Spätstarter: Wie Erwachsene erfolgreich eine neue Sportart lernen

Eine Schwimmlehrerin und eine erwachsene Schülerin im Schwimmbad, die an der Technik arbeitet

Der Wunsch, eine neue Sportart als Erwachsener zu beginnen, ist weit verbreitet. Doch viele zögern, den ersten Schritt zu wagen, sei es aus Scham, mangelndem Selbstvertrauen oder der Sorge, nicht mehr mithalten zu können. Dabei zeigen die Erfahrungen zahlreicher Trainer, dass es nie zu spät ist, sich einer neuen sportlichen Herausforderung zu stellen. Fünf Expert*innen aus den Bereichen Schwimmen, Surfen, Boxen, Ballett und Parkour berichten, welche Hürden und Freuden der Neuanfang mit sich bringt und wie Erwachsene ihre sportlichen Ziele erreichen können. Es geht nicht nur um körperliche Fitness, sondern auch um mentale Stärke, Disziplin und das Entdecken ganz neuer Seiten an sich selbst.

Schwimmen: Mehr als nur Bahnen ziehen

Nicole Merkt, eine erfahrene Schwimmtrainerin, beobachtet oft, dass Erwachsene, die eine Sportart als Erwachsener anfangen, anfangs zu viel auf einmal wollen. “Die meisten wollen zu viel auf einmal. Wie im Job, so im Sport”, sagt sie. Dieses Phänomen des übermäßigen Ehrgeizes spiegelt sich im Wasser wider, wo viele die perfekte Kraultechnik sofort beherrschen möchten. Doch gerade am Anfang ist Geduld entscheidend. Ihre Kurse starten oft mit acht Personen, doch am Ende bleiben nur drei oder vier. Das Dranbleiben ist eine der größten Herausforderungen für erwachsene Schwimmschüler*innen.

Oftmals ist der Anstoß, mit dem Schwimmen zu beginnen, ein gesundheitliches. Die Erkenntnis, etwas für den Körper tun zu müssen, führt viele ins Becken. Dabei ist die Kritikfähigkeit ein weiterer Punkt, der bei Erwachsenen variiert. Merkt versucht, ihr Feedback zunächst allgemein zu halten und es erst individueller zu gestalten, wenn sie ihre Schüler*innen besser kennt. Ihr Rat ist klar: Regelmäßiges Training während des Kurses und danach mindestens zweimal pro Woche weiterzuschwimmen. Wer diese Kontinuität schafft, legt den Grundstein für nachhaltigen Erfolg in der neuen Sportart.

Eine Schwimmlehrerin und eine erwachsene Schülerin im Schwimmbad, die an der Technik arbeitetEine Schwimmlehrerin und eine erwachsene Schülerin im Schwimmbad, die an der Technik arbeitet

Surfen: Die Welle des späten Glücks

Dass immer mehr Menschen jenseits der 30 mit dem Surfen anfangen, ist für Surflehrerin Lucie Catelani Mcateer schon lange keine Überraschung mehr. Vor etwa 15 Jahren, als Surfschulen populärer wurden, begann dieser Trend. Früher wurde das Surfen eher durch “Abgucken und Ausprobieren” gelernt, was typischer für Kinder und Teenager ist. Heute bieten Surfschulen oft ein Gesamtpaket mit Yoga und Auszeiten vom Büroalltag an, was gerade Erwachsene anspricht, die einen Gegenpol zu ihrem Berufsleben suchen, um eine Sportart als Erwachsener anfangen zu können.

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Mcateer hat beeindruckende Erfolgsgeschichten erlebt, wie die einer Frau aus der Schweiz, die mit über 50 Jahren anfing und später mannshohe Wellen surfte, während junge Surfer sich zurückzogen. Erwachsene bringen oft einen größeren Respekt vor den Elementen mit – den Wellen, Strömungen, Felsen – und auch vor der Lehrperson. Dies mag das Lernen nicht unbedingt beschleunigen, erleichtert aber den Unterricht. Herausforderungen ergeben sich oft bei Männern, die mit zu viel Ehrgeiz starten und dann frustriert sind, wenn sie nicht sofort die größten Wellen erwischen. Sie kämpfen sich oft zu weit raus, wo der Trainer sie nicht mehr erreicht, und verpassen dabei die Erfolge der Kinder im flachen Weißwasser. Doch die meisten erkennen schnell, dass dieser Ansatz nicht zielführend ist.

Besonders amüsant findet Mcateer den Unterricht von Paaren, bei denen selten beide am selben Tag Erfolge feiern. Dies führt oft zu humorvollen “Besserwisser”-Momenten. Doch am Ende macht jeder Fortschritte. Der Anblick von Mitte-40-Jährigen, die nach ihren ersten erfolgreich gesurften Wellen vor Glück schreien und unkontrolliert herumspringen, ist für sie eine der größten Belohnungen. Es zeigt, dass das pure, kindliche Glück beim Sport unabhängig vom Alter ist. [Internal Link: Die Bedeutung von Geduld beim Sport lernen]

Eine Surflehrerin beobachtet eine erwachsene Surferin, die sich auf dem Brett versuchtEine Surflehrerin beobachtet eine erwachsene Surferin, die sich auf dem Brett versucht

Boxen: Körper und Geist im Fokus

Thomas Schuhmacher, Boxtrainer, sieht bei seinen erwachsenen Schüler*innen nicht nur körperliche, sondern auch tiefere, oft verletzliche Seiten. “Die schwachen Seiten meiner Schüler berühren mich”, gesteht er. Viele kommen mit einem Bierbauch oder Schwierigkeiten bei einfachen Vorwärtsbeugen, obwohl sie im Berufsleben erfolgreich sind. Nach nur einer Minute Seilspringen sind sie außer Atem, doch die Grundfertigkeiten des Boxens erlernen die meisten schnell. Die wahre Überraschung kommt, wenn sie die Komplexität des Sports erkennen.

Boxen ist weit mehr als nur Schlagen; es erfordert hohe Konzentration und Fokus. Schuhmacher beschreibt es als das Eintauchen in “eine ganz andere Welt”. Dieses vollständige Fokussieren, nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Körper, ist das, was seine Schüler als Glück empfinden. Er ermutigt sie, nicht nur mit ihm, sondern auch mit anderen zu trainieren und in den Ring zu steigen. Dabei merken sie, dass Austeilen das eine ist, Einstecken aber das andere – eine wichtige Lektion, die über den Sport hinausgeht.

Ein Boxtrainer zeigt einem erwachsenen Schüler die richtige Haltung und TechnikEin Boxtrainer zeigt einem erwachsenen Schüler die richtige Haltung und Technik

Ballett: Eine zweite Chance auf der Bühne des Lebens

Esther Sebestyen, Ballettlehrerin, wechselte nach vielen Jahren an der Wiener Staatsoper zum Erwachsenenunterricht und sah sich zunächst vor einer völlig neuen Herausforderung. Mittlerweile unterrichtet sie fast ausschließlich Erwachsene, deren Zahl in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Das Besondere am Training mit Erwachsenen ist für sie die Freiwilligkeit: “Alle kommen aus freien Stücken.” Ihre Schüler*innen tanzen nicht, um ein neues Tutu zu tragen oder um Oma zu gefallen, sondern aus innerem Antrieb.

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Viele ihrer erwachsenen Schülerinnen haben als Kind getanzt und wurden damals vielleicht als “zu dick” oder “untalentiert” abgestempelt. Ballett bietet ihnen eine zweite Chance. Andere sehen es als Workout, eine Perspektive, an die sich Sebestyen erst gewöhnen musste, da sie sich nicht als Fitnesstrainerin versteht. Hemmungen sitzen tief: Viele kommen zunächst in weiten Klamotten, bis sie sich irgendwann trauen, richtige Ballettkleidung zu tragen. Sebestyen empfindet es als wunderbar, zu sehen, wie die Schülerinnen Woche für Woche in ihren Körper zurückkehren und durch die Arbeit an Haltung und Rückenmuskulatur “aufgerichtet” werden. [Internal Link: Körperliche Vorteile von Ballett für Erwachsene]

Eine Schülerin bemerkte, dass sie seit dem Ballettunterricht ihrem Chef ganz anders gegenübertrete, eine andere fragte nach Lob. Sebestyen, die selbst einen druckreichen Unterricht ohne Lob gewohnt war, musste lernen, die Bedürfnisse ihrer erwachsenen Schülerinnen zu verstehen, die Wert auf gute Laune legen. Obwohl die Sprünge und Handhaltungen anfangs ungewohnt und manchmal “seltsam” aussehen mögen, entwickeln sich die Schülerinnen stetig weiter. Auch wenn nicht jeder Perfektion erreicht, steht der Spaß und das Wohlbefinden im Vordergrund. Für sie zählt, dass die Erwachsenen Sport machen und sich danach besser fühlen, selbst wenn sie nie zu professionellen Tänzer*innen werden.

Parkour: Das eigene Potenzial entdecken

Andreas Ruby, Parkour-Trainer, begann vor zweieinhalb Jahren auch Erwachsene zu trainieren, genervt davon, wie Eltern auf der Bank saßen, Ratschläge gaben, aber selbst inaktiv blieben. Parkour hat durch YouTube-Videos ein Image von waghalsigen Sprüngen und Tricks. Erwachsene denken oft, das sei nichts für sie, oder überschätzen sich. Fragen wie “Kann man mit 40 noch einen Rückwärtssalto lernen?” sind keine Seltenheit. Rubys Antwort: Ja, es hängt von Beweglichkeit und Übungsbereitschaft ab.

Viele erkennen erst in den ersten Stunden, dass Parkour viel mit Turnen zu tun hat. Manche sind geschockt, andere genießen die Rückkehr in die Kindheit. Ruby hat einen vierfachen Vater in seiner Gruppe, der mit Motivation und Kampfgeist beeindruckt und gelernt hat, sich nicht zu überschätzen. Er brachte sogar einen Arbeitskollegen mit, was zu kleinen Wettkämpfen führte. Diese Art von Schülern verbeißen sich in Aufgaben. Eine ehemalige Turnerin Mitte 40 kommt mit ihren Kindern und zeigt gelegentlich artistische Einlagen, die alle Kinder faszinieren.

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Für Parkour braucht man Kraft und Koordination, aber man kann auch ohne Vorkenntnisse anfangen. Rubys wichtigste Botschaft: “Es geht nicht darum, besser zu sein, sondern besser zu werden.” Auf den Standardsatz “Das kann ich nicht” reagiert er allergisch. Während Kinder mit Liegestützen bestraft werden, überlegt er, dies auch bei Erwachsenen einzuführen. Es ist die Haltung des stetigen Fortschritts, die zählt, wenn man eine Sportart als Erwachsener anfangen möchte.

Ein Parkour-Trainer beobachtet und leitet einen erwachsenen Schüler, der über ein Hindernis springtEin Parkour-Trainer beobachtet und leitet einen erwachsenen Schüler, der über ein Hindernis springt

Warum es sich lohnt, als Erwachsener eine neue Sportart zu beginnen

Die Geschichten der Trainer zeigen eindrucksvoll, dass das Alter beim Start einer neuen Sportart oft nur eine Zahl ist. Ob Schwimmen, Surfen, Boxen, Ballett oder Parkour – jede Disziplin bietet einzigartige Vorteile und Herausforderungen, die Erwachsene auf vielfältige Weise bereichern. Der Fokus verschiebt sich weg vom Leistungsdruck der Jugend hin zur persönlichen Entwicklung, zum Wohlbefinden und zur Freude an der Bewegung.

Wer eine Sportart als Erwachsener anfangen möchte, profitiert nicht nur von verbesserter körperlicher Fitness, sondern auch von gesteigertem Selbstbewusstsein, mentaler Stärke und einem besseren Körpergefühl. Die Überwindung von anfänglichen Hemmungen und die Bereitschaft, geduldig zu bleiben, sind entscheidend. Die Trainer betonen, dass es nicht um Perfektion geht, sondern um den Prozess des Lernens und des stetigen Besserwerdens. Es ist eine Einladung, die Komfortzone zu verlassen, neue Erfahrungen zu sammeln und das Leben durch Bewegung zu bereichern.

Fazit: Es ist nie zu spät für den sportlichen Neuanfang

Die Berichte der Trainer Nicole Merkt, Lucie Catelani Mcateer, Thomas Schuhmacher, Esther Sebestyen und Andreas Ruby verdeutlichen: Das Thema “Sportarten Als Erwachsener Anfangen” ist von großer Relevanz und voller positiver Überraschungen. Jeder dieser Experten zeigt auf seine Weise, dass mit der richtigen Einstellung, Geduld und der Akzeptanz kleiner Rückschläge erstaunliche Fortschritte erzielt werden können. Es geht darum, sich selbst eine Chance zu geben, die eigenen Grenzen zu erweitern und die pure Freude an der Bewegung wiederzuentdecken.

Lassen Sie sich von diesen inspirierenden Geschichten motivieren. Egal, welche Sportart Sie reizt, wagen Sie den Schritt. Sie werden nicht nur körperlich, sondern auch mental davon profitieren. Entdecken Sie Ihr Potenzial und erleben Sie die transformative Kraft des sportlichen Neuanfangs. Finden Sie noch heute den passenden Kurs oder die richtige Gemeinschaft, um Ihre Reise zu beginnen!

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