Die COVID-19-Pandemie hat viele Fragen aufgeworfen, insbesondere auch für Tierhalter. Die Sorge, dass geliebte Vierbeiner während der Quarantäne Und Haustiere eine Rolle bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 spielen könnten oder selbst erkranken, ist verständlich. Doch wie ist die wissenschaftliche Lage? Prof. Katrin Hartmann, Leiterin der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München und eine anerkannte Expertin, gibt Entwarnung und liefert wertvolle Einblicke. Wir beleuchten, was Sie als Tierbesitzer wissen müssen, um Ihre Tiere und sich selbst zu schützen.
Können Haustiere SARS-CoV-2 bekommen? Eine Expertenmeinung
Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich sowohl Hunde als auch Katzen mit SARS-CoV-2 infizieren können. Dabei zeigt sich, dass Katzen aufgrund einer höheren Anzahl von ACE2-Rezeptoren, über die das Virus in die Zellen eindringt, etwas empfänglicher sind als Hunde. Professor Hartmann bestätigt, dass deutlich mehr Fälle von nachweislichen Infektionen bei Katzen registriert wurden, darunter auch ein bekannter Fall aus Deutschland.
Die meisten infizierten Katzen zeigen jedoch keinerlei Symptome. Ein Beispiel hierfür ist eine Katze aus einem Altenheim in der Oberpfalz, die sich infizierte, aber symptomfrei blieb. Nachdem ihr Besitzer an COVID-19 verstarb, wurde das Haustier zur Quarantäne in die Tierärztliche Hochschule Hannover gebracht und wartet nun auf eine neue Vermittlung. Diese Fälle unterstreichen, dass eine Infektion bei Tieren oft unbemerkt bleibt.
SARS-CoV-2 Viruspartikel und die ACE2-Rezeptoren bei Haustieren, die eine Infektion ermöglichen.
Übertragung und Virusausscheidung: Eine Einordnung
Katzen scheiden das Virus vermutlich sowohl über Sekrete (z.B. Speichel) als auch über Exkrete (z.B. Kot) aus. Dennoch gibt es zum aktuellen Zeitpunkt absolut keinen wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass Katzen oder andere Haustiere das SARS-CoV-2 auf den Menschen übertragen hätten. Die Infektion findet demnach primär andersherum statt: Menschen können ihre Haustiere infizieren.
Eine experimentelle Studie hat zudem gezeigt, dass infizierte Katzen in der Lage sind, andere Katzen anzustecken. Auch hier entwickeln die Tiere jedoch wahrscheinlich keine Krankheitssymptome. Dies ist ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Mehrkatzenhaushalten, auch wenn das Risiko für den Menschen äußerst gering bleibt.
Eine Hauskatze, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren kann, jedoch selten Symptome während der Quarantäne zeigt.
Der Fall der Hunde: Seltene Infektionen und Altersfaktoren
Auch bei Hunden wurden SARS-CoV-2-Infektionen nachgewiesen. Ein in Nature publizierter Fall betrifft einen Zwergspitz, bei dem das Virus festgestellt wurde. Das Tier verstarb nach der Quarantänezeit, war jedoch bereits 17 Jahre alt und litt unter multiplen Vorerkrankungen. Es wird daher als unwahrscheinlich angesehen, dass die SARS-CoV-2-Infektion die Todesursache war. Ein weiterer Bericht erwähnt einen zweieinhalb Jahre alten Deutschen Schäferhund, bei dem Antikörper nachgewiesen wurden, der aber vollständig gesund blieb. Diese Beispiele zeigen, dass Hunde zwar infiziert werden können, die Krankheitsentwicklung jedoch stark von individuellen Faktoren abhängt.
Testmöglichkeiten und Forschung an Haustieren
Für den Nachweis einer akuten SARS-CoV-2-Infektion bei Tieren kann theoretisch derselbe RT-PCR-Test verwendet werden, der auch beim Menschen zum Einsatz kommt. Allerdings sind menschliche Antikörpertests nicht für Tiere geeignet. Um festzustellen, ob ein Tier eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hat und Antikörper gebildet wurden, ist dies derzeit nur im Rahmen wissenschaftlicher Studien möglich. Die Medizinische Kleintierklinik der LMU München führt beispielsweise eine solche Studie durch, um die Verbreitung des Virus und die Antikörperbildung bei Katzen in München zu untersuchen.
Sind Haustiere ein “stilles Virusreservoir” während der Quarantäne?
Trotz der Möglichkeit einer Virusübertragung zwischen Katzen, ist die Sorge, dass Haustiere ein “stilles Virusreservoir” bilden und zur Ausbreitung der Pandemie beitragen könnten, nach Ansicht von Infektiologie-Experten sehr unwahrscheinlich. Die Anzahl der bislang als SARS-CoV-2-positiv beschriebenen Tiere ist im Vergleich zur hohen Zahl infizierter Menschen minimal. Demnach ist es extrem unwahrscheinlich, dass ein Tier seinen Besitzer infiziert. Diese Erkenntnis ist besonders beruhigend für Menschen, die mit ihren Haustieren in Quarantäne leben.
Praktische Ratschläge für Tierhalter in Quarantäne oder bei COVID-19
Wenn Sie selbst positiv auf COVID-19 getestet wurden und in Quarantäne müssen, empfehlen Experten, dass sich nach Möglichkeit eine andere Person um Ihr Tier kümmert. Ist dies nicht umsetzbar, sollten Sie bei jedem Kontakt mit Ihrem Tier einen Mundschutz tragen und strenge Hygienemaßnahmen einhalten, um eine potenzielle Übertragung auf Ihr Tier zu minimieren.
Für Katzen, die normalerweise Freigänger sind, raten Experten, sie weiterhin nach draußen zu lassen. Das Einsperren in der Wohnung könnte zu zusätzlichem Stress für das Tier führen und paradoxerweise dessen Anfälligkeit für eine Infektion erhöhen. Zudem wäre der Kontakt zur infizierten Person in der Wohnung enger. Sorgen Sie während Ihrer Quarantäne für eine möglichst normale Routine für Ihr Tier, um psychischen Stress zu vermeiden. Planen Sie auch, wer sich im Notfall um Ihr Tier kümmern könnte, falls Ihre Symptome sich verschlimmern.
Großkatzen im Zoo: Eine Sonderbetrachtung
Die Fälle von Tigern und Löwen im Bronx Zoo in New York, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion respiratorische Symptome entwickelten, sorgten weltweit für Aufsehen. Es wird vermutet, dass die Infektion durch einen positiv getesteten Tierwärter, wahrscheinlich über das Futter, erfolgte. Prof. Hartmann erklärt, dass die in Zoos gehaltenen Großkatzenlinien oft von einem engen Genpool abstammen, was zu einer genetisch bedingten Immunsuppression führen kann. Dies könnte erklären, warum diese Tiere anfälliger für die Infektion und die Entwicklung von Krankheitssymptomen waren, während infizierte Hauskatzen in der Regel gesund blieben.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Quarantäne und Haustiere in Bezug auf SARS-CoV-2 meist unbedenklich sind. Haustiere können sich zwar infizieren, zeigen aber selten Symptome und stellen keine signifikante Übertragungsquelle für Menschen dar. Der Schutz der Tiere durch Hygienemaßnahmen des infizierten Besitzers ist dennoch wichtig. Bleiben Sie informiert und kümmern Sie sich verantwortungsvoll um Ihre tierischen Begleiter, ohne unnötige Ängste.
Literatur
- Shi J, Wen Z, Zhong G, et al. Susceptibility of ferrets, cats, dogs, and other domesticated animals to SARS–coronavirus 2. Science. 2020;368(6494):1016-1020.
- Sit THC, Brackman C, Ip SM, et al. Infection of dogs with SARS-CoV-2. Nature. 2020;586(7830):771-776.
