich noch gut unterhalten kannst.
Der Trainingspuls richtet sich nach Alter und Kondition. Als Grundregel gilt: Das persönliche Maximum liegt bei 220 minus Lebensalter. Davon ausgehend bestimmt man den individuellen Trainingspuls.
Anfangs sollte der sich bei 60 Prozent der persönlichen Maximalgrenze orientieren. Nach einigen Wochen regelmäßigen Walkings dann bei 70 Prozent. 80 Prozent der Maximalgrenze sind für erfahrene, gut trainierte Freizeitsportler ideal. Ältere Menschen oder Bluthochdruckpatienten achten darauf, dass ihr Puls beim Walken nicht über 50 Prozent des Maximalwerts steigt.
Tipp für Ambitionierte: Probier doch mal Intervall-Walken! So geht’s: eine Minute schnell und zwei mäßig walken und davon vier bis acht Zyklen auf der Strecke einbauen.
Als optimale Ergänzung zum Walken eignet sich Yoga oder auch das Rollen auf der Faszienrolle. Die ideale Kraftübung, die du jeden Tag machen kannst, ist die Planke: Starte mit 30 Sekunden und steigere dich dann.
Alternativ kannst du nach dem Walk auch einfach die Schultern kreisen lassen, deine Brust öffnen, die Beinrückseite dehnen, deine Hüfte öffnen, die Fuß- und Kniegelenke kreisen und deinen Quadrizeps dehnen. Und dann: Schön entspannen und wirken lassen.
Nordic Walking mit Stöcken beansprucht mehr Muskeln als normales Gehen. Das bedeutet mehr Kalorienverbrauch und einen besseren Stoffwechsel. Also, schnapp dir ein paar Stöcke und los geht’s! Es lohnt sich, es auszuprobieren – vor allem, wenn du mit Nordic Walking abnehmen am Bauch willst!
Erwähnte Quellen:
- Pellegrini B, Peyré-Tartaruga LA, Zoppirolli C, Bortolan L, Bacchi E, Figard-Fabre H, Schena F. Exploring Muscle Activation during Nordic Walking: A Comparison between Conventional and Uphill Walking. PLoS One. 2015 Sep 29;10(9):e0138906. doi: 10.1371/journal.pone.0138906. PMID: 26418339; PMCID: PMC4587792.
- Schiffer T, Knicker A, Hoffman U, Harwig B, Hollmann W, Strüder HK. Physiological responses to nordic walking, walking and jogging. Eur J Appl Physiol. 2006 Sep;98(1):56-61. doi: 10.1007/s00421-006-0242-5. Epub 2006 Jun 24. PMID: 16799817.
- Takeshima N, Islam MM, Rogers ME, Rogers NL, Sengoku N, Koizumi D, Kitabayashi Y, Imai A, Naruse A. Effects of nordic walking compared to conventional walking and band-based resistance exercise on fitness in older adults. J Sports Sci Med. 2013 Sep 1;12(3):422-30. PMID: 24149147; PMCID: PMC3772584.