Das Aufstiegsstipendium ermöglicht die Finanzierung Ihres Studiums.
Wer bereits Berufserfahrung gesammelt hat und sich anschließend für ein Studium entscheidet, steht oft vor besonderen Herausforderungen. Das Schulwissen mag etwas verstaubt sein, doch die gesammelte Berufs- und Lebenserfahrung kann sich als äußerst wertvoll erweisen. Zusätzlich gibt es eine spezielle Förderung für diese Studierenden: das Aufstiegsstipendium des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), das sowohl finanzielle als auch ideelle Unterstützung bietet.
1. Der Aufstieg durchs Studium: Studiengründe von Berufstätigen
Katja Schlör, 29 Jahre alt, blickt bereits auf mehrjährige Berufserfahrung zurück. Nach ihrem Realschulabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. “Danach arbeitete ich sieben Jahre lang in Halle an der Saale auf einer Station für Rückenmarksverletzte”, erzählt sie.
Zusätzlich absolvierte Katja Schlör eine spezielle Weiterbildung für Rückenmarks- und Wirbelsäulenverletzte, erkannte jedoch: “Ohne ein Studium komme ich beruflich nicht vorwärts.” Daher entschied sie sich für den Bachelorstudiengang “Gesundheitsförderung und -management” an der Hochschule Magdeburg-Stendal.
Gleichzeitig stand für sie fest, in Vollzeit zu studieren. “Ich wollte mich ganz auf das Studium konzentrieren.” Dennoch hatte Katja Schlör auch Bedenken: “Ich hatte Sorge, dass ich ohne Abitur und nach jahrelanger Lernpause Probleme beim Lernen bekommen würde.”
Diese Sorgen erwiesen sich jedoch als unbegründet. Sie erkannte, dass ihre Berufserfahrung ihr sogar Vorteile verschaffte – sowohl fachlich als auch methodisch. So fiel es ihr leichter als ihren KommilitonInnen, sich frühzeitig auf Prüfungen vorzubereiten. “Während die anderen feierten gingen, habe ich gelernt.”
2. Berufserfahrung als Schlüssel zum Studienerfolg
Inzwischen steht fest, dass Katja Schlör den Vergleich mit Abiturienten nicht scheuen muss: 2018 schloss sie ihr Bachelorstudium erfolgreich mit der Gesamtnote 1,5 ab. Seit Herbst absolviert sie das Masterstudium “Soziale Arbeit in der alternden Gesellschaft”. “Ich bin selbst von meinen guten Ergebnissen überrascht!”
Auch Ahmet Yildiz, 31 Jahre alt, absolvierte zunächst eine Ausbildung. “Nach meinem Hauptschulabschluss wurde ich Bauzeichner. Dann absolvierte ich eine Weiterbildung zum Techniker und erwarb so die Fachhochschulreife”, erklärt der Ulmer. Mehr als zehn Jahre war er in seinem Beruf tätig.
“Mein Entschluss für ein Studium fiel in meinem letzten Job als Bauleiter beim Hochbauamt”, berichtet Ahmet Yildiz. “Ich war mit meiner Qualifikation nur eingeschränkt handlungsfähig.” Er konnte nur Bauaufträge von geringem Umfang selbst verantworten.
Diese Situation wollte er nicht länger hinnehmen. So begann er 2015 an der Hochschule für Technik in Stuttgart Architektur zu studieren. Inzwischen hat er den Bachelorabschluss in der Tasche und absolviert nun das Masterstudium “Bauprozessmanagement und Immobilienwirtschaft” an der Technischen Universität Dortmund.
3. Studienfinanzierung durch das Aufstiegsstipendium
Katja Schlör und Ahmet Yildiz erhalten beide das Aufstiegsstipendium. Diese Stipendienart ist speziell auf Studierende zugeschnitten, die bereits über eine Berufsausbildung und mindestens zweijährige Berufserfahrung verfügen.
“Schulabschluss und Schulnoten spielen bei der Stipendienvergabe keine Rolle”, betont Andreas van Nahl von der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB), die das Stipendienprogramm bundesweit koordiniert. “Was zählt, sind die beruflichen Leistungen.”
Das Stipendienprogramm unterstützt Fachkräfte auch ohne Abitur bei ihrem ersten Hochschulstudium. Dabei ist es irrelevant, ob die Geförderten in Vollzeit oder berufsbegleitend studieren.
Andreas van Nahl: “Selbst wer schon viele Jahre im Arbeitsleben steht, kann sich bei uns bewerben. Nach der Aufnahme ins Stipendienprogramm hat jeder noch ein Jahr Zeit, mit dem Studium zu beginnen. Das gibt Berufstätigen Planungssicherheit.”
Die wichtigsten Fakten zum Aufstiegsstipendium
Höhere Förderbeträge seit 1. September 2024!
- Voraussetzungen: Eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Die Bewerber müssen ihre berufliche Leistungsfähigkeit belegen, zum Beispiel mit einer Gesamtnote in der Ausbildungsprüfung, die besser als “gut” ist.
- Das Studium muss an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in einem EU-Land oder der Schweiz stattfinden und mit einem ersten akademischen Abschluss wie Bachelor, Staatsexamen oder Master of Business Administration (MBA) enden.
- Eine Förderung kommt sowohl für ein Vollzeitstudium als auch für ein berufsbegleitendes Studium infrage.
- Die Bewerbung ist vor Beginn eines Studiums, aber auch bis zum Ende des zweiten Studiensemesters möglich.
- Das Stipendium ist einkommensunabhängig. Es beträgt bei einem Vollzeitstudium monatlich 992 Euro plus 80 Euro Büchergeld, also insgesamt 1.072 Euro. Gegebenenfalls wird ein Kinderbetreuungszuschuss für Kinder unter 14 Jahren gezahlt (160 Euro für jedes Kind). Für ein berufsbegleitendes Studium beträgt die jährliche Förderung bis zu 3.045 Euro.
- In jedem Jahr gibt es zwei Bewerbungszeiträume: Der erste ungefähr in den Monaten September bis November und der zweite findet zwischen März und Juni statt. Informieren Sie sich hier über die Fristen.
- Wer in das Förderprogramm aufgenommen wurde, hat die Möglichkeit, die Stipendienzusage erst verzögert zu nutzen: Es besteht die Möglichkeit einer Anwartschaft für ein Jahr. In dieser Zeit muss dann aber das Studium wirklich begonnen werden.
…und was nicht gefördert wird:
- Kooperationsstudiengänge zwischen einer Hochschule und weiteren Bildungsträgern
- ausbildungsintegrierende Studiengänge
- Studium an einem An-Institut einer Hochschule
- Studium in einem Nicht-EU-Land oder der Schweiz
- Masterstudium
- Probestudium, Orientierungsstudium und ähnliches
- Weiterbildungsstudiengänge
4. SBB Aufstiegsstipendium Chancen: Wie stehen die Chancen auf ein Stipendium?
Jedes Jahr vergibt die SBB rund 1.000 Aufstiegsstipendien. “Im Mittel der letzten Jahre ist das Verhältnis der Aufnahmen zu den Bewerbungen in etwa bei eins zu vier”, so Andreas van Nahl. “Wer die Voraussetzungen für eine Bewerbung erfüllt, hat im Auswahlverfahren also eine realistische Chance.” Die Sbb Aufstiegsstipendium Chancen sind also durchaus gegeben!
Die Geförderten belegen die verschiedensten Fächer. “Eine große Gruppe kommt aus den Gesundheitsberufen und studiert zum Beispiel Pflegemanagement oder sogar Medizin. Technische Fachkräfte absolvieren häufig einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang, kaufmännische Fachkräfte BWL oder Wirtschaftsingenieurwesen”, berichtet Andreas van Nahl.
Das Studium müsse aber nicht zwingend auf der Berufsausbildung aufbauen. Über 60 Prozent aller StipendiatInnen sind zwischen 26 und 35 Jahre alt, 19 Prozent sind älter. Es gibt jedoch keine Altersbegrenzung – es muss lediglich erläutert werden können, inwieweit ein Studium die beruflichen Qualifikationen verbessert.
Wer als StipendiatIn das Erststudium mit einem herausragenden Ergebnis abschließt, kann anschließend noch eine Weiterförderung für ein Masterstudium erhalten. “Für Bewerbungen dafür gibt es ein eigenes Auswahlverfahren, zu dem auch das Verfassen eines Motivationsschreibens gehört”, so Andreas van Nahl. Die Zahl der Masterstipendien sei allerdings begrenzt.
Andreas van Nahl ermutigt Interessierte, sich für ein Erststudium zu bewerben. Sein Tipp: “Bewerber sollten sich vorher gut informieren und die notwendigen Unterlagen bereithalten.” Außerdem rät er Interessierten, intensiv darüber zu reflektieren, warum sie studieren wollen und wie ihre Zukunftsplanungen aussehen.
Viele Leistungen sind ab 30 nicht mehr (oder nur in Ausnahmefällen) zugänglich oder sie sind teurer als für jüngere Studierende. Wir fassen zusammen, welche Ausnahmen es gibt. BAföG gibt es seit August 2022 aber noch deutlich länger: Wer bei Studienbeginn noch unter 45 ist, hat vom Alter her kein Problem.
5. Tipps für die Bewerbung zum Aufstiegsstipendium
Katja Schlör hat weitere Tipps für Bewerber: “Man sollte sich beim Ausfüllen der Online-Bewerbung Zeit nehmen, sich nicht unter Druck setzen oder ablenken lassen.” Das Bewerbungsverfahren besteht aus drei Stufen: einer Online-Bewerbung, einem Kompetenz-Check und einem Auswahlgespräch.
Ahmet Yildiz: “Der Kompetenz-Check ist kein IQ-Test, sondern es geht um die eigene Person.” Deshalb sei es auch gar nicht so schwierig, die Fragen zu beantworten. Das Interview hat er als “sehr angenehm” in Erinnerung. “Ich wurde nicht ausgefragt.”
Für die Vorbereitung des Gesprächs rät Katja Schlör: “Am besten erinnert man sich noch einmal an die Fragen und die eigenen Antworten im Kompetenz-Check. Ich habe außerdem über meine Stärken und Schwächen reflektiert und mich über die Stiftung informiert.”
Das Auswahlverfahren beim Aufstiegsstipendium auf einen Blick
1. Stufe – die Online-Bewerbung: Zuerst füllen Sie einen Online-Fragebogen aus. Nach Absenden dieses Formulars prüft die SBB, ob alle notwendigen Voraussetzungen für die Bewerbung um das Stipendium erfüllt sind. Dazu gehören eine anerkannte Berufsausbildung, der Nachweis der Berufspraxis und der besonderen Leistungsfähigkeit.
2. Stufe – der Kompetenz-Check: Haben Sie die 1. Stufe erfolgreich gemeistert, erhalten Sie per E-Mail die Zulassung zum Kompetenz-Check. Auch auf dieser Stufe müssen Sie einen Online-Fragebogen ausfüllen. Inhaltlich geht darum, sich mit Ihren verschiedenen Kompetenzen wie zum Beispiel Zielstrebigkeit oder soziale Kompetenz zu präsentieren.
3. Stufe – das Auswahlgespräch: Wenn Sie die 2. Stufe bestanden haben, lädt Sie die SBB zum Interview ein. In diesem stellen Ihnen Juror Fragen zu Ihrem beruflichen Werdegang. Auch das geplante oder bereits begonnene Studium ist Gesprächsinhalt.
Allgemeine Informationen zu den Bewerbungsvoraussetzungen, zu förderfähigen Studiengängen und zu weiteren wichtigen Fragen finden Sie unter aufstiegsstipendium.de.
Aktuelle Informationen zu den Bewerbungsterminen gibt es unter: www.sbb-stipendien.de/aufstiegsstipendium/bewerben/termine-und-fristen.
6. Bonus beim Aufstiegsstipendium: Ideelle Studienförderung
Neben der finanziellen Unterstützung, die unabhängig vom Einkommen ist, bietet die SBB auch noch eine ideelle Förderung an: “Wir haben ein umfangreiches Seminarprogramm. Die Themen reichen von der professionellen Internetrecherche bis zum Stimmtraining”, so Andreas van Nahl.
Außerdem treffen sich regelmäßig Regionalgruppen. Auch über eine Online-Plattform ist Austausch möglich.
Ahmet Yildiz helfen die Seminare seines Stipendiengebers sehr: “Ich finde es schön, dass ich zum Beispiel beim Thema wissenschaftliches Schreiben zusätzliche Unterstützung finde … neben den Angeboten, die es ohnehin an der Hochschule gibt.”
7. Alternativen: Was gibt es, wenn es mit dem Aufstiegsstipendium nicht klappt?
Auch wenn die Chancen auf das Stipendium recht gut sind – einige Bewerberinnen und Bewerber gehen doch leer aus. Daher hier noch kurz zu Alternativen.
BAföG
Sofern Sie nicht schon zwei berufsqualifizierende schulische Ausbildungen hinter sich haben, kann das BAföG in Frage kommen. In der Regel müssen Sie bei Studienbeginn unter 45 sein (Erhöhung der Altersgrenze seit August 2022!). Zu Ausnahmen (bspw. Kindererziehung) lesen Sie mehr im Artikel BAföG-Anspruch bei Studienbeginn mit über 45.
Wenn Sie mit über 30 mit einem Studium beginnen oder nach Ihrer dreijährigen Ausbildung bereits mind. drei Jahre gearbeitet haben (war die Ausbildung kürzer, muss die Arbeitszeit danach länger sein, damit 6 Jahre zusammen kommen), bekommen Sie dieses elternunabhängig. War die Arbeitszeit nach der Ausbildung kürzer, ist evt. über den Antrag auf Vorausleistungen doch elternunabhängige Förderung möglich. Sonst bleibt die Höhe des BAföG vom Einkommen der Eltern abhängig (die aber dann auch noch Unterhalt leisten müssten).
BAföG für einen Master gibt es auch, die Altersgrenze ist ebenfalls 45. Wer mit knapp unter 45 einen Bachelor beginnt, kann aber auch den Master direkt im Anschluss daran durch BAföG gefördert bekommen.
Beim BAföG ist die Förderung aber leider nicht ganz so hoch wie beim Aufstiegsstipendium. Nutzen Sie unseren BAföG-Rechner für eine Abschätzung!
KfW-Studienkredit
Der KfW-Studienkredit steht auch Älteren zur Verfügung. Ist man bei Finanzierungsbeginn höchstens 34 Jahre alt, kann man 10 Semester den Kredit erhalten, ist man höchstens 44 Jahre immerhin noch 6 Semester. Unter 25-jährige können den Kredit sogar bis zu 14 Semester in Anspruch nehmen (z.B. für ein Medizinstudium). Zu bedenken sind jedoch die variablen Zinsen, die 2023 bei knapp 9% lagen.