Proxalto Versicherungen: Probleme, Lösungen & wichtige Hinweise für Kunden

Ehepaar Constanze Weiß und Leo Gieding berichten über Probleme mit Proxalto Versicherungen

Seit 2022 stehen Proxalto Versicherungen im Fokus zahlreicher Beschwerden. Viele Kunden, deren ehemalige Generali-Verträge von dem Run-off-Spezialisten übernommen wurden, berichten von erheblichen Problemen bei der fristgerechten Auszahlung ihrer Leistungen. Diese Verzögerungen stellen Betroffene auf eine harte Geduldsprobe und werfen wichtige Fragen zur Verbraucherfreundlichkeit solcher Geschäftsmodelle auf. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, zeigt auf, welche Schritte Kunden unternehmen können und gibt wertvolle Einblicke in die aktuelle Situation der Proxalto Lebensversicherungen.

Proxalto: Ein Run-off-Unternehmen und seine Herausforderungen

Proxalto Versicherungen ist ein integraler Bestandteil der Viridium-Gruppe, einem Unternehmen, das sich auf die Abwicklung bestehender Versicherungsbestände spezialisiert hat. Im Jahr 2019 übernahm Viridium rund 3,8 Millionen Renten- und Lebensversicherungsverträge der Generali und führt diese seitdem bis zu ihrem vertraglichen Ende fort. Diese Art von Unternehmen wird im Englischen als „Run-off-Gesellschaft“ bezeichnet, da sie keine Neukunden mehr aufnimmt, sondern sich ausschließlich um die Verwaltung und Auszahlung der bestehenden Verträge kümmert.

Für Kundinnen und Kunden bedeutet die Ausgliederung ihrer Verträge an eine solche Gesellschaft oft Ungewissheit. Während Run-off-Unternehmen Effizienzgewinne versprechen, zeigen die jüngsten Erfahrungen mit Proxalto, dass es zu erheblichen Schwierigkeiten kommen kann. Insbesondere bei Produkten wie der privaten Rentenversicherung oder der proxalto fondsgebundene rentenversicherung ist die pünktliche und korrekte Auszahlung der angesparten Gelder von entscheidender Bedeutung für die finanzielle Planung der Versicherten.

Kunden klagen: Verspätete Auszahlungen bei Proxalto

Die anfängliche Einschätzung von Proxalto, es handele sich um “einzelne Kundengruppen” mit Problemen, wurde von Verbraucherschützern frühzeitig korrigiert. Die Verbraucherzentrale Hamburg sprach Anfang 2023 von der “Spitze des Eisbergs”, was auf eine weitaus größere Anzahl Betroffener hindeutete. Seither erreichen uns weiterhin Klagen über fehlende oder verspätete Zahlungen von Seiten der Proxalto Versicherungen.

Ein prominentes Beispiel ist Constanze Weiß, deren private Rente im Oktober 2022 beginnen sollte. Doch selbst zwei Monate später war noch keine Auszahlung erfolgt. Erst nachdem sie und ihr Ehemann, Leo Gieding, einen Anwalt einschalteten, begann die Rentenzahlung. Dieser Fall ist exemplarisch für die Schwierigkeiten, mit denen viele Versicherte konfrontiert waren und teilweise noch sind.

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Ehepaar Constanze Weiß und Leo Gieding berichten über Probleme mit Proxalto VersicherungenEhepaar Constanze Weiß und Leo Gieding berichten über Probleme mit Proxalto Versicherungen

Auch uns erreichten Beschwerden von zahlreichen weiteren Lesern, darunter Doris von Borstel, Markus Schuhmann, Thomas Reintges, Dirk Jödemann und Birgit Starke. Sie alle beklagten sich über fehlende oder stark verzögerte Zahlungen ihrer Proxalto Lebensversicherungen und Renten.

IT-Probleme als Ursache? Proxaltos wiederholte Erklärungen

Laut Proxalto waren die „IT-Modernisierung“ und die damit verbundenen Systemumstellungen der Hauptgrund für das Chaos. Im Januar 2023 erklärte das Unternehmen, diese Umstellung sei „jetzt praktisch abgeschlossen“. Doch diese Aussage stand im Widerspruch zu früheren Beteuerungen. Bereits im August 2022 hieß es, die Umstellung sei „erfolgreich abgeschlossen“, und im Februar 2022, bei der ersten Konfrontation mit den Auszahlungsproblemen, sprach man von einem „vorübergehenden technischen Problem“, das „schnellstmöglich behoben“ worden sei.

Diese wiederholten, nicht eingehaltenen Zusagen führten zu großer Frustration bei den Kunden. Friederike Buchholz, eine betroffene Kundin, riet: „Ich habe mich zu lange vertrösten lassen. Telefonische Auskünfte bringen wohl nichts. Eher schneller und schriftlich auf Proxalto zugehen, Fristen setzen und den Versicherungsombudsmann schneller ins Spiel bringen.“ Ihr Rat erwies sich als goldrichtig: „Nachdem der Ombudsmann Proxalto angeschrieben hatte, kam von dort sehr schnell eine Reaktion. Mittlerweile ist die Summe überwiesen.“

Wirksame Schritte: Ombudsmann und Bafin einschalten

Die Erfahrungen vieler Kunden zeigen, dass ein aktives Vorgehen entscheidend ist. Nadine Leyendecker berichtete: „Wir haben den Ombudsmann eingeschaltet. Nur deshalb ist unserer Meinung nach etwas passiert.“ Thomas Hierschbiel bestätigte: „In der Tat hat Proxalto in der Zwischenzeit gezahlt (…) Ich hatte sowohl den Ombudsmann für Versicherungen als auch die Bafin ins Boot geholt.“ Auch Patrick Lengler und Bernd Schackier machten ähnliche Erfahrungen: Nach der Einschaltung der Aufsichtsbehörden floss das Geld. Bei Walli Jonas reichte sogar die bloße Ankündigung einer Beschwerde.

Ihre 2001 bei der Volksfürsorge abgeschlossene Lebensversicherung sollte am 1. Juni 2023 fällig werden. Doch am 5. Juni zahlte Proxalto nur einen Teilbetrag aus. Jonas drohte Proxalto per E-Mail mit einer Beschwerde bei der Versicherungsaufsicht Bafin und beim Versicherungsombudsmann. Ihre E-Mail hatte Erfolg: Der ausstehende Betrag wurde umgehend überwiesen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, rechtliche und aufsichtsrechtliche Kanäle zu nutzen, um Druck auf die Proxalto Versicherungen auszuüben.

Bafin mahnt: Versicherer müssen pünktlich zahlen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat sich zu den allgemeinen Problemen bei Versicherern geäußert. Ohne Proxalto explizit zu nennen, veröffentlichte die Bafin im Januar 2023 einen Text mit dem Titel „Wenn Versicherer nicht rechtzeitig zahlen“. Darin heißt es unmissverständlich: „Bei ablaufenden oder gekündigten Lebens- oder Rentenversicherungen ist grundsätzlich keine umfangreiche Leistungsprüfung erforderlich. Der Versicherer muss die Zahlung zu dem vereinbarten Termin vornehmen.“ Diese klare Ansage der Aufsichtsbehörde stärkt die Position der Versicherten.

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Aktuelle Entwicklungen und Bafins Rolle

Die wiederholten Probleme haben die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen. Die Bafin begleitet „die Angelegenheit weiterhin eng“, wie eine Sprecherin bestätigte. Obwohl die Verbraucherzentrale Hamburg inzwischen eine leichte Entspannung der Lage feststellt – „Die Probleme sind nicht mehr so massiv wie Anfang 2023“, so Sandra Klug –, bleibt die Situation bei vielen Betroffenen angespannt.

Kalenderblatt symbolisiert Wartezeit bei Proxalto VersicherungenKalenderblatt symbolisiert Wartezeit bei Proxalto Versicherungen

Die Bafin verhinderte jüngst sogar den Verkauf von 724.000 Lebensversicherungsverträgen der Zurich an Viridium, die Muttergesellschaft von Proxalto. Der bereits 2022 vereinbarte Deal scheiterte im Januar 2024 am Widerstand der Aufsichtsbehörde. Offenbar hatte die Bafin Bedenken gegen Viridiums Mehrheitseigner, den Londoner Investor Cinven, der bereits zuließ, dass sein italienisches Lebensversicherungsunternehmen Eurovita in eine Schieflage geriet. Zudem spielten die zahlreichen Kundenbeschwerden über die Proxalto Versicherungen bei der Bafin, dem Versicherungsombudsmann und den Verbraucherzentralen eine Rolle bei dieser Entscheidung. Zu den spezifischen Problemen bei Proxalto wollte sich die Bafin aufgrund ihrer „Verschwiegenheitspflicht“ jedoch nicht äußern.

Ihr Recht: Was betroffene Kunden tun können

Sollten Sie von verspäteten Zahlungen der Proxalto Versicherungen betroffen sein, gibt es konkrete Schritte, die Sie unternehmen können:

  • Beschwerde einlegen: Zögern Sie nicht, sich an den Versicherungsombudsmann und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu wenden. Dies erhöht den Druck auf das Unternehmen und kann zu einer schnelleren Lösung führen.
  • Verzugszinsen fordern: Landen Renten- oder Kapitalauszahlungen verspätet auf Ihrem Konto, stehen Ihnen Verzugszinsen zu. Diese liegen 5 Prozentpunkte über dem aktuellen Basiszinssatz, der derzeit 3,12 Prozent beträgt. Es lohnt sich, diese Ansprüche geltend zu machen.

Kostenvorteile und Überschussbeteiligung: Ein Blick hinter die Kulissen

Proxalto verspricht sich von der IT-Modernisierung nicht nur eine bessere Abwicklung, sondern auch Kostengewinne. Diese sollen auch den Kunden zugutekommen, indem ihre Überschussbeteiligung steigt. Das Unternehmen betonte in einer Pressemitteilung, die „Modernisierungskosten in Höhe von rund 250 Millionen (…) allein“ zu tragen. „Die Kunden werden an diesen Kosten nicht beteiligt, was für die Branche unüblich ist. Üblich ist in der deutschen Lebensversicherung, die Kunden zur Hälfte an den Kosten zu beteiligen“, so der Versicherer weiter.

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Die Bafin äußerte sich hierzu differenziert. Aufwendungen für IT-Modernisierungen mindern demnach zunächst das Kostenergebnis, an dem der Versicherungsnehmer im Fall eines Gewinns zu 50 Prozent beteiligt werden muss. „Mittelfristig können die Modernisierungsmaßnahmen aber zu Kostenvorteilen führen“, so ein Sprecher. Es bestehe auch die Alternative, IT-Leistungen an interne oder externe Dienstleister auszulagern. In diesem Fall tragen die Versicherungsnehmer keine Modernisierungskosten, profitieren aber auch nicht vollumfänglich von den Effizienzsteigerungen, da das Versicherungsunternehmen die Leistungen einkaufen muss. Ob Kunden der Proxalto Versicherungen spürbar und nachhaltig von Kosten­vorteilen profitieren, bleibt abzuwarten.

Kundenmitbestimmung: Ein Vergleich mit den Niederlanden

Ein häufiger Kritikpunkt am deutschen Modell ist, dass die Generali-Kunden vor dem Verkauf ihres Versichertenbestandes an Abwicklungsfirmen wie Proxalto nicht gefragt wurden, ob sie damit einverstanden sind. Der Gesetzgeber hält dies hierzulande nicht für notwendig. Allerdings muss die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ihre Zustimmung geben, wobei sie prüft, ob die „Belange der Versicherten gewahrt“ bleiben.

Ein Blick in die Niederlande zeigt, dass es auch anders geht. Dort kündigte der Versicherer Monuta an, seinen Lebensversicherungsbestand in Deutschland an den Versicherer Dela zu verkaufen. Die Kunden hatten jedoch die Möglichkeit, innerhalb von 30 Tagen nach der Ankündigung Einspruch zu erheben. Wenn mindestens ein Viertel der Versicherungsnehmer dies tun würde, „findet die Übertragung nicht statt“, erläuterte Monuta. Diese Form der Kundenbeteiligung könnte ein Vorbild für den deutschen Markt sein.

Fazit: Bleiben Sie aktiv und informiert

Die jüngsten Erfahrungen mit Proxalto Versicherungen haben gezeigt, dass die Auslagerung von Versicherungsverträgen an Run-off-Unternehmen für Kunden mit Unsicherheiten und Problemen verbunden sein kann. Auch wenn sich die Situation laut Verbraucherschützern leicht verbessert hat, ist es für Betroffene unerlässlich, ihre Rechte zu kennen und aktiv einzufordern.

Sollten Sie von Verzögerungen oder Schwierigkeiten bei Auszahlungen betroffen sein, nutzen Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Beschwerdewege über den Versicherungsombudsmann und die Bafin. Bleiben Sie informiert über die Entwicklungen in der Versicherungsbranche und zögern Sie nicht, rechtliche Beratung einzuholen, wenn Ihre Ansprüche nicht fristgerecht erfüllt werden. Ihre Wachsamkeit ist der Schlüssel, um Ihre finanziellen Interessen zu schützen.