Rürup-Rente für Selbstständige: Lohnt sich die staatlich geförderte Altersvorsorge?

Eine Gruppe von Selbstständigen berät sich über ihre Altersvorsorgeoptionen.

Die Altersvorsorge ist ein entscheidendes Thema, besonders für Selbstständige in Deutschland. Sie stehen vor der Herausforderung, sich langfristig finanziell abzusichern, oft ohne die Sicherheit einer festen Anstellung und damit verbundenen gesetzlichen Rentenansprüchen. In diesem Kontext rückt die Rürup-Rente, auch bekannt als Basisrente, oft in den Fokus. Sie verspricht staatliche Förderungen und eine lebenslange Auszahlung. Doch ist sie wirklich die optimale Lösung für jeden Freiberufler? Um diese Frage zu beantworten, ist eine detaillierte Betrachtung der Vor- und Nachteile unerlässlich.

Die Funktionsweise der Rürup-Rente: Ein Überblick für Selbstständige

Die Rürup-Rente ist ein steuerlich gefördertes Vorsorgemodell, das primär Selbstständigen und Freiberuflern eine Möglichkeit zur ergänzenden Altersvorsorge bieten soll. Die Idee dahinter ist, dass Beiträge, die in eine Rürup-Rente eingezahlt werden, bis zu einem bestimmten Höchstbetrag von der Steuer absetzbar sind. Dies soll die Rentenlast des Staates langfristig reduzieren und gleichzeitig die finanzielle Sicherheit der Versicherten im Alter erhöhen.

Flexibilität in der Ansparphase: Ein kritischer Punkt

Ein zentraler Aspekt bei jeder Form der Altersvorsorge ist die Flexibilität. Bei der Rürup-Rente ist diese jedoch stark eingeschränkt. Das Geld, das in einen Rürup-Vertrag eingezahlt wird, ist bis zum Renteneintritt gebunden und nicht kündbar. Das bedeutet, dass Sie im Notfall oder bei unvorhergesehenen finanziellen Engpässen nicht auf das angesparte Kapital zugreifen können. Diese Unflexibilität ist ein wesentlicher Unterschied zu anderen Anlageformen wie einem ETF-Sparplan oder einer nicht geförderten privaten Rentenversicherung.

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Sollten Sie gezwungen sein, die monatlichen Beiträge zu reduzieren oder den Vertrag sogar beitragsfrei zu stellen, fallen weiterhin Verwaltungskosten aus dem bestehenden Vertragsguthaben an. Zwar kann das Kapital weiterhin Renditen erwirtschaften, doch die laufenden Kosten können das Guthaben im Laufe der Zeit schmälern. In einigen Fällen kann das Kapital in einem beitragsfrei gestellten Vertrag sogar weniger werden als ursprünglich eingezahlt. Daher ist es ratsam, die eigene finanzielle Situation genau zu prüfen, bevor man sich für eine Rürup-Rente entscheidet.

Wann ist von einem Rürup-Vertrag abzuraten?

Für junge Berufstätige und Studenten, die am Anfang ihrer Karriere stehen und nur geringe finanzielle Mittel zur Verfügung haben, ist die Rürup-Rente oft keine sinnvolle Wahl. Der Hauptgrund dafür sind die steuerlichen Vorteile, die an die Höhe der eingezahlten Beiträge gekoppelt sind. Je geringer die Einzahlungen, desto geringer die Steuererstattung. Zudem ist die Besteuerung der Rentenbezüge in der Zukunft ansteigend. Junge Menschen müssen somit später im Ruhestand einen höheren Prozentsatz ihrer Rente versteuern, was die anfänglichen Steuervorteile relativiert.

Für Selbstständige, die absehbar auch immer wieder Phasen der Anstellung haben werden, kann eine Rürup-Rente ebenfalls problematisch sein. Die staatliche Förderung ist primär auf die Lücke zur gesetzlichen Rente ausgerichtet. Wenn bereits durch Anstellungen Rentenansprüche erworben werden, sollte die Notwendigkeit einer zusätzlichen Rürup-Rente kritisch geprüft werden.

Rürup-Rente im Vergleich zu alternativen Vorsorgemodellen

Um die Entscheidung für oder gegen eine Rürup-Rente fundiert treffen zu können, ist ein Vergleich mit anderen Vorsorgemodellen unerlässlich.

Die entscheidenden Unterschiede zur nicht geförderten Altersvorsorge

Der gravierendste Unterschied zwischen einer Rürup-Rente und einer nicht geförderten Altersvorsorge, wie beispielsweise einem breit gestreuten Aktien-ETF-Sparplan, liegt in der Verfügbarkeit des Kapitals. Bei einem Rürup-Vertrag haben Sie während der gesamten Vertragslaufzeit keinen Zugriff auf Ihr Geld. Im Gegensatz dazu ermöglichen ETF-Sparpläne eine hohe Flexibilität. Sie können jederzeit auf Ihr angespartes Kapital zugreifen, um es für Anschaffungen zu nutzen oder flexibel in andere Anlageformen umzuschichten.

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Im Ruhestand wird das angesparte Kapital einer Rürup-Rente als lebenslange Rente ausgezahlt. Ein Kapitalwahlrecht, also die Möglichkeit, sich das gesamte Kapital auf einen Schlag auszahlen zu lassen, besteht nicht. Dies ist ein weiterer wesentlicher Nachteil im Vergleich zu vielen anderen privaten Vorsorgemöglichkeiten.

Der klare Vorteil der Rürup-Rente liegt jedoch in der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge. Diese Möglichkeit entfällt bei reinen ETF-Sparplänen oder nicht geförderten privaten Rentenversicherungen.

Eine Gruppe von Selbstständigen berät sich über ihre Altersvorsorgeoptionen.Eine Gruppe von Selbstständigen berät sich über ihre Altersvorsorgeoptionen.

Schutz in finanziellen Krisen: Ein Pluspunkt der Rürup-Rente?

Ein interessanter Aspekt der Rürup-Rente zeigt sich im Falle einer finanziellen Krise. Sollten Sie Leistungen nach dem Bürgergeld (früher Hartz IV) beantragen müssen, wird Ihr Kapital aus einem Rürup-Vertrag in der Regel nicht als Vermögen angerechnet. Dies liegt daran, dass es als zweckgebundene Altersvorsorge eingestuft wird und vor dem Renteneintritt nicht entnommen werden kann. Dies ist ein deutlicher Vorteil gegenüber einem ETF-Sparplan, dessen Anrechnung beim Bürgergeld komplexer ist und von verschiedenen Faktoren abhängt, insbesondere davon, ob Sie selbstständig sind oder nicht.

Selbstständige haben hierbei einen gewissen Spielraum. Sie dürfen grundsätzlich ein ETF-Depot als Altersvorsorge nutzen, wobei innerhalb bestimmter Grenzen Teile des Depots nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden. Die genaue Höhe hängt von der Anzahl der Berufsjahre ab. Für Nicht-Selbstständige gilt meist, dass das Kapital aus dem ETF-Depot erst aufgebraucht werden muss, bevor staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden kann. Allerdings gibt es hierbei auch Freibeträge für das gesamte Vermögen.

Die Vererbbarkeit von Rürup-Verträgen: Ein gravierender Nachteil

Einer der größten Kritikpunkte an der Rürup-Rente ist die eingeschränkte Vererbbarkeit. Grundsätzlich ist es nicht vorgesehen, dass das angesparte Kapital frei an Erben übertragen oder vererbt werden kann. Versterben Sie während der Ansparphase, profitieren in erster Linie die anderen Versicherten und der Versicherer. Ihre Hinterbliebenen gehen leer aus, es sei denn, es wurden spezielle Regelungen getroffen.

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Hinterbliebenenschutz: Eine Option mit Einschränkungen

Glücklicherweise bieten die meisten Rürup-Verträge die Möglichkeit, einen Hinterbliebenenschutz einzuschließen. Die genauen Konditionen variieren stark je nach Anbieter, Tarif und individuellem Vertrag.

Es gibt verschiedene Optionen:

  • Rentengarantiezeit: Diese sichert eine festgelegte Rentenhöhe für einen bestimmten Zeitraum nach Rentenbeginn. Sollten Sie innerhalb dieser Zeit versterben, wird die Rente bis zum Ablauf des vereinbarten Zeitraums weitergezahlt.
  • Beitragsrückgewähr oder Rente aus dem Kapital: Diese Optionen zielen darauf ab, den Fall eines Todes während der Ansparphase abzusichern. Hierbei kann vereinbart werden, dass die eingezahlten Beiträge zurückgezahlt werden oder dass aus dem vorhandenen Kapital eine Rentenzahlung an die Hinterbliebenen erfolgt.

Als Hinterbliebene gelten dabei in der Regel nur der Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und kindergeldberechtigte Kinder – ähnlich wie bei der gesetzlichen Rente.

Fazit: Die Rürup-Rente – Eine Entscheidung mit Bedacht

Die Rürup-Rente kann für bestimmte Gruppen von Selbstständigen durchaus eine sinnvolle Ergänzung ihrer Altersvorsorge darstellen, insbesondere aufgrund der steuerlichen Absetzbarkeit. Die Einschränkungen hinsichtlich der Flexibilität und der Vererbbarkeit sind jedoch gravierend und dürfen nicht unterschätzt werden.

Bevor Sie sich für einen Rürup-Vertrag entscheiden, sollten Sie Ihre persönliche finanzielle Situation, Ihre langfristigen Lebensziele und Ihre individuellen Risikobereitschaft sorgfältig abwägen. Ein umfassender Vergleich mit alternativen Vorsorgemöglichkeiten ist unerlässlich. Ziehen Sie gegebenenfalls die Beratung durch einen unabhängigen Finanzexperten in Betracht, um die für Sie optimale Strategie zur Altersvorsorge zu entwickeln.