Eigentlich ist der Norden für mich wie ein Zuhause, eine Region, in die man normalerweise unbeschwerter reist als in unbekannte Gefilde. Doch die besonderen Umstände der letzten Zeit, die uns lange im südlichen Deutschland festhielten, weckten in mir ein unstillbares Nordweh. Ich sehnte mich nach der vollen Dosis Heimat – auf dem Silbertablett, mit allem, was dazugehört. Das Ergebnis waren wunderschöne Tage und eine Fülle an wertvollen Reisetipps für Norddeutschland, die ich hier mit Ihnen teilen möchte. Diese Reise war eine Offenbarung und zeigte, wie viel Schönheit und Charakter unser eigenes Land zu bieten hat.
Ein Kurztrip in den Norden Deutschlands bietet eine reiche Palette an Erlebnissen: von der pulsierenden Metropole Hamburg über die malerische Lübecker Bucht bis hin zur historischen Hansestadt Lübeck. Jede Station birgt ihre eigenen Geheimnisse und Höhepunkte, die darauf warten, entdeckt zu werden. Ob Sie nun auf der Suche nach kulinarischen Genüssen, kulturellen Einblicken oder einfach nur nach entspannenden Stunden am Meer sind, Norddeutschland hält für jeden Geschmack etwas bereit. Lassen Sie sich von dieser Reise inspirieren und planen Sie Ihr eigenes Abenteuer in dieser faszinierenden Region. Wenn Sie auch andere beeindruckende Naturlandschaften erkunden möchten, finden Sie hier reisetipps riesengebirge.
Hamburg: Labskaus, Elbromantik und Speicherstadt-Flair
Hamburg, die Perle des Nordens, ist immer eine Reise wert. Bei unserem Besuch stand die Hansestadt ganz oben auf der Liste, um das lange vermisste hanseatische Flair in vollen Zügen zu genießen. Von traditionellen Gaumenfreuden bis hin zu entspannten Stunden am Wasser – Hamburg bietet eine einzigartige Mischung aus Historie und Moderne, die Besucher immer wieder aufs Neue begeistert. Die unverwechselbare Architektur, das maritime Ambiente und die weltoffene Atmosphäre schaffen eine Kulisse, die zum Verweilen und Entdecken einlädt.
Kulinarische Entdeckungen: Cölln’s Austernkeller und Labskaus-Tradition
Mein Herz schlägt für die norddeutsche Küche, und diesmal musste es Labskaus sein: das norddeutschste aller Gerichte, das ich als altes Nordlicht erst jenseits der Vierzig, im Süden, kennengelernt habe. Dennoch hat mein Gehirn Labskaus sofort und willig mit hanseatischen Assoziationen verknüpft, sodass ich es heute als echte Heimatkost empfinde. Diese kurze Anekdote verdeutlicht, wie unsere Vorstellungen von Authentizität beeinflusst werden können.
Jugendstil-Interieur in Cölln's Austernkeller in HamburgAls wir mit meinem Mann und unserem fünfzehnjährigen Kind die Stufen zu Cölln’s Austernkeller unweit des Hamburger Rathauses hinabsteigen, sind solche Spitzfindigkeiten nebensächlich. Es ist offensichtlich: In diesem Traditionslokal, in dem schon Heinrich Heine speiste und das heute zur angesagten Mutterland-Gastrogruppe gehört, versteht man Marketing. Man ist der Fischküche treu geblieben, schmückt sich aber mit trendiger hanseatischer Coolness. Der hauseigene Labskaus wird als „Labsklaus“ serviert und kann sogar als stilvolles Souvenir im Glas erworben werden – zusammen mit anderen Mutterland-Kulinaria. Man spürt die Absicht, ist aber keineswegs verstimmt. Die geschmackliche Qualität ist erstklassig: Labskaus und Krabbensuppe sind hervorragend, die hausgemachten Limonaden ebenso. Und die Schönheit der Räumlichkeiten, in denen nordisches Blau-Weiß auf opulent mit Jugendstilfliesen ausgekleidete Wände trifft, ist tadellos. Es ist eine gelungene Symbiose aus Tradition und modernem Zeitgeist, die ein einzigartiges gastronomisches Erlebnis schafft.
Elbphilharmonie und Hafenromantik auf Linie 72
Für einen bilderbuchmäßigen Hamburg-Blick vom Wasser aus, der keinerlei Kosten verursacht, benötigen Sie lediglich eine Tageskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel der Hansestadt. Steigen Sie einfach an den Landungsbrücken in die Fähre der Linie 72 und lassen Sie sich entspannt durch den Hafen chauffieren. Diese Fahrt ist ein Geheimtipp für jeden Besucher, der Hamburg von seiner schönsten Seite erleben möchte, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen.
Panoramablick auf die Elbphilharmonie und den Hamburger Hafen vom Wasser ausEin erstklassiger Blick auf die Elbphilharmonie ist dabei inklusive, und Sie können dort auch aussteigen, um das beeindruckende Konzerthaus genauer zu erkunden. Oder Sie bleiben auf dem Wasser, drehen eine Schleife über den Fähranleger Arningstraße zurück zu den Landungsbrücken und wiederholen die Fahrt, bis Sie genug vom Hafen, der frischen Luft und dem Wasser haben. Dies ist eine der vergnüglichsten, einfachsten und günstigsten Unternehmungen während eines Kurztrips nach Norddeutschland: Hamburg auf dem Silbertablett serviert, ein unvergessliches Erlebnis für die ganze Familie.
Teatime im historischen Wasserschloss der Speicherstadt
Insidertipps sind großartig, aber manchmal darf es auch ein echtes Reiseführer-Highlight sein. Ein solches ist das Wasserschloss in der Speicherstadt: Es ist zweifellos eines der meistfotografierten Motive, die die Hansestadt zu bieten hat. Im frühen 20. Jahrhundert erbaut, beherbergte das charmante und leicht expressionistische Backsteinhaus ursprünglich Büros und Lagerräume. Doch die Zeiten ändern sich: Heute ist die Speicherstadt kein Ort mehr für den Umschlag von Waren, sondern UNESCO-Welterbe. Und das Wasserschloss ist ein Café-Restaurant geworden, das Besucher aus aller Welt anzieht.
Das ikonische Wasserschloss in der Hamburger Speicherstadt bei SonnenuntergangDie Location ist nicht zuletzt eine beliebte Anlaufstelle für Teetrinker – die Auswahl ist beachtlich. Immerhin residiert im Schlösschen neben der Gastronomie ein äußerst schönes Teegeschäft: das Teekontor. Dies passt hervorragend in die Speicherstadt, wo früher Tee aus Ostasien gelagert wurde. Dabei duftet es so, wie die Teeläden meiner schon eine ganze Weile zurückliegenden hanseatischen Jugend: nach künstlichen Aromen, mit denen die Tees in Norddeutschland allzu oft versetzt sind. Dies mag manchem gefallen; als Tee-Nerd fühle ich mich jedoch eher etwas abgetörnt. Ein weiterer nützlicher Tipp für alle, die etwas mehr Zeit mitbringen: Keine fünf Minuten vom Wasserschloss entfernt befindet sich das Dialoghaus Hamburg, wo man einen eindringlichen Eindruck von der Welt aus der Perspektive blinder oder sehbehinderter Menschen gewinnen kann.
Die Lübecker Bucht: Strandleben, Buddenbrooks und Architektonische Überraschungen
Unser Kurztrip durch Norddeutschland führte uns unweigerlich an die Küste, denn wir sehnten uns nach dem Meer. Da wir unsere Reise in Hamburg starteten und später in Lübeck Halt machen wollten, entschieden wir uns für die Ostsee. Die kompakteste und effizienteste Routenplanung führte uns direkt an die idyllische Lübecker Bucht, ein Paradies für alle, die maritime Erlebnisse suchen. Hier verbinden sich charmante Küstenorte mit beeindruckender Natur und spannender Geschichte, was diesen Abschnitt zu einem unvergesslichen Teil unserer Reisetipps für Norddeutschland macht.
Entspannung pur am Travemünder Strand im Strandkorb
Wir hatten unsere Fünfzehnjährige dabei, die es liebt, am Strand zu sein und diesbezüglich auf Reisen mit ihrer Familie grundsätzlich zu kurz kommt. Aus diesem Grund mieteten wir, obwohl kein ideales Strandwetter im engeren Sinne herrschte, in Travemünde für ein paar Stunden einen Strandkorb. Das Kind war zufrieden, und ich als bekennender Strandmuffel war es auch.
Fröhliche Familie in einem traditionellen Strandkorb am Travemünder StrandEs sollte viel mehr Strandkörbe auf der Welt geben. Dann hätte man viel seltener Sand unter den Kontaktlinsen und zwischen den Buchseiten und könnte der Tochter öfter mal Beachlife gönnen. Diese praktische und gemütliche Erfindung ermöglichte es uns, die frische Meeresluft zu genießen, ohne den Unannehmlichkeiten des Sandes ausgesetzt zu sein. Ein Strandkorb ist nicht nur ein Symbol für entspannten Urlaub an der deutschen Küste, sondern auch eine wunderbare Möglichkeit, jedem Familienmitglied gerecht zu werden.
Auf den Spuren von Tony Buddenbrook durch Travemündes Altstadt
Geht man eine Weile entlang der Travemünder Strandpromenade, gelangt man unweigerlich in die Altstadt. Und diese ist wunderbar verwunschen. Kopfsteinpflaster, geduckte Backsteinhäuser mit bunten Türen und Kletterrosen prägen das Bild: ein paar Straßenzüge, in denen eine versunkene Welt ans Tageslicht zu kommen scheint. Jeder Winkel erzählt hier eine Geschichte und lädt zum Verweilen und Staunen ein.
Blick auf die malerische Altstadt von Travemünde mit historischen BacksteinhäusernIch passiere eine Hausfront aus dem 16. Jahrhundert, an der schon Tony Buddenbrook vorbeispaziert sein muss: damals, als sie sich an der See kurzfristig von der Perspektive auf die Ehe mit einem ungeliebten Mann erholte – bis das Dilemma im heimatlichen Lübeck seinen verhängnisvollen Lauf nahm. Das Ostseebad Travemünde, ein Ortsteil Lübecks, stand bei den wohlhabenden Bürgern der Hansestadt hoch im Kurs; so auch bei der Familie des „Buddenbrooks“-Autors Thomas Mann. Es gab Kuranlagen und die niedrigen Fischerhäuser. Tony Buddenbrook mietete sich für die Dauer ihres Urlaubs im Travemünder Lotsenhaus ein, wo ein junger Mann einfacher Herkunft ihr Herz entflammte. Mir erscheinen Travemündes Altstadtstraßen als ein sehr poetisches Pflaster, und wie um diesen Eindruck zu bestätigen, entpuppt sich eines der hübschesten Häuser als Buchhandlung. „Buchanker“ ist ihr Name, gestrichen ist sie in Rosa, das Innere besteht aus einer Reihe verschachtelter ehemaliger Wohnräume. Auf dem Giebel der zentralen Gaube sitzt dekorativ eine Möwe: Offenbar haben an diesem Ort selbst die Vögel einen Sinn für Ästhetik.
Fernöstliche Architektur und das Teehaus “Wolkenlos” in Timmendorfer Strand
Am Abend unseres Strandtages fahren wir nach Timmendorfer Strand, das knapp zehn Kilometer nördlich von Travemünde an der Lübecker Bucht liegt. Seit ich auf einem Blog über das postmoderne Teehaus gelesen habe, das in Timmendorfer Strand auf der Ostsee liegt, wollte ich dort unbedingt einmal essen. Diese architektonische Besonderheit versprach ein einzigartiges Erlebnis, das wir uns nicht entgehen lassen wollten.
Das markante Teehaus "Wolkenlos" auf einer Seebrücke in Timmendorfer StrandÜber alle Maßen erstaunt waren wir allerdings, als wir schon bei unserer Einfahrt in den Ort an einem blendend weißen Gebäudekomplex von fernöstlicher Anmutung vorbeikamen. Die seltsame architektonische Impression entpuppte sich als Rückseite des Ostsee-Wohnsitzes von Jürgen Hunke. Hunke ist ein Unternehmer-Tausendsassa, der seine Prominenz vor allem seinen Jahren als HSV-Präsident verdankt. Außerdem liebt er Asien, und dieser Liebe hat er an der Ostsee unübersehbaren Ausdruck verliehen. An der Promenade von Timmendorfer Strand liegt nicht nur Hunkes gigantisches Anwesen, das japanische und balinesische Architekturelemente aufgreift und in einem blendenden, der Ästhetik schicker norddeutscher Seebäder entsprechenden Weiß interpretiert. Sondern auch der wenige Gehminuten entfernte Mikado Garden, bei dem die Ostsee-Fernost-Fusion farbenfroher daherkommt. Diesen asiatischen Garten hat Jürgen Hunke um ein Reetdachhaus herum anlegen lassen, das früher als Lesehalle genutzt wurde und das heute, in japaneskem Schwarz-Rot gehalten, eine Galerie beherbergt. Hier bietet der Geschäftsmann asiatische Kunstobjekte und eine passende Literaturauswahl an. Im Kunstbereich dominieren Buddha-Skulpturen, im Bücherbereich ein softer Lebenshilfe-Buddhismus.
Und dann ist da das Mikado-Teehaus, wegen dessen wir gekommen sind. Am Ende einer Seebrücke liegt es, transparent und mit geschwungenen Pagodendächern, auf dem Wasser. Jürgen Hunke hat es vom Hamburger Architekten Andreas Schuberth bauen lassen und seinem liebsten Ostseebad geschenkt. In Timmendorfer Strand war man nicht übermäßig erpicht auf ein Teehaus und eröffnete stattdessen 2014 ein Restaurant in dem Bau: das „Wolkenlos“. Das Haus pflegt eine mainstreamige Karte mit Pasta, Burgern und ein bisschen Fisch. Nicht umwerfend, aber okay. Dafür sitzt man wunderbar und fühlt sich dank der Glaswände wirklich wie auf dem Meer. Über die Geschmackssicherheit der Timmendorfer Asia-Bauten lässt sich streiten, aber wer einen Sinn für architektonische Kuriositäten hat, muss sie sehen. Und das Mikado-Teehaus schwebt wirklich effektvoll über der Ostsee.
Lübeck: Backsteingotik, Bürgerstolz und Marzipan-Genuss
Lübeck, die Königin der Hanse, ist eine Stadt, die mit ihrer beeindruckenden Backsteingotik und ihrem reichen kulturellen Erbe sofort in ihren Bann zieht. Nach den Erlebnissen in Hamburg und an der Lübecker Bucht war Lübeck der krönende Abschluss unserer Reisetipps durch Norddeutschland. Hier verschmelzen Geschichte und lebendiges Stadtgeschehen zu einem einzigartigen Erlebnis, das Besucher aus aller Welt begeistert.
Das Lübecker Krönchen: Ein Hoteltipp der Extraklasse
Unsere Tochter war noch nie in Lübeck und plant nach unserem Besuch bereits einen weiteren Trip zusammen mit ihrer Freundin. Es gibt vieles, was für die Stadt spricht, ich bin mir jedoch sicher, dass ihre Lübeck-Affinität etwas mit dem ungeheuren Wohlgefühl zu tun hat, das uns überkam, sobald wir unser Hotel betreten hatten. Es war eine sofortige Verbindung, die den Aufenthalt unvergesslich machte.
Das charmante Lübecker Krönchen, ein Rokoko-Schlösschen aus dem 18. JahrhundertDas Lübecker Krönchen liegt etwas außerhalb der Altstadt in einem gelben Rokoko-Schlösschen aus dem 18. Jahrhundert: nicht gerade typisch für die Hansestadt mit ihrer giebeligen Backstein-Kaufmannsarchitektur. Doch auch hinter dem kleinen Schloss steckte ein Kaufmann: Hieronymus Küsel, zu seiner Zeit der reichste Lübecker, ließ es sich 1756 nach französischem Vorbild errichten – und nannte es „Bellevue“. Seit 2017 ist das Schloss ein Hotel, und es ist wohl das schönste, in dem wir je waren. Annett und Peter Ganswindt stehen hinter dem Lübecker Krönchen: hinter dem Konzept eines individuellen, sehr persönlichen Hotels mit sechs Zimmern ebenso wie hinter jedem einzelnen Detail der Einrichtung. Die ist liebevoll durchdacht bis ins Kleinste. Jedes der Zimmer hat ein eigenes Thema, das sich in Mobiliar, Wandmalereien, Dekoration widerspiegelt; das Ganze fühlt sich an wie ein verspieltes Herrenhaus für das 21. Jahrhundert. Oft legt Annett Ganswindt selbst Hand an, malt, restauriert, richtet ein.
Zu dritt bewohnten wir ein Zimmer unter dem Dach; sein Name: „Himmel auf Erden“. Die Wände sind mit Wolken und Möwen bemalt, Antiquitäten teilen sich den Platz mit modernen Möbeln. Unser Favorit war ein Massagesessel. Wir blieben zwei Nächte und sind fest entschlossen, wiederzukommen. Vielleicht sogar, solange das Reisen wegen Corona noch schwierig ist, denn das Lübecker Krönchen als solches bietet bereits den perfekten Urlaubs-Effekt: Man ist weg vom Alltag, bekommt Futter für die Sinne, genießt die entspannte Gastfreundschaft, fühlt sich verwöhnt und ein bisschen schwerelos. Außerdem ist das kleine Hotel in Pandemiezeiten ein relativ sicherer Ort, denn viele Gäste fasst es nicht.
Lebendiges UNESCO-Welterbe: Die Giebel der Lübecker Altstadt
Nach dem Aufwachen im Krönchen tauchten wir ein in den Backsteinkosmos von Lübecks Altstadt. Deren erhaltene Teile zählen zum UNESCO-Welterbe: ein Prädikat, das mancherorts zur Musealisierung urbaner Räume geführt hat. Nicht so in Lübeck. Unter den Giebeln der alten Kaufmannshäuser spielt sich ein ganz normaler Alltag ab. Touristen gehören selbstverständlich ins Bild, aber hier wird gelebt, gearbeitet, eingekauft, Fahrrad gefahren.
Panoramablick auf die historische Lübecker Altstadt mit ihren markanten BacksteingiebelnSelbst in den verwunschenen Gängen, die zu den Lübecker Besucherlieblingen gehören, sitzen Anwohner im Freien. An Stippvisiten wie unsere scheinen sie gewöhnt zu sein, sie lassen sich dadurch nicht in ihrer Beschäftigung mit Büchern und Bildschirmen stören. Diese Gänge waren ursprünglich Wohnorte für die ärmeren Teile der Lübecker Bevölkerung, die sich das Leben in den an den Straßen gelegenen Stadthäusern nicht leisten konnten. Heute sind sie urbane Idyllen. Wir flanieren, fotografieren, genießen diese ganz besondere hansische Stadtlandschaft. Wenn man, wie wir, nicht oft hierherkommt, weht einen zwischen den Bürgerhäusern mit ihren repräsentativen Giebeln leicht der Hauch einer anderen Welt an. Es ist diese einzigartige Mischung aus historischem Charme und lebendigem Alltag, die Lübeck zu einem so besonderen Ziel macht.
Bürgerliche Eleganz im Behnhaus und süße Verführungen bei Niederegger
Natürlich, die Buddenbrooks. Ich liebe es, Bücher zu lesen, die an den Orten spielen, die ich gerade bereise. „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann sind hier allerdings eine ganz eigene Klasse: Kaum eine Stadt ist so intensiv in der Literatur verortet worden wie Lübeck in dem Roman des jungen Hanseaten aus guter Familie. Selbstverständlich wollte ich mit Mann und Kind ins Buddenbrookhaus gehen, stand aber davor und las, dass es wegen Umbaus geschlossen ist. Ein bedeutender Teil der Exponate sei interimsmäßig im Behnhaus zu finden.
Historisches Landschaftszimmer im Behnhaus, LübeckIch war nicht besonders betrübt darüber: Das Behnhaus wollte ich sowieso gern sehen, hatte es mir allerdings im Vorhinein abgeschminkt, weil ich dem Kind nicht mehr als ein Museum an unserem Lübeck-Tag zumuten wollte. Das Behnhaus nämlich ist, im Gegensatz zu dem als Museum konzipierten Buddenbrookhaus, ein nobles, wunderbar erhaltenes Wohnhaus aus dem 18. Jahrhundert, das einiges über das Selbstverständnis des Lübecker Bürgertums erzählt. Erbaut wurde es für den Kaufmann und Bürgermeister Peter Hinrich Tesdorpf – als klassizistisches Stadtpalais, dessen raffinierte Einrichtung im französischen Stil keinen Zweifel daran ließ, dass der Hausherr sich als Anwalt der Hochkultur verstand: eine Rolle, die andernorts dem Adel vorbehalten war. Heute ist das Haus mit dem Nachbargebäude zum Museum Behnhaus-Drägerhaus verbunden und zeigt außer der historischen Lübecker Wohnkultur eine sehr lohnende Sammlung von Gemälden, vielfach mit Bezug zur Stadt Lübeck. Am Ende geraten wir sogar in einen Munch-Saal, denn Edvard Munch verbrachte immer wieder Zeit im Haus des Lübecker Augenarztes und Kunstfreundes Dr. Max Linde.
Schließlich, und das war einer der entscheidenden Eckpunkte, als wir unseren Kurztrip Norddeutschland planten, gingen wir zu Niederegger. Das Lübecker Marzipan-Imperium betreibt in der Altstadt ein riesiges Geschäft mit Café. Letzteres ist im Siebziger-Jahre-Stil eingerichtet und serviert täglich Mengen opulenter Torten, außerdem Herzhaftes sowie Marzipan-Waffeln.
Das berühmte Café Niederegger in Lübeck, bekannt für MarzipanDass Lübeck zur Marzipan-Hochburg wurde, hat wiederum mit der internationalen kaufmännischen Vernetzung der Hansestadt zu tun: Aus dem Orient ist das Rezept für die Süßigkeit, wie man vermutet, via Venedig nach Lübeck gekommen, wo sich eine veritable Marzipan-Kultur ausbildete. Über seinem Café hat Niederegger ein kleines Museum eingerichtet, in dem man dergleichen lernen kann. Und außerdem erfährt, dass der Konditor Johann Georg Niederegger aus Ulm stammte: der Stadt, in die wir nach unserer zweiten Nacht im Lübecker Krönchen wieder zurückfahren – erfüllt und glücklich über unseren Kurztrip Norddeutschland, den es ohne Corona nicht gegeben hätte, denn eigentlich war ein exotischeres Ziel geplant. Wir vermissen nichts.
Unsere Reise durch Norddeutschland, von der pulsierenden Hansestadt Hamburg über die entspannte Lübecker Bucht bis hin zur geschichtsträchtigen Marzipanstadt Lübeck, war eine wahrhaft unvergessliche Erfahrung. Die Mischung aus maritimen Erlebnissen, kulturellen Entdeckungen und kulinarischen Genüssen hat uns tief beeindruckt und gezeigt, wie vielfältig und reizvoll diese Region ist. Ob Sie die Elbphilharmonie bestaunen, im Strandkorb entspannen oder durch die historischen Gänge Lübecks schlendern möchten – Norddeutschland bietet für jeden Reisenden etwas Besonderes. Lassen Sie sich von diesen Reisetipps Norddeutschland inspirieren und planen Sie Ihr eigenes Abenteuer im Norden, das Ihnen mit Sicherheit viele schöne Erinnerungen bescheren wird.
