Ein Löffel Apfelessig am Morgen und schon schmelzen die Pfunde wie von selbst? Diese Vorstellung klingt verlockend, doch leider ist die Realität oft anders. Apfelessig wird immer wieder als Diät-Wundermittel beworben. Doch was bewirkt er tatsächlich im Körper, wenn man ihn regelmäßig einnimmt, und welche Risiken birgt der Konsum? Tauchen wir ein in die wissenschaftlichen Fakten rund um das Thema Apfelessig Trinken Zum Abnehmen. Während solche schnellen Lösungen verlockend klingen, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Fakten zu werfen – fernab von den kulinarischen Genüssen, die man beispielsweise bei den weihnachtsmarkt essen öffnungszeiten genießen kann.
Was ist Apfelessig und welche vermeintlichen Vorteile hat er?
Apfelessig wird, wie der Name bereits verrät, aus Äpfeln hergestellt. Der Prozess beginnt mit der Kelterung der Äpfel zu Apfelwein, wobei Hefen den enthaltenen Zucker in Alkohol umwandeln. Im nächsten Schritt kommen Essigsäurebakterien hinzu, die den Alkohol zu Essigsäure fermentieren. Während dieses Fermentationsprozesses geht ein Teil der ursprünglich in den Äpfeln enthaltenen Vitamine und sekundären Pflanzenstoffe verloren. Naturtrüber Essig behält jedoch tendenziell mehr dieser Mikronährstoffe als geklärter Essig. Sein Mineralstoffgehalt ist vergleichbar mit dem von Äpfeln.
Auf sozialen Medien wird Apfelessig oft als wahres Diät-Wundermittel gefeiert. Angeblich sollen ein bis zwei Teelöffel Apfelessig, verdünnt mit Wasser, genügen, um überschüssige Pfunde zum Schmelzen zu bringen. Darüber hinaus werden ihm weitere positive Effekte zugeschrieben, wie die Senkung des Risikos für Herzerkrankungen und eine unterstützende Wirkung bei Diabetes. Doch wie stichhaltig sind diese Behauptungen aus wissenschaftlicher Sicht?
Ist Apfelessig wirklich gesund? Eine wissenschaftliche Betrachtung
Die Annahme, dass der regelmäßige Konsum von Apfelessig gesundheitsfördernd sei, ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt. Bislang fehlen fundierte Daten, die diese weit verbreitete Aussage überzeugend stützen könnten.
Der Hauptbestandteil von Apfelessig ist Essigsäure, die übrigens in allen Essigsorten vorkommt. „Man muss sich die Frage stellen, warum gerade Apfelessig so gehyped wird und nicht zum Beispiel Traubenessig“, merkt Dr. med. Stefan Kabisch, ein anerkannter Ernährungsforscher der Charité in Berlin, kritisch an. „Die anderen Bestandteile aus Äpfeln, die dort noch enthalten sind, sind wirklich vernachlässigbar im Hinblick auf ihre Wirkung.“
Essigsäure wird nicht nur über die Nahrung aufgenommen, sondern auch auf natürliche Weise im Magen-Darm-Trakt des Menschen produziert. „Unsere Darmbakterien verdauen Ballaststoffe, die wir beispielsweise aus Gemüse oder Hülsenfrüchten aufnehmen. Dabei bilden sie kurzkettige Fettsäuren, zu denen auch die Essigsäure gehört“, erklärt Kabisch. Und das in beträchtlichen Mengen: „Wer täglich etwa 30 Gramm Ballaststoffe mit der Nahrung zu sich nimmt, bei dem werden durch Fermentation im Darm bis zu zehn Gramm Essigsäure gebildet.“ Im Vergleich dazu: Ein bis zwei Teelöffel Apfelessig mit einem Säuregehalt von fünf Prozent liefern lediglich etwa ein Viertel bis ein halbes Gramm Essigsäure. Dies zeigt, dass die körpereigene Produktion von Essigsäure deutlich höher ist als die Zufuhr durch die empfohlene Apfelessigmenge.
Apfelessig: Die Wirkung im Körper und die Studienlage
Einige Studien deuten darauf hin, dass Essigsäure kurzfristig den Blutzuckerspiegel senken und langfristig auch die Insulinresistenz verbessern könnte. Zudem wird von einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl berichtet. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Mehrheit dieser Studien entweder im Reagenzglas (in vitro) oder an Tieren durchgeführt wurde. Die dabei eingesetzten Mengen an Essigsäure waren teilweise extrem hoch und nicht auf den menschlichen Konsum übertragbar. Studien mit menschlichen Probanden litten oft unter einer sehr kleinen Teilnehmerzahl.
Ein Beispiel hierfür ist eine schwedische Studie, bei der lediglich zwölf gesunde, schlanke junge Probanden rekrutiert wurden. Diese Teilnehmer erhielten zum Frühstück Weißbrot, das in 18, 23 oder 28 Gramm Essig eingelegt worden war (was ungefähr einem bis eineinhalb Gramm reiner Essigsäure entspricht). Eine Kontrollgruppe bekam Brot ohne Essig. Anschließend sollten die Probanden ihr Sättigungsgefühl bewerten. Parallel dazu wurden Glukose- und Insulinwerte in ihrem Blut gemessen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden, die Essigbrote gefrühstückt hatten, kurz nach der Mahlzeit niedrigere Glukose- und Insulinwerte im Blut aufwiesen. Außerdem berichteten sie von einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl.
„Da die Unterschiede in den Glukose- und Insulinkurven bereits 20 bis 30 Minuten nach der Mahlzeit auftraten, zu einem Zeitpunkt, wo ein Großteil des Brotes noch gar nicht im Darm angekommen war, ist der Haupteffekt wohl auf eine verzögerte Magenentleerung zurückzuführen. Diese kann auch die beobachtete Sättigung erklären“, kommentiert Ernährungsforscher Kabisch. „Als Nebenwirkungen wären dann aber auch Völlegefühl und Übelkeit zu erwarten. Dies tritt auch bei allen Medikamenten auf, die nach diesem Mechanismus funktionieren. Leider macht die Studie hierzu keine Angaben.“ Die Studie lässt zudem die Frage unbeantwortet, ob ein in Essig eingelegtes Brot den Versuchsteilnehmern den Appetit verdorben haben könnte.
Infografik zur möglichen Wirkung von Apfelessig auf den Stoffwechsel und das Abnehmen
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der sogenannte Publication Bias (Publikationsverzerrung). „Es ist möglich, dass dieses Ergebnis Zufall ist und all die anderen Studien ähnlicher Machart, bei denen solch ein Effekt nicht gezeigt werden konnte, gar nicht veröffentlicht worden sind“, gibt Kabisch zu bedenken. Dieser Effekt kann die Wahrnehmung von Forschungsergebnissen erheblich verfälschen.
Kann man mit Apfelessig abnehmen? Die Studienlage zur Gewichtsreduktion
Es wurden einige Studien durchgeführt, die den Einfluss von Apfelessig auf die Gewichtsabnahme untersuchten. Die neueste, aus dem Jahr 2024 stammende Untersuchung, fand im Libanon statt. Übergewichtige oder fettleibige Jugendliche und junge Erwachsene erhielten dabei jeden Morgen auf nüchternen Magen ein Glas Wasser, dem fünf, zehn oder 15 Milliliter Apfelessig zugesetzt waren. Eine Kontrollgruppe bekam stattdessen ein Placebo-Getränk, das zwar sauer schmeckte, aber mit Milchsäure zubereitet wurde.
Nach einem Zeitraum von zwölf Wochen zeigte sich, dass die Probanden, die täglich Apfelessig getrunken hatten, durchschnittlich sechs bis acht Kilogramm abgenommen hatten. Die Kontrollgruppe hingegen verzeichnete kaum eine Gewichtsreduktion. Auch die Blutzucker- und Blutfettwerte waren in der Apfelessiggruppe gesunken, während sie in der Placebogruppe unverändert blieben.
Junges Paar bereitet gesunde, ballaststoffreiche Mahlzeit mit frischem Gemüse zu als Alternative zum Apfelessig-Abnehmtrend
Junges Paar bereitet gesunde, ballaststoffreiche Mahlzeit mit frischem Gemüse zu als Alternative zum Apfelessig-Abnehmtrend
Sind diese Ergebnisse ein endgültiger Beweis dafür, dass Apfelessig tatsächlich ein Abnehm-Wundermittel ist? Leider nein. Die Forschenden selbst weisen darauf hin, dass die Beobachtungszeit von zwölf Wochen viel zu kurz war, um langfristige Effekte zu beurteilen. Zudem lassen sich die Ergebnisse einer Studie mit 120 Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht ohne Weiteres auf die Allgemeinbevölkerung übertragen.
Zwei weitere Studien zeigten ähnliche, wenn auch weniger ausgeprägte Effekte. Auch diese Untersuchungen litten unter der geringen Teilnehmerzahl und der kurzen Beobachtungsdauer, was ihre Aussagekraft einschränkt.
Sollte man Apfelessig trinken? Eine abschließende Bewertung
Basierend auf den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen ist Apfelessig weder besonders gesundheitsfördernd für den Körper, noch trägt er auf wundersame Weise zur schnellen Gewichtsreduktion bei. „Es gibt wirklich keinen Grund, das zu empfehlen“, fasst Ernährungsforscher Kabisch die Situation zusammen.
Er plädiert stattdessen für eine andere Ernährungsintervention, die sich als wirklich vorteilhaft für den Stoffwechsel erwiesen hat: „Mit Ballaststoffen, die reichlich in Hülsenfrüchten, Blatt- oder Wurzelgemüse enthalten sind, füttert man die ‚guten‘ Bakterien im Darm. Und ganz nebenbei wird dabei auch noch die körpereigene Essigsäureproduktion im Darm auf natürliche Weise angekurbelt.“ Eine ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln bietet demnach weitaus nachhaltigere und belegtere Vorteile für die Gesundheit und das Wohlbefinden.
Risiken durch die Einnahme von Apfelessig
Wer Apfelessig in geringen, verdünnten Mengen zu sich nimmt, muss im Allgemeinen nicht mit schweren Nebenwirkungen rechnen. Allerdings ist die aggressive Säure ein potenzieller Angreifer für den Zahnschmelz, was langfristig zu Karies führen kann. Es wird daher dringend empfohlen, nach dem Konsum von Apfelessig den Mund zunächst gründlich mit Wasser auszuspülen und die Zähne nicht sofort zu putzen, um den angegriffenen Zahnschmelz nicht zusätzlich zu schädigen.
Apfelessig ist auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich. Berichte über Schäden an der Speiseröhre wurden vereinzelt bekannt, meist ausgelöst durch das unvollständige Herunterschlucken von Apfelessig-Tabletten. Ärzte aus Florida berichteten zudem von einer 84-jährigen Patientin, die eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung erlitt. Sie beschrieben einen möglichen Zusammenhang mit dem täglichen Verzehr von Apfelessig-Gummibärchen über einen Zeitraum von 30 Tagen. Dies bleibt jedoch ein Einzelfall, und es konnte nicht eindeutig bewiesen werden, dass die Gummibärchen die Ursache für die Bauchspeicheldrüsenentzündung waren.
Welchen Nutzen haben Apfelessig-Präparate?
Apfelessig-Präparate, die oft in Form von Tabletten oder Pulver angeboten werden, enthalten in der Regel Apfelessigextrakt. Manchmal werden auch Apfelpektin und Apfelfasern zugesetzt. Beide sind Ballaststoffe, die im Magen-Darm-Trakt aufquellen können. Dies kann, bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr, eine leicht sättigende Wirkung haben. Einige dieser Nahrungsergänzungsmittel sind zudem mit zusätzlichen Vitaminen angereichert.
„Da Apfelessig-Pulver im Mund mit Speichel in Kontakt kommt, hat es den gleichen schädigenden Effekt auf den Zahnschmelz wie flüssiger Apfelessig“, erläutert Ernährungsforscher Kabisch. Anders verhält es sich bei Tabletten, die unzerkaut geschluckt werden. „Wenn diese verkapselte Essigsäure erst im Magen freigesetzt wird, sollte das kein Problem darstellen. Der Magen ist an eine sehr saure Umgebung gewöhnt und kann dies problemlos verkraften.“
Fazit: Apfelessig als Diät-Wundermittel bleibt ein Mythos
Die Faszination für Apfelessig als schnelles Mittel zum Abnehmen ist groß, doch die wissenschaftlichen Beweise sind dünn und oft widersprüchlich. Trotz einzelner vielversprechender Studienergebnisse, die meist an kleinen Probandengruppen oder unter Laborbedingungen gewonnen wurden, gibt es keine belastbaren Belege für eine signifikante Gewichtsabnahme oder umfassende Gesundheitsvorteile durch den regelmäßigen Konsum von Apfelessig. Experten raten davon ab, Apfelessig als Wundermittel zu betrachten.
Stattdessen liegt der Schlüssel zu einem gesunden Stoffwechsel und nachhaltiger Gewichtsregulierung in einer ballaststoffreichen Ernährung mit viel Obst und Gemüse. Diese fördert nicht nur die Darmgesundheit und die natürliche Essigsäureproduktion im Körper, sondern bietet auch eine Fülle weiterer essenzieller Nährstoffe. Seien Sie kritisch gegenüber schnellen Lösungen und setzen Sie auf bewährte Strategien für Ihr Wohlbefinden. Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen oder Fragen zu diesem Thema mit!